Während Washington die scheinbar bodenlose Ausgabenpolitik fortsetzt - unter der Annahme, dass "höhere Ausgaben" besser sind - sollte man sich über die Bedeutung von Schulden und Defizite Gedanken machen. Wenn wir die Auswirkungen von Schulden und Defiziten auf das Wirtschaftswachstum besser verstehen wollen, müssen wir wissen, wo wir stehen, und warum das so ist. Die Grafik zeigt die 10-jährige annualisierte Wachstumsrate der Wirtschaft im Zeitverlauf.
Was sofort auffällt, ist die Tatsache, dass die durchschnittliche Wachstumsrate in den zehn Jahren zwischen 1900 und 1990 - mit Ausnahme der Zeit der Großen Depression - bei etwa 8 % lag. Seither ist jedoch ein deutlicher Rückgang des Wirtschaftswachstums zu beobachten.
Warum ist das so? Über diese Frage ist in den letzten Jahren natürlich heftig diskutiert worden, zumal die Schulden und das Defizit in den USA in die Höhe geschossen sind.
Ursache? Korrelation?
Wie ich in diesem Artikel erläutern werde, lässt sich der Anstieg der Verschuldung als Ursache für die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums erklären. Wir müssen unsere Diskussion jedoch mit der keynesianischen Theorie beginnen, die in den letzten 30 Jahren die Hauptantriebskraft der Fiskal- und Geldpolitik war.
"Keynes vertrat die Auffassung, dass "ein allgemeines Überangebot dann eintritt, wenn die Gesamtnachfrage nach Gütern nicht ausreicht, was zu einem wirtschaftlichen Abschwung führt, der Verluste an potenzieller Produktion aufgrund unnötig hoher Arbeitslosigkeit zur Folge hat, die auf defensive (oder reaktive ) Entscheidungen der Produzenten zurückzuführen ist."
Die keynesianische Wirtschaftstheorie geht davon aus, dass in einer solchen Situation staatliche Maßnahmen zur Steigerung der Gesamtnachfrage eingesetzt werden können, um die Wirtschaftstätigkeit anzukurbeln und Arbeitslosigkeit und Deflation zu verringern. Die Investitionen des Staates bewirken mehr Einkommen, das wiederum führt zu mehr Ausgaben in der Gesamtwirtschaft, die wiederum für mehr Produktion und Investitionen sorgen, die wiederum mehr Einkommen und Ausgaben mit sich bringen. Die anfängliche Stimulierung stößt eine Kaskade von Ereignissen an, der daraus resultierende Gesamtanstieg der Wirtschaftstätigkeit beträgt ein Vielfaches der ursprünglichen Investition."
Keynes Theorie war richtig. Damit sich schuldenfinanzierte Ausgaben wirklich lohnen, muss die "Amortisation" der Investitionen eine höhere Rendite erbringen als die zu ihrer Finanzierung verwendeten Schulden.
Das Problem hat zwei Aspekte.
Erstens sollten schuldenfinanzierte öffentliche Ausgaben zur Belebung der Konjunktur nur in einer Rezessionsphase eingesetzt und in der anschließenden Wachstumsphase in einen Überschuss umgewandelt werden. Ab Anfang der 80er Jahre interessierten sich die Entscheider jedoch nur noch für den Teil mit den schuldenfinanzierten Ausgaben. Schließlich gilt : "Wenn ein kleines Defizit gut ist, kann ein großes doch nur besser sein" , oder?
Zweitens haben sich die schuldenfinanzierte Ausgaben von produktiven Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen (Infrastruktur und Entwicklung), in erster Linie auf Sozialleistungen und Schuldendienst verlagert. Geld, das so verwendet wird, hat eine negative Rendite.
Nach Angaben des Researchunternehmens Center On Budget & Policy Priorities fließen rund 88 % jedes über Steuern eingenommenen Dollars in unproduktive Ausgaben.
Hier aber der eigentliche Knackpunkt: Im Jahr 2022 gab die US-Regierung 6 Bio. USD aus, was fast 20 % des gesamten nominalen BIP der Vereinigten Staaten entspricht (19,74 % um genau zu sein). Von diesen Gesamtausgaben wurden NUR 5 Bio. USD durch staatliche Einnahmen finanziert, 1 Bio. USD wurde mit Schulden finanziert .
Mit anderen Worten: Wenn 88 % aller Ausgaben auf Sozialleistungen und Schuldzinsen entfallen, werden für diese Zahlungen 5,3 Bio. USD der 5 Bio. USD (oder 105 %) der Einnahmen benötigt.
Sie sehen das Problem? (An den Finanzmärkten wird es als "Schneeballsystem" bezeichnet, wenn man sich von anderen etwas leiht, um Verbindlichkeiten nachzukommen, die man sich nicht leisten kann).
Die Schulden sind die Ursache, nicht die Lösung
Das ist eines der Probleme der MMT (Modern Monetary Theory), die davon ausgeht, dass "Schulden und Defizite unproblematisch sind", solange es keine Inflation gibt. Diese Prämisse ist jedoch nicht haltbar, wenn man sich die Entwicklung der Schulden und des Wirtschaftswachstums ansieht.
Ich bestreite nicht, dass "Schulden, insbesondere Defizitausgaben, auch produktiv sein können". Das habe ich schon einmal festgestellt:
"Das Wort "Defizit" bedeutet an sich nicht viel. Dr. Brock führt das folgende Beispiel von zwei verschiedenen Ländern an.
Land A gibt 4 Bio. USD aus und nimmt 3 Bio. USD ein. Damit hat Land A ein Defizit von 1 Bio. USD. Um die Differenz zwischen den Ausgaben und den Einnahmen auszugleichen, muss das Finanzministerium neue Schulden in Höhe von 1 Bio. USD aufnehmen. Diese neuen Schulden werden zur Deckung der Mehrausgaben verwendet, erzeugen aber keine Einnahmen. So entsteht eine zukünftige Lücke, die gefüllt werden muss.
Land B gibt 4 Bio. USD aus und nimmt 3 Bio. USD ein. Die Lücke von 1 Bio. USD, die durch Schulden finanziert wurde, wurde jedoch in Projekte, Infrastruktur, investiert, die eine positive Rendite erbrachten. Es gibt kein Defizit, da die Rendite der Investition das "Defizit" über die Zeit ausgleicht.
Die Notwendigkeit von Staatsausgaben ist unumstritten. Womit wir nicht einverstanden sind, ist der Missbrauch und die Verschwendung."
Die Vereinigten Staaten sind Land A
Die höhere Staatsverschuldung wurde lange Zeit für die Aufstockung von Sozialprogrammen und letztlich für einen höheren Schuldendienst vergeudet, was zwangsläufig zu einer negativen Kapitalrendite führt. Je höher die Schulden sind, desto zerstörerischer ist das für die Wirtschaft, da immer mehr Dollar von produktiven Vermögenswerten in den Schuldendienst umgeleitet werden.
Die Bedeutung der Verschuldung für das Wirtschaftswachstum ist offensichtlich, wie man weiter unten sieht. Seit 1980 ist die Gesamtverschuldung so stark angestiegen, dass sie mittlerweile das gesamte Wirtschaftswachstum übersteigt. Da die Wachstumsraten derzeit auf dem niedrigsten Stand aller Zeiten sind, werden durch die Veränderung der Verschuldung immer mehr Steuergelder von produktiven Investitionen in den Schuldendienst und Sozialausgaben umgeleitet.
Es ist doch ironisch, dass ein schuldengetriebenes Wirtschaftswachstum eine immer höhere Verschuldung erfordert, um die schrumpfende Rendite des zukünftigen Wachstums zu finanzieren. Heute sind 3,02 USD Schulden erforderlich, um 1 USD reales Wirtschaftswachstum zu schaffen.
Aber nicht nur die Staatsverschuldung ist das Problem. Die gesamte Verschuldung ist problematisch.
Die privaten Haushalte sind bekanntlich durch ihre Konsumausgaben für etwa zwei Drittel des Wirtschaftswachstums verantwortlich. Schulden wurden ursprünglich eingesetzt, um einen Lebensstandard aufrechtzuerhalten, der weit über das hinausging, was aufgrund von Einkommens- und Lohnwachstum jemals möglich war. Ein solches Spiel geht so lange gut, wie man die Verschuldung vernünftig einsetzen konnte. Doch irgendwann erreicht sie ein Niveau, das den wirtschaftlich produktiven Konsum aushöhlt.
In den 30 Jahren von 1952 bis 1982 brachte das schuldenfreie Wirtschaftswachstum einen Überschuss. Seit Anfang der 80er Jahre hat jedoch der Anstieg der Gesamtverschuldung an den Kreditmärkten das Wirtschaftswachstum deutlich überholt. Derzeit beläuft sich das kumulierte Wirtschaftsdefizit der Vereinigten Staaten auf mehr als 74 Bio. USD.
Wenn man diese Zahl in die richtige Perspektive rückt, beginnt man auch langsam das größere Problem zu verstehen, das das Wirtschaftswachstum plagt.
Das "End Game" der Verschuldung
Es überrascht niemanden, dass es der keynesianischen Politik nicht gelungen ist, ein flächendeckendes Wirtschaftswachstum zu stimulieren. Die fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen von TARP über QE bis hin zu Steuersenkungen haben den unvermeidlichen Aufräumprozess nur verzögert. Leider hat die Verzögerung nur ein noch größeres Problem für die Zukunft geschaffen. Zerohedge kommentiert das so:
"Das IIF sagt nichts wirklich Neues. Dass niedrigere Kreditkosten dank der lockeren Geldpolitik der Zentralbanken die Länder dazu ermutigt haben, neue Schulden aufzunehmen, überrascht wohl niemanden. Es ist ironisch, dass dadurch steigende Zinsen noch unmöglicher werden, da die Welt kaum 100 % Schulden im Verhältnis zum BIP tragen kann, geschweige denn das Dreifache."
Letztlich wird der Aufräumprozess sehr umfangreich sein. Eine Rückkehr zu einem strukturell überschaubaren Schuldenstand setzt einen Abbau von fast 50 Bio. USD gegenüber dem derzeitigen Stand voraus.
Das ist der "Great Reset", den viele als "End Game" prognostiziert haben.
Die wirtschaftliche Belastung durch einen solchen Schuldenabbau wäre untragbar. Das letzte Mal, als eine solche Umkehr stattfand, leitete dann die "Große Depression“ ein.
Das ist einer der Hauptgründe dafür, warum die Wirtschaft auch in Zukunft nur auf Sparflamme laufen wird. Und es ist Wegbereiter für folgende wirtschaftliche Entwicklungen:
- Häufigere Rezessionsschübe,
- niedrigere Aktienmarktrenditen und
- ein stagflationäres Umfeld, weil das Lohnwachstum stagniert, während die Lebenshaltungskosten steigen.
Strukturelle Veränderungen der Beschäftigung, demografische Entwicklungen und deflationärer Druck aufgrund von Produktivitätsveränderungen werden diese Probleme noch verstärken.
Korrelation oder Kausalität? Sie können natürlich glauben, was Sie wollen. Auf jeden Fall sind 32 Mio. USD wahrscheinlich schwerwiegender, als die meisten denken.