Das Mentekel der Ölmärkte war seit einigen Wochen auszumachen und ist jetzt auch auf den Terminals der Händler zu lesen: US-Rohöl testet 50 USD das Fass.
Unabhängig davon, was davon richtig ist, in den Augen der Ölhändlern ist Saudi-Arabien von US-Präsident Donald Trump in die Ecke getrieben und muss die von diesem gewünschte hohe Ölförderung und tiefen Preise sichern, um seine Hilfe zu erhalten, damit es nicht mit Sanktionen wegen der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggis belegt wird.
In diesem Sinne könnte der Markt schon entschieden haben, dass das Treffen am 6. Dezember der von den Saudis angeführten Organisation Erdölexportierender Länder (Organization of the Petroleum Exporting Countries, OPEC) ein Nicht-Ereignis werden dürfte.
Öls Unterstützung bei 50 USD bekommt Risse
Der Preis von Rohöl der Sorte US West Texas Intermediate (WTI) kam am Freitag auf Cents an die 50 Dollarmarke heran und erreichte ein 13-Monatstief von 50,16 USD. WTI hat etwa 35% gegenüber dem Vierjahreshoch von 77 USD verloren, auf das es im Oktober gestiegen war und schickt sich an den November mit einem Minus von 23% abzuschließen, was der größte Monatsverlust für den Rohstoff seit Oktober 2008 sein würde.
Unterdessen brach das britische Brent, der Benchmark für den globalen Ölmarkt, zum ersten Mal seit Juni 2017 unter seine Unterstützung bei 60 USD. Brent liegt mittlerweile 32% unter seinem Vierjahreshoch von fast 87 USD, das es im Oktober erreicht hatte.
Beide Benchmarks gewannen im frühen Handel am Montag rund 1% hinzu. Allerdings sind die Händler eher pessimistisch, dass sie diese Zugewinne halten können.
Trumps beugt via Twitter Produktionssenkungen vor
Typischerweise würde die OPEC in einem überversorgten Markt ihre Produktion senken. Und bis vor ein paar Wochen schienen die Saudis entschlossen zu sein, die globale Produktion um etwa 1,4 Mio Fass am Tag (barrels per day, bpd) zu vermindern, mit Hilfe der OPEC+, d.h. Russland. Aber Moskau war nicht allzu glücklich, seine Produktion derart stark zu beschneiden.
Dann begann Trump auf Twitter zu fordern, dass es überhaupt keine Einschnitte geben sollte. Der Präsident hat seitdem den Saudis, noch vor dem OPEC-Gipfel, öffentlich für die niedrigen Ölpreise gedankt, was Riad davon abhält das Gegenteil zu tun, insbesondere als die Khashoggi-Affäre wieder die Runde macht.
Saudi-Arabien hat zugegeben, dass die Ermordung Khashoggis in seiner türkischen Botschaft geplant worden war. Aber es verneint die Verwicklung von Kronprinz Mohammed bin Salman, dem Thronerben, gegen den sich die Kritik des Journalisten richtete.
Verschiedene Senatoren aus Trumps eigener republikanischer Partei widersprachen ihm am Sonntag im mit Blick auf seine Verteidigung des Königreichs in der Khashoggi-Affäre und einige meinten, dass der Kongress weitere Maßnahmen ergreifen muss.
Saudi-Arabia unter Druck durch feindselige Politik
Zwei Senatoren, ein Republikaner und ein Demokrat, haben den Global Magnitsky Act ins Feld geführt, der Sanktionen wegen Verstößen gegen die Menschenrechte ermöglicht, um Trump zu zwingen formal klarzustellen, ob er glaubt, dass Mohammed bin Salman für Khashoggis Tod verantwortlich war.
Ein über Parteigrenzen hinweg laufende Aktion ruft auch zu weiteren Sanktionen gegen Saudi-Arabien und andere auf, die verdächtigt werden, im Jemen Unruhe zu schüren. Auch soll der Verkauf und die Lieferungen von Waffen an das Königreich gestoppt werden, bis es den Umfang seiner Militärkampagne im Jemen begrenzt hat.
Und politischer Gegenwind ist nicht das einzige Problem für die Saudis.
Explodierende Ölförderung ist nicht hilfreich
Die US-Ölförderung befindet sich auf einem Rekordniveau und hat 11,7 Mio bpd erreicht, womit die Vereinigten Staaten zum größten Ölproduzenten aufgestiegen sind. Die Ölvorräte im Land sind in den letzten neun Wochen um über 50 Mio Fass angeschwollen und sollen in dieser Woche das zehnte Mal steigen. Und dann sind fast 19% mehr Bohrplattformen als im letzten Jahr in Betrieb, mit denen die Ölindustrie in dem Land das schwarze Gold erschließt. Saudis und Russen pumpen Öl ebenfalls auf Rekordniveau, jedes Land für sich rund 11 Mio Fass am Tag.
Das fundamentale Umfeld soll schlechter werden, da für viele Volkswirtschaften im nächsten Jahr mit einem langsameren Wachstum gerechnet wird. Dominick Chirichella, verantwortlich für Risikoanalyse beim Energy Management Institute aus New York, meint:
“Als der Markt jetzt, ausgehend von der Kursentwicklung bei Aktien, anscheinend eine Verlangsamung der Weltwirtschaft einpreist, könnte die OPEC einer Verlangsamung des Nachfragewachstums entgegensehen, was zu dem steigenden Angebot in Märkten wie den Vereinigten Staaten noch hinzukommt.”
Gold könnte die 1.250 USD testen
Gold könnte vor einer entscheidenden Woche stehen, als wichtige Hinweise von der Federal Reserve kommen und auch eine Vielzahl von Konjunkturdaten veröffentlicht werden.
Das Edelmetall dürfte auch das von Goldbullen seit langem herbeigesehnte Preisziel von 1.250 USD testen, sollte die Wall Street eine weitere bittere Woche durchmachen, nachdem es in den letzten drei Wochen Verluste gehagelt hatte, was die schlimmste Entwicklung zu Thanksgiving seit 1939 war.
US-Goldfutures bewegten sich im frühen Handel am Montag an 1.230 USD die Feinunze entlang.
Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell wird am Mittwoch vor dem New Yorker Wirtschaftsklub eine Rede mit dem Titel "Das Programm der Federal Reserve zur Überwachung der Finanzstabilität" halten. Das ist ein Ereignis, dass an den Märkten zu jeder Zeit für Volatilität sorgen könnte, aber diesmal werden Powells Worte von Trump auch als entscheidender Auslöser für die Talfahrt am Aktienmarkt in diesem Jahr ausgemacht werden. Der Präsident lieferte am Freitag einen weiteren Schlag, als er Finanzminister Steve Mnuchin die Schuld für die Ernennung des Fed-Vorsitzenden zuschob.
Datenreiche Woche
Neben Powells Rede wird die Fed am Donnerstag auch das Protokoll ihrer Sitzung vom 7. und 8. November herausgeben.
Es wird weithin damit gerechnet, dass die Zentralbank die US-Zinssätze auf ihrer Sitzung im Dezember zum vierten Mal in diesem Jahr anheben wird. Die Aktivitäten der Fed werden daher in dieser Woche genau unter die Lupe genommen werden, da sie den Investoren Aufschlüsse über die Richtung am Goldmarkt offerieren könnten.
Andere wichtige Konjunkturdaten in dieser Woche wären der am Dienstag erscheinende CB-Konsumklimaindex vom Conference Board; die BIP-Schätzung für das dritte Quartal und die Umsätze mit neugebauten Wohnungen am Mittwoch; die sich in Schwebe befindlichen Wohnungsverkäufe, die Individualeinkommen und -ausgaben im Rest der Woche.
In Europa gibt es eine Rede von EZB-Präsident Mario Draghi, Zahlen zu Arbeitslosigkeit und Inflation in der Eurozone und aus China Einkaufsmanagerindizes vom verarbeitenden Gewerbe und dem Rest der Wirtschaft.