Die Gerüchte über einen Mar-a-Lago Accord wollen nicht abreißen. Neben den Strafzöllen gibt es kein anderes Thema, über das die Wall Street Banker so gerne nach Feierabend bei einem Drink spekulieren, wie den vermeintlichen Versuch von Donald Trump, den US-Dollar in der Zukunft zu schwächen.
Bei Donald Trump muss man immer auf der Hut sein. Der 45. und 47. Präsident hat mehr als einmal bewiesen, dass er seine eigene Agenda durchsetzt und sehr genau weiß, wie er seine Karten spielt. In dieser Hinsicht ist Trump in der zweiten Amtszeit hochprofessionell geworden. Von den „Anfängerfehlern“ der ersten Amtszeit ist nichts mehr zu sehen. Ganz im Gegenteil:
Trump hakt seine Wahlversprechen wie seine persönliche Bucket List ab. Und er hat die richtigen Entscheider an den wichtigen Schlüsselpunkten positioniert, die nun wie in einem gut abgestimmten Chor die Trump-Agenda blind umsetzen. Dass dazu Strafzölle und ein Ende des Krieges in der Ukraine gehören, wissen inzwischen auch die Letzten. Eine echte Überraschung war es nicht, denn Trump hatte aus diesen Zielen während seiner Wahlkampagne keinen Hehl gemacht. Doch während alle in Europa jetzt bestürzt über die potenziellen Auswirkungen sind und hilflos nach Antworten suchen, wird im Hintergrund in Washington bereits am nächsten Akt gearbeitet.
Um Trump zu verstehen, muss man seine Geschichte kennen
Um Trump zu verstehen, muss man sich immer vor Augen halten, in welchem Umfeld er groß geworden und welche Ereignisse ihn geprägt haben. So könnte man beispielsweise die „America First“ Strategie problemlos in die 80er-Jahre verpflanzen und Ronald Reagan hätte damit wahrscheinlich noch deutlicher im November 1980 gegen Jimmy Carter gewonnen. Nicht, dass das Ergebnis knapp war: Reagan holte 489 der 538 möglichen Wahlmännerstimmen. Carter kam lediglich auf 49 Stimmen. Den Höhepunkt seines Ruhms erreichte Reagan jedoch vier Jahre später gegen Walter Mondale, als er 525 von 538 Wahlmännerstimmen holte. Das höchste Ergebnis, das je ein US-Präsident erreicht hat. Und:
Trump und Reagan haben viele Gemeinsamkeiten. Unter „Reaganomics“ versteht man bis heute Deregulierungen, Handelsabkommen und Steuerreformen zum Vorteil der USA. Kommt Ihnen bekannt vor? Was beide ebenso gemein haben, sind ein tiefes Außenhandelsdefizit und ein umfangreiches und sich ausweitendes Haushaltsdefizit. Reagan ging das Außenhandelsdefizit in seiner zweiten Amtszeit durch die gezielte Abwertung des US-Dollar gegenüber den wichtigsten Handelswährungen an.
Vorbild ist der Plaza Accord
Das zentrale Abkommen dazu ist der sogenannte Plaza Accord im Jahr 1985. Benannt nach dem New Yorker Luxushotel, in dem sich die wichtigsten Finanzminister der 80er-Jahre trafen. Und das selbstverständlich zu den Lieblingsimmobilien von Trump gehörte. Eingeladen hatte James Baker (der Dritte) und seinem Ruf folgten die Finanzminister aus (West-)Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Japan. Deutschland wurde seinerzeit von Gerhard Stoltenberg vertreten, der unter Kohl von 1982 bis 1989 das Amt ausübte.
Ausgangspunkt für die Notwendigkeit des Treffens war eine 50%ige Aufwertung des US-Dollar gegen Yen während der ersten Amtszeit von Reagan. Reagan startete 1980 mit einer Hartwährungspolitik, die jedoch überzogen war und der US-Wirtschaft einen erheblichen Wettbewerbsnachteil im Ausland bescherte. Der Plaza Accord zog hier einen Wendepunkt ein und sorgte für eine erhebliche Abwertung des US-Dollar. Dies war jedoch nur möglich, da die Gegenspieler von Baker dies vollumfänglich unterstützten, da sie ihre Währungen aufwerten wollten. Daher gilt der Plaza Accord bis heute zu den erfolgreichsten kooperativen Eingriffen in den Devisenmarkt und reiht sich hinter geschichtsträchtigen Pivot-Punkten wie dem Bretton Woods Abkommen ein.
Mar-a-Lago Accord soll den Dollar schwächen
Trump plant mit einem Mar-a-Lago Accord eine vergleichbare Wende am Devisenmarkt. Natürlich will er auch persönlich mit in die Geschichte eingehen, weswegen die Verhandlungen an seinem Sitz in Florida stattfinden sollen. Federführend hinter dem Projekt stehen US-Finanzminister Scott Bessent und der Vorsitzende des Council of Economic Advisers, Stephen Miran. Letzterer ist vor allem auch der leitende Strategieberater beim Hedge Funds Hudson Bay Capital Management, der rund 31 Mrd. US-Dollar an Vermögen verwaltet. Miran veröffentlichte im November 2024 ein Strategiepapier, in dem er den Begriff Mar-a-Lago Accord prägte.
Die Quintessenz von Miran ist, dass auf die Strafzölle der Mar-a-Lago Accord folgen wird. Denn die Strafzölle, eingesetzt als Hebel in Verhandlungen mit anderen Staaten und ausländischen Unternehmen, erhöhen nicht nur die Einnahmen für die USA, sondern wirken auch aufwertend auf den US-Dollar. Das wiederum schwächt die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Unternehmen im Ausland. In der richtigen Reihenfolge angewandt, ist es daher nur logisch, dass die Trump Administration nach erfolgreichen Verhandlungen mit der Strafzollkeule in der Hand im Anschluss die Verhandlungspartner erneut an den Tisch zwingen wird, um einer Abwertung des US-Dollar zuzustimmen.
Trump will das ganze Finanzsystem umbauen
Zusammengefasst will Trump nicht weniger erreichen, als das gesamte globale Finanzsystem umzubauen. Die Strafzölle machen den Anfang und zwingen die Unternehmen, die im Ausland billig produzieren und in den USA teuer verkaufen, einen größeren Teil ihrer Margen in Amerika zu lassen, was die US-Wirtschaft stärkt. Im zweiten Schritt werden die Amerikaner versuchen, die wichtigsten Handelspartner zu zwingen, einer Abwertung des US-Dollar zuzustimmen, indem sie ihre Währungen aufwerten. Und im dritten Schritt sollen die Finanzierungskosten in den USA stark gesenkt werden und die (ausländischen) Gläubiger gedrängt werden, ihre Forderungen gegen die USA in längere Laufzeiten „freiwillig“ zu wandeln. Flankiert wird dieser Umbau von einem Sovereign Wealth Fund, der bereits in Arbeit ist, und einem Abwälzen eines Teils der hohen Verteidigungskosten im Ausland auf die Alliierten.
Man kann von der Trump Agenda halten, was man will. Es mangelt ihr jedoch nicht an Ambitionen, Visionen und Weitsicht. Und sie hat sogar eine große Chance auf Umsetzbarkeit. Das liegt nicht nur in der Größe der USA begründet, die ihr mehr Spielraum gibt, als viele für möglich halten wollen. Sie stößt gleichzeitig auch auf die Agenden der europäischen Wettbewerber. Und deren politische Visionen wirken dagegen so ambitioniert wie die Satzung eines Schrebergartenvereins. Trump zwingt Europa also ungewollt, schnell erwachsen zu werden und (wieder) für sich selbst einzustehen.
Ein Artikel von
Mikey Fritz
Chefredakteur Zürcher Finanzbrief