Die Investoren werden angesichts anziehender Inflationsraten langsam nervös - und wer kann es ihnen verdenken. Die Preiskomponente der ISM-Indizes zeigt einen deutlichen Kostenanstieg auf den höchsten Stand seit Jahren. Zusätzlich sind die Preise für Rohstoffe wie Erdöl und Kupfer ausgehend von ihren Tiefstständen im Frühjahr 2020 nach oben explodiert. Entsprechend sind die Anleiherenditen in die Höhe geschnellt und haben den Aktienmarkt ins Wanken gebracht.
Ob die Inflationsentwicklung langfristig nach oben zeigt, ist sehr fraglich. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass ein Anstieg vieler dieser wichtigen Inflationsindizes nur vorübergehend sein wird. Die Ölpreise waren im letzten Frühjahr so niedrig, dass die Halter des Rohstoffs buchstäblich jemanden dafür bezahlen mussten, dass er ihnen das Rohöl abnimmt, denn der Preis lag bei etwa minus 40 Dollar pro Barrel.
Nicht so schlimm wie es den Anschein hat
Diese niedrigen Preise waren nicht nur beim Ölpreis zu beobachten; Industriemetalle wie Kupfer wurden für rund zwei Dollar gehandelt, und jetzt steht das Metall bei fast vier Dollar. Es gibt zahlreiche Gründe, warum die Preise so stark gefallen und jetzt wieder massiv angestiegen sind; von Versorgungsengpässen bis hin zu einer Beschleunigung der globalen Nachfrage ist alles dabei. Im Jahresvergleich sieht es aber so aus, als ob die Preise dramatisch gestiegen wären, was sie in der Realität nicht sind. Das bedeutet, dass sich der Anleihenmarkt grundlos Sorgen machen könnte.
Sobald die Vergleichspreise aus dem Frühjahr 2020 aus der Berechnung herausfallen, sollte sich die Inflationsrate normalisieren und zu einem Niveau zurückkehren, das vor der Pandemie erreicht wurde. Die Ölpreise beispielsweise liegen genau auf dem Niveau, auf dem sie sich Anfang Januar 2020 befanden. Erdgas bewegt sich derweil um das gleiche Preisniveau, das während des größten Teils der Jahre 2017 und 2018 zu beobachten war. Die Benzin-Preise sind auf ihr Niveau vom Sommer 2019 zurückgekehrt.
Korrelationen
Die Zahlen des Verbraucherpreis- (VPI) und des Erzeugerpreisindex (EPI) dürften in den kommenden Monaten kräftig zulegen. Das liegt daran, dass viele Rohstoffe, wie zum Beispiel Erdöl, eine positive Korrelation mit dem Index aufweisen. Es ist also durchaus möglich, dass die EPI- und VPI-Werte in den nächsten Monaten im Jahres- oder Monatsvergleich drastisch nach oben gehen werden. Diese extremen Ausschläge sollten sich jedoch im Sommer 2021 normalisieren und mit der Zeit zurückgehen. Viele Rohstoffe haben sich seit Sommer 2020 stabilisiert und ihre Preissteigerungen haben sich verlangsamt.
Haben wir so was etwas ähnliches schon mal gesehen?
Etwas Ähnliches spielte sich schon nach der Rezession 2008 ab, als die Preise zunächst massiv einbrachen. Als sich dann die Wirtschaft erholte, zogen die Preise für Rohstoffe an. Dieser Umstand ließ den Verbraucherpreisindex schnell und kräftig in die Höhe schnellen, bis er im September 2011 mit 3,9% gegenüber dem Vorjahr seinen Höhepunkt erreichte. Seitdem befindet sich der VPI in einem Abwärtstrend und hat bis heute noch nicht wieder die 3 Prozent-Marke erreicht, geschweige denn 3,9%.
Vielleicht ist diesmal alles anders. In der Rezession 2008 drehte der VPI von Mai 2009 bis Oktober 2009 ins Negative. Es ist unmöglich, das mit Sicherheit zu wissen, aber der entscheidende Punkt könnte sein, die Entwicklung der Rohstoffpreise zu verfolgen. Sobald sich diese Preise abschwächen, bedeutet dies voraussichtlich, dass sich auch die Inflationsraten abflachen werden. Viele werden auf einen Anstieg der Geldmenge M2 als sicheres Indiz für eine kommende Inflation hinweisen. Aber Gelddrucken allein erzeugt noch keine Inflation; es muss auch eine Steigerung der Nachfrage geben.
Der Anleihemarkt ist also womöglich ohne Grund beunruhigt. Und wer weiß, eventuell ergibt sich daraus sogar eine unglaubliche Kaufgelegenheit bei Aktien.