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EZB vor Zinssenkung und Brüssel vor Aufweichung des Spardiktats

Veröffentlicht am 23.04.2013, 14:22
Was jetzt für eine Beschleunigung des Abwärtstrends beim Euro spricht

In den vergangenen 48 Stunden hat sich die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinssenkung in der Eurozone eindeutig erhöht. Der Boden für einen solchen Schritt wurde von Vitor Constancio, dem Vizechef der Europäischen Zentralbank, in einem Interview bereitet. Dass eine weitere Senkung des Leitzinses, der aktuell auf dem historisch niedrigen Niveau von 0,75 Prozent liegt, „stets eine Möglichkeit“ sei, hat nicht wirklich überrascht. Eindeutiger war da schon der Hinweis auf die „ziemlich deutlich“ nach unten tendierende Inflation, „welcher das Hauptaugenmerk der EZB gilt.“

In Zahlen ausgedrückt, heißt das, dass die Jahresteuerung im März mit 1,7 Prozent auf dem tiefsten Stand seit August 2010 und auch klar unter den Zielwert der Notenbanker von 2,0 Prozent gefallen ist. Größter Einflussfaktor waren dabei die gesunkenen Preise für Energie, allen voran für Benzin. Zwar spüren wir diesen Preisrückgang noch nicht unbedingt an der Zapfsäule, aber allein der Blick auf die Entwicklung der Rohölpreise in den vergangenen Wochen lässt erahnen, dass auch die nächsten Inflationsdaten eher noch niedriger ausfallen werden.

Der Ölpreis fällt in diesen Tagen im Einklang mit allen anderen Rohstoffpreisen wie Kupfer, Zink und Nickel, was eindeutig darauf schließen lässt, dass die Hoffnung auf eine globale konjunkturelle Belebung mehr und mehr schwindet. Die Bestätigung dieser These haben wir heute Morgen auch von den richtungsweisenden Einkaufsmanagerindizes aus der Eurozone und den beiden Schwergewichten Deutschland und Frankreich bekommen.

Besonders enttäuschend schnitt dabei der bisherige Stützpfeiler in der Eurokrise Deutschland ab. Der Index fiel auf 47,9 Punkte und entfernte sich damit wieder weiter von der Schwelle von 50 Punkten, die auf Expansion in der Wirtschaft hindeutet. Erwartet wurde ein Wert von 49 Punkten. Frankreich konnte zwar die Erwartungen der Analysten leicht übertreffen, dies aber auf einem weitaus tieferen Niveau von knapp über 44 Punkten. Der Euro fiel nach Veröffentlichung dieser Daten wieder unter die Marke von 1,30 US-Dollar.
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Es geht nicht mehr darum, ob, sondern nur wann die Zinssenkung kommt

Wenn ich in einem meiner vorherigen Kommentare von einer Seitwärtsbewegung der Gemeinschaftswährung geschrieben habe, bis sich die Signale aus der Geldpolitik in der Eurozone in Richtung weitere Lockerung verdichten, kann ich nun festhalten, dass dieser Zeitpunkt nun langsam aber sicher gekommen ist. In gut einer Woche, am 02. Mai, reisen die EZB-Ratsmitglieder zu ihrem Auswärtstreffen nach Bratislava. Ich könnte mir vorstellen, dass es dann nicht mehr nur darum gehen wird, ob die Zinsen weiter gesenkt werden, sondern nur darum, wann der richtige Zeitpunkt dafür gekommen sein wird.

Noch hat die EZB einige Trümpfe in Sachen Geldpolitik mehr im Ärmel als ihre Kollegen in New York oder auch Tokio, die fast ihr gesamtes Pulver verschossen haben und die Maschinerie jetzt nur noch am Laufen halten müssen, um das Schlimmste an den Finanzmärkten zu verhindern. Alle Beteiligten im EZB-Rat wird aber auch bei dem Treffen im Mai wie schon bei allen anderen vorangegangenen Meetings immer wieder die Frage nach der Wirksamkeit eines solchen Zinsschrittes beschäftigen. Und diese ist durchaus fraglich.

Am Ende ist die Gefahr groß, dass auch mit diesem billigeren Geld die Banken, allen voran in den Krisenstaaten Südeuropas, nur ihre Bilanzen stabilisieren statt Kredite an vor allem kleine und mittelständische Unternehmen zu vergeben. Im Hinblick auf eine direkte Ankurbelung der Kreditvergabe an solche Unternehmen verweist die EZB immer auf ihr begrenztes Mandat, welches erst ausgeweitet werden müsste, um solche Instrumente freizugeben. Vor einem solchen Schritt, vor welchem EU-Verträge geändert werden müssten, wird die EZB deshalb eine Zinssenkung auch als Signal für den Markt in Erwägung ziehen, auch um mit einem dadurch schwächeren Euro von dieser Seite aus die Exportwirtschaft anzukurbeln.
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Brüssel und Berlin werden sich in Sachen Spardiktat annähern
Ein anderes Instrument, um der schwachen Wirtschaft in der Eurozone wieder auf die Beine zu helfen, hat heute der EU-Präsident Manuel Barroso ins Spiel gebracht. Er will die in der Euro-Schuldenkrise angewandten Maßnahmen zur notwendigen Sanierung der überschuldeten Haushalte aufweichen und den Ländern mehr Zeit geben, um ihre Sparziele zu erreichen.

Damit wird einerseits das Dilemma deutlich, in welchem sich die Eurozone derzeit befindet. Dies ist aber auch ein Zeichen der Hilflosigkeit der Politik, einen Weg aus dieser Krise zu finden. Ohne Zweifel belastet das Spardiktat aus Brüssel die Wirtschaften der betroffenen Länder, aber ohne feste Ziele und vereinbarte Zeiträume, in denen die Haushalte konsolidiert werden müssen, würde über kurz oder lang das gesamte System Eurozone auseinander fallen. Vor dem Hintergrund der sich aber nun auch in Deutschland verschlechternden Wirtschaftsaussichten gehe ich allerdings davon aus, dass sich Berlin und Brüssel in dieser Frage annähern werden und am Ende ein Kompromiss erzielt wird, der den Sparzwang in den Krisenländern etwas lockert und Maßnahmen in Form von Konjunkturpaketen beinhalten wird.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass - für mich durchaus nicht unerwartet - jegliche Hoffnung über ein Ende der Eurokrise verbunden mit einer konjunkturellen Belebung rund um den Globus zumindest zum jetzigen Zeitpunkt verschoben werden muss. Die Geldschleusen der Notenbanken werden auf unbestimmte Zeit weit geöffnet bleiben, die EZB muss und wird auf einem ihrer nächsten Treffen reagieren. Ich bleibe bei meiner Einschätzung eines schwächeren Euro, der Abwärtstrend könnte sich nach den Äußerungen aus Politik und Notenbank, aber auch den sich jetzt wieder eintrübenden Stimmungsindikatoren jetzt leicht beschleunigen. Schon morgen wird mit dem ifo-Geschäftsklimaindex ein weiteres Puzzle-Stück hinzukommen, welches die EZB-Ratsmitglieder mit nach Bratislava nehmen werden, um über die weitere Geldpolitik in der Eurozone zu entscheiden.
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