Der Konflikt zwischen den USA und der EU könnte weiter eskalieren, da Spitzenvertreter der europäischen Wirtschaft mit den Ergebnissen des EU-USA-Gipfels in Washington unzufrieden sind. Bei dem Gipfeltreffen am Freitagabend wurde keine Beilegung schwerwiegender Handelskonflikte verkündet, wie es erhofft worden war. US-Präsident Joe Biden, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel haben sich lediglich darauf geeinigt, die Verhandlungen fortzusetzen.
In Bezug auf das geplante Abkommen über Handelserleichterungen für Mineralien zur Herstellung von Fahrzeugbatterien heißt es in der Abschlusserklärung vage, dass Fortschritte erzielt wurden und man sich darauf freut, in den kommenden Wochen voranzukommen. Ebenso vage ist die Formulierung in Bezug auf den Streit über US-Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. In den nächsten zwei Monaten sollen hier "weitere Fortschritte" erzielt werden.
Spitzenvertreter der europäischen Wirtschaft zeigten sich enttäuscht, dass keine dauerhaften Lösungen für Handelsprobleme im Zusammenhang mit wichtigen Mineralien, Stahl und Aluminium gefunden wurden. Der Präsident des Wirtschaftsverbands BusinessEurope, Fredrik Persson, erklärte, dass dies enttäuschend sei, während der Präsident der deutschen Wirtschaftsvereinigung Stahl, Bernhard Osburg, bedauerte, dass eine große Chance verpasst wurde.
Der deutsche Autoindustrieverband VDA bezeichnete die Ergebnisse des Gipfels als ein falsches Signal in unsicheren Zeiten und forderte eine schnelle Rückkehr an den Verhandlungstisch.
Besonders für Unternehmen in der EU ist eine Einigung von Bedeutung. Das geplante Abkommen über Handelserleichterungen für Mineralien soll sicherstellen, dass EU-Unternehmen nicht aufgrund eines neuen US-Subventionsprogramms aus Autozulieferketten ausgeschlossen werden. Dies könnte geschehen, da die neuen Steuervergünstigungen in den USA vorsehen, dass die Subventionen nur unter bestimmten Bedingungen in vollem Umfang in Anspruch genommen werden können. Eine dieser Bedingungen ist, dass die Batterien der Fahrzeuge mit Mineralien aus Nordamerika hergestellt wurden oder aus einem Land stammen, mit dem die USA ein Freihandelsabkommen oder ein Abkommen über wichtige Mineralien abgeschlossen haben.
Der andere Streit betrifft die 2018 von Donald Trump eingeführten Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte. Ihre Wirkung wurde 2021 durch einen vorläufigen Deal zwischen Brüssel und Washington stark eingeschränkt. Dieser Deal sieht vor, dass bis 2024 eine langfristige Lösung gefunden werden soll. Wenn dies nicht gelingt, könnten 2024 erneut Sonderzölle auf alle europäischen Stahl- und Aluminiumexporte in die USA fällig werden. Die EU könnte dann wiederum Sonderzölle auf US-Produkte wie Bourbon-Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder und Jeans einführen, die als Vergeltungsmaßnahme für die von Trump eingeführten Zölle erlassen wurden.
Das Scheitern der Verhandlungen auf dem Gipfel am Freitag wurde in Brüssel auf das unzureichende Entgegenkommen der USA zurückgeführt. Im Streit über die Sonderzölle schienen die USA nur Lösungen zu akzeptieren, die nicht im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO stehen. In den Verhandlungen über das Abkommen über wichtige Mineralien bestand Washington unter anderem darauf, dass zunächst nur eine begrenzte Anzahl von Rohstoffen einbezogen wird.