Nach der 1.300-Punkte-Rally des Deutschen Aktienindex von seinem Jahrestief wird die Luft nun langsam, aber sicher dünner. Zum Ersten ist der Markt in einer starken Widerstandszone angekommen. Zum Zweiten dürfte die Europäische Zentralbank mit der heute erwarteten Leitzinserhöhung um 75 Basispunkte den Anlegern wieder in Erinnerung rufen, was sie in den vergangenen drei Wochen etwas verdrängt haben: Wir befinden uns immer noch in einem Zinserhöhungszyklus, der mit einer zeitlichen Verzögerung in der Wirtschaft und auch am Aktienmarkt seine Spuren hinterlassen wird.
Wir stellen den Marktkommentar von Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei Robomarkets, vor.
Zum Dritten hat in den USA zwar der Gegenwind durch die steigenden Zinsen etwas nachgelassen, auch weil es Signale dafür gibt, dass die US-Notenbank Fed in der Tat nach ihrer nächsten Erhöhung der Leitzinsen in der kommenden Woche um 75 Basispunkte etwas den Fuß vom geldpolitischen Bremspedal nehmen könnte. Andererseits aber hinterlässt ihr Kurs der vergangenen Monate in Kombination mit einer hohen Inflation seine Spuren in den Bilanzen der Unternehmen. Nun ist die Facebook-Mutter Meta (NASDAQ:META) sicherlich nicht das typische Opfer steigender Preise und sinkender Verbraucherausgaben. Aber die Investitionen in die neue Metaverse-Welt können nur dann finanziert werden, wenn das Kerngeschäft läuft. Und das tut es eben nicht mehr. Der Gewinn von Meta ist im abgelaufenen Quartal um die Hälfte eingebrochen, der Aktienkurs fällt nachbörslich um fast 20 Prozent auf das tiefste Niveau seit Juli 2016.
Am Aktienmarkt könnten wir jetzt den Großteil der Erholungsrally gesehen haben, der allein darauf basierte, dass die Stimmung negative Extremwerte erreicht hatte. Der von CNN ermittelte Stimmungsindikator, der Fear and Greed Index, eine Kombination verschiedener Kennzahlen auf Basis von Emotionen wie Gier und Angst, ist wieder zurück im neutralen Bereich über 50 Punkten, nachdem er noch vor ein paar Tagen auf eben jenen tiefen Niveaus zwischen 10 und 20 Punkten gelegen hatte. Nach der Sentiment-getriebenen Rally müssen nun also fundamentale Daten die Aufwärtsbewegung weitertragen. Diese sind unternehmensseitig und geldpolitisch in diesen Tagen aber eher noch Mangelware.