Es ist ein altbekanntes Spiel: wenn es darum geht Profite einzustreichen, handeln Unternehmen und Gesetzgeber gleichermaßen schnell. Wenn es aber darum geht, gesellschaftlichen Fortschritt voranzutreiben, spielen beide Seiten den sterbenden Schwan. Das Ergebnis: nur langsam und mühselig werden Verbesserungen durchgeboxt. Zudem werden diese, anders als finanzielle Erfolge, in den Medien unter den Tisch gekehrt. Soziale Verantwortung wird nach wie vor kleingeschrieben, auch wenn die Landschaft in diesem Bereich schon deutlich besser aussieht als vor 20 Jahren. In diesem Beitrag sehen wir uns drei aktuelle Entwicklungen im Bereich der sozialen Verantwortung von Unternehmen an. Im internationalen Sprachgebrauch fällt in diesem Zusammenhang auch immer wieder das Kürzel ESG. Es steht für Environment, Social und Governance und soll die Felder Umwelt, Soziales und Unternehmensführung im Licht der sozialen Verantwortung beschreiben.
Beginnend bei dem „E“ schauen wir uns mal das Unternehmen Glencore (LON:GLEN) plc an. Das britisch-schweizerische Unternehmen, mit dem Hauptsitz um schweizerischen Baar, antizipiert einen baldigen Abschluss der Untersuchungen in Korruptions- und Schmiergeldverfahren. Zwar würden solche Verfahren eigentlich unter das „G“, wie Governance, fallen, jedoch ist Glencore ein Rohstoffhändler und Minenunternehmen, was bedeutet, dass die mit dem Unternehmen verknüpften Skandale allesamt direkte negative Auswirkungen auf die Umwelt hatten. Unter anderem soll das Unternehmen Behörden und Politiker in Nigeria, Venezuela und dem Kongo geschmiert haben, um an lukrative Verträge zu gelangen. Vor einigen Monaten gab ein ehemaliger Ölhändler von Glencore zu, dass ebendas in Nigeria passiert ist. Oftmals handelt es sich dann um Naturschutzgebiete, die erschlossen werden sollen, was besonders im Minengeschäft der Fall ist. Um der Welle an Entschädigungsgeldern entgegenzutreten, hat Glencore $1.5 Milliarden zur Seite gelegt. Auch wenn das dem CEO des Konzerns nicht geschmeckt hat, wie er sagt, so sieht er ein, dass es hier historische Missstände gibt, die wieder gut gemacht werden müssen.
Machen wir weiter mit dem „S“, wie Soziales. Hierunter fallen für gewöhnlich Themen, wie Kinderarbeit, Verletzung der Rechte von Ureinwohnern, Unterbezahlung, schlechte Arbeitsbedingungen oder auch Verhandlungskriege mit Gewerkschaften. Ein weiteres Thema, was immer mehr an Prominenz gewinnt ist, Datenschutz. Damit schlägt sich die Internetplattform schon seit Längerem herum. In einer neuen Entwicklung hat die Regierung der nordamerikanischen Provinz Texas den Mutterkonzern von Facebook, Meta Platforms (NASDAQ:FB), wegen der unrechtmäßigen Sammlung biometrischer Daten angeklagt. Über Facebook soll Meta Millionen von Augen- und Gesichtsscans gesammelt haben, um diese für kommerzielle Zwecke zu benutzen – natürlich ohne Einverständnis der Nutzer. Auch Sprachdaten und geometrische Abbilder von Gesichtern sollen gesammelt worden sein. Facebook bestreitet dies und sagt, dass man ein solches Programm bereits seit November beenden wolle. Man habe zudem in einem ähnlichen Verfahren schon an die Provinz Illinois $650 Millionen an Entschädigung gezahlt. Der texanischen Provinzregierung ist dies ziemlich egal. Diese verlangt Strafen von bis zu $25 Tausend pro Fall.
Bei „G“, wie Governance, angelangt fällt einem natürlich immer der Wirecard-Skandal ein. Oder darf es vielleicht etwas Enron sein? Wie dem auch sei, im Bereich Governance, auch wenn es deutlich mehr kritische Aspekte gibt, ist die Richtigkeit von Unternehmenszahlen der Kernaspekt schlechthin. Nicht umsonst sind Wirtschaftsprüfer so mächtig. Deloitte, EY, PwC und KPMG kennen sicherlich alle. Eine weniger bekannte, aber dennoch sehr große Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist Mazars. Diese hat jahrelang die Finanzen der Trump Organisation geprüft, welche dem Geschäftsmann Donald Trump gehört. Ein Unternehmensberater schrieb letzte Woche einen Brief an den Unternehmensanwalt, in dem er mitteilt, dass er nicht mehr hinter den Finanzzahlen der Organisation stünde. Dabei bezieht er sich auf einen Zeitraum vom 30. Juni 2011 bis zum 30. Juni 2020. Es würden dabei substanzielle Diskrepanzen bestehen und somit können man diesen Zahlen nicht trauen. Dieser Brief kommt im Zuge einer zivilrechtlichen Anklage gegen Donald Trump und zwei seiner Kinder. Ob nun die Zahlen tatsächlich untragbar sind oder nicht, oder ob sich der Berater nur im Vorfeld reinwaschen möchte, sei dahingestellt. Wichtig ist aber, dass man, egal von welcher Unternehmensgröße wir sprechen, den Aspekt der guten Governance nie vergessen darf.
Wir sehen also, dass es im Bereich der guten Unternehmensführung zu drei Klagen gegen sehr große Wirtschaftsakteure gekommen ist. Das regulative Umfeld scheint hier zwar weiterhin ein Auge drauf zu werfen, aber ob am Ende wirksame Maßnahmen getroffen werden, bleibt zu bezweifeln. Auch medial sind diese Entwicklungen erst einmal hinten angestellt. ESG wird auch in Zukunft ein wichtiges Thema sein, und der Nutzen kann wohl kaum übersehen werden.
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