Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,2142 (06:00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,2101 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 103,92. In der Folge notiert EUR-JPY bei 126,18. EUR-CHF oszilliert bei 1,0819.
Weitgehend stabile Aktienmärkte bestimmen das Bild. Der USD bleibt unter Druck. Edelmetalle haben sich aus unbestechlichen Gründen stabilisiert. Gleiches gilt für Bitcoin. Dort bewegt man sich in Schlagdistanz zu historischen Höchstkursen. Jahresendrally oder nicht – was spricht für Risikofreude, was dagegen?
Für mehr Risikofreude sprechen folgende Gründe:
- Die Erfahrung aus dem Sommer und aus Asien, dass sich die Wirtschaftsräume sehr schnell erholen, sofern Corona-Maßnahmen reduziert werden (endogene ökonomische Stärke, Corona exogener Einfluss).
- Die Erkenntnis, dass Lockdowns nach dem Muster des Frühjahrs unwahrscheinlicher sind, da sie in dieser Form nicht finanzierbar sind (Themen: Kollateralschäden, Abwägung).
- Lockdowns „Light“ haben weit weniger Konsequenzen, insbesondere nicht für den Sektor Produktion. Diesbezüglich verweise ich auf die Daten der Eurozone und Deutschlands (spektakulärer Auftragseingang, siehe Datenpotpourri).
- Absehbare Wirkung der globalen Wirtschaftsprogramme (12% Welt-BIP/IWF).
- Die Ankündigungen der Fed und der EZB, die Geldpolitik zu lockern und gleichzeitig die staatlichen Schuldentragfähigkeiten zu erhöhen (siehe Japan).
Anlagenotstand in noch nie gesehener Form.
Risikoaversion wird durch die Corona-Daten ausgelöst. Hinsichtlich der in naher Zukunft verfügbaren Impfstoffe (ohne Wertung der Risiken an dieser Stelle) ist allen Marktteilnehmern das temporäre Element der Covid-19 Belastung bewusst. Sie entscheiden!
Polen bewegt sich ein wenig
Nach dem erpresserischen Affront Polens gegenüber 25 weiteren Mitgliedsländern der EU beginnt sich Warschau zu bewegen. Der Versuch, das Thema unzureichender oder nicht gegebener polnischer Gewaltenteilung (Rechtswesen, Medien) mit einem Veto bezüglich des EU-Haushalts (1,8 Billionen) und des Corona-Hilfspakets (750 Mrd.) zu verbinden, um für Polen negative Konsequenzen aus diesem Bruch des EU-Regelwerks zu verhindern, war und ist mehr als ambitioniert.
Polen hat sich zu einem Verzicht auf ein Veto gegen das EU-Finanzpaket bereit gezeigt, sofern die EU eine Erklärung zur Rechtsstaatlichkeit abgäbe. Das ist eine zarte Bewegung, die als Ausdruck der Isolation Polens innerhalb der EU verstanden werden darf. Die EU hat sich dazu aus guten Gründen nicht geäußert. Bei Gewaltenteilung sind wir nicht auf einem türkischen Basar.
Laut Ministerpräsident Gowin sei es nach dem Treffen mit der EU-Kommission klar, dass das Veto seinem Land schaden würde. Das haben wir hier gestern thematisiert, denn die EU hat rechtskonforme Alternativen, das Corona-Hilfspaket umzusetzen, Polen nicht. Dabei fokussiert sich Gowin auf die materiellen Konsequenzen für Polen.
Die immateriellen Schäden, die Warschau sich selbst innerhalb der EU zugefügt hat, sind auf kurze Sicht nicht heilbar und werden perspektivisch Konsequenzen nach sich ziehen. Das gilt auch für die grundsätzliche „Nibelungentreue“ gegenüber den USA insbesondere unter der Führung Trumps. Bidens Position wird nicht in allen Feldern Trumps Position sein. Die Treue zu den USA war und ist eben auch ein Ausdruck der Untreue gegenüber der EU, die Warschau seit Beitritt zur EU wie kein anderes Land alimentierte. Es wird einsamer um Polen. Das lag und liegt aber nicht an der EU.
Kann man dem UK vertrauen?
Laut EU bestehen bei drei elementaren Punkten bedeutende Differenzen. Lösungen für die Themenkomplexe der Fischerei-Rechte, der Regulierung der Beziehungen und der Frage der Garantien für fairen Wettbewerb seien weiter offen. Seit 4 Jahren gibt es keine nennenswerten Fortschritte bei diesen Punkten im Rahmen der Verhandlungen.
Der britische Bildungsminister Williamson bekräftigte gestern, nur einem Abkommen zuzustimmen, das im Sinne seines Landes sei. Ist die EU der „Seifenspender“ des UK, wackelt hier der Schwanz mit dem Hund (Größe, Bedeutung der EU)? Würde das UK auch mit den USA so umgehen? Was sagt das über den Begriff Respekt gegenüber 27 anderen Ländern der EU seitens des UK aus? Ist man seitens Londons zu lange erfolgreiche Rosinenpickerei zu Lasten dritter Länder der EU gewohnt?
Es ist erfrischend, dass Frankreich, Belgien und die Niederlande erklärten, ein Scheitern der Gespräche könne besser sein als eine schlechte Vereinbarung.
Kommende Woche wird im britischen Parlament das Binnenmarktgesetz debattiert, das bei Umsetzung einen internationalen Rechtsbruch darstellen würde. Es würde der britischen Regierung die Möglichkeit geben, die im Brexit-Vertrag festgeschriebene Regelungen auszuhebeln. Johnson hatte diesen Vertrag unterschrieben und als seinen Erfolg vermarktet. Was ist die Unterschrift eines britischen Regierungschefs wert?
Kann man dem UK vor diesem Hintergrund vertrauen? Wie sehen Ihre Antworten aus?
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: Durchgehend positive Überraschungen
Die finalen Markit Einkaufsmanagerindices per November fielen besser als erwartet aus. Der Dienstleistungsindex stieg gegenüber dem vorläufigen Wert von 41,3 auf 41,7 Punkte (Prognose 41,3). In der Folge stellte sich der Composite Index auf 45,3 (vorläufiger Wert 45,1, Prognose 45,1).
Die Einzelhandelsumsätze nahmen per Oktober im Monatsvergleich um 1,5% (Prognose 0,8%) nach zuvor -1,7% (revidiert von -2,0%) zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 4,3% (Prognose 2,7%) nach zuvor 2,5% (revidiert von 2,2%).
Der Auftragseingang der deutschen Industrie verzeichnete per Oktober einen unerwartet starken Anstieg im Monatsvergleich um 2,9% (Prognose 1,5%). Mehr noch wurde der Vormonatswert von 0,5% auf 1,1% revidiert.
USA: Weitestgehend gute Datensätze
Laut Challenger Report wurden per November Entlassungen angekündigt, die 64.797 Jobs betrafen (Vormonat 80.666, Vorjahr 44.569).
Die Arbeitslosenerstanträge sanken per 28. November von zuvor 787.000 (revidiert von 778.000) auf 712.000 (Prognose 775.000).
Die finalen Markit Einkaufsmanagerindices per November lieferten positive Überraschungen. Der Dienstleistungsindex stellte sich auf 58,4 Punkte (vorläufiger Wert 57,9. als Konsequenz nahm der Composite Index von vorläufig 57,9 auf 58,6 Zähler zu.
Dagegen sank der ISM-Index für den Dienstleistungssektor per November von zuvor 56,6 auf 55,9 Punkte (Prognose 56,0).
Russland: Devisenreserven leicht rückläufig
Die Devisenreserven stellten sich in der Berichtswoche per 27. November auf 583,2 Mrd. USD nach zuvor 584,9 Mrd. USD.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.1580 – 1.1610 negiert den positiven Bias.
Bleiben Sie gesund, viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH
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