Investoren haben sich in der Vergangenheit zuweilen über die Meinungsvielfalt aus der Federal Reserve beschwert und sich nach den alten Tagen zurückgesehnt, als ein dominanter Vorsitzender wie Alan Greenspan die einzige Stimme war, der man zuhören musste.
Und das haben sie jetzt davon. Alle Mitglieder des Offenmarktausschusses der Fed (Federal Open Market Committee, FOMC) haben seitdem viel geredet, aber jetzt sagen sie alle das Gleiche und es wächst die Skepsis, ob sie die ganze Wahrheit sagen.
Viele Stimmen, ein Standpunkt ... aber entspricht dieser auch der Wahrheit?
Ob es sich um den Falken aus Boston Eric Rosengren oder die Taube aus San Francisco Mary Daly handelt, die Botschaft ist weitgehend die Gleiche: Mach dir keine Sorgen, sei glücklich.
"Ich denke, wir sind zwei Jahre davon entfernt, wenn dies wahrscheinlich eine viel wichtigere Frage sein wird", sagte Rosengren letzte Woche in einem Interview, als er nach dem Zeitpunkt für Zinserhöhungen gefragt wurde.
"Wir sehen immer noch eine große Flaute auf dem Arbeitsmarkt, die Erwerbsquote ist im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie immer noch recht niedrig und die Arbeitslosenquote liegt immer noch bei 6%. Wir müssen also diese Schwäche beseitigen und eine nachhaltige Inflation bekommen, bevor wir uns um eine Erhöhung der Zinssätze Gedanken machen müssen."
Ähnlich äußerte sich Daly: die Fed strebe eine viel höhere ({ecl-1581||Erwerbsquote}) und eine konstant hohe Inflationsrate an. Auf die Frage, wann es soweit sei, sagte sie:
"Nicht so bald. Wir müssen zuerst Vollbeschäftigung bekommen. Wir bringen die Arbeitslosenquote dahin, wo sie vorher war und bringen all jene Arbeitnehmer, welche die Erwerbsbevölkerung verlassen haben - und insbesondere Frauen, die dies taten, um auf ihre Kinder aufzupassen - wieder zurück in die Erwerbsbevölkerung, bevor wir den Sieg erklären können."
Die Fed hat hart daran gearbeitet, die Inflation anzukurbeln und sie wird diese Bemühungen nicht aufgeben. "Wir haben immer die Mittel, um die Inflation zu senken, wenn sie zu hoch wird", sagte Daly. "Ich sehe einen vorübergehenden Anstieg der Inflation; sie wird wieder herunterkommen. Ich mache mir viel mehr Sorgen um die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung und die Anhebung der Inflationsrate auf unser Ziel von durchschnittlich 2%."
Der Präsident der New York Fed John Williams sagte dasselbe in einer Diskussion mit Studenten der Rutgers Universität in New Jersey. "Wir wissen, wie man mit Inflation umgeht", sagte er und fügte hinzu, er gehe davon aus, dass die Teuerung nahe dem 2%-Ziel der Fed bleiben werde.
Im Allgemeinen scheinen die Fed-Vertreter daran interessiert zu sein, das Bild abzugeben, sie hätten alles unter Kontrolle. Lorrie Logan, Executive Vice President der New York Fed, die die Offenmarktgeschäfte für das Fed-System verwaltet, sagte, die Zentralbank habe die kurzfristigen Zinssätze durch ihre Übernacht-Repo-Geschäfte fest im Griff.
Die Notenbanker einigten sich im März darauf, das Limit für jede Gegenpartei von 30 auf 80 Milliarden US-Dollar anzuheben, um mehr Raum in dieser Fazilität zu schaffen. Logan sagte, die Fed sei bereit, technische Anpassungen vorzunehmen, um die Zinssätze dort zu halten, wo sie diese haben will.
Der Vorsitzende der Fed, Jerome Powell, meinte unterdessen, dass die Fed, wenn sie irgendwann in der Zukunft ihre monatlichen Wertpapierkäufe abwickeln will - derzeit kauft sie jeden Monat für 120 Milliarden US-Dollar zu - dem Muster folgen werde, das in den Jahren 2013 und 2014 etabliert wurde, als sie ihre Käufe im Zuge der Finanzkrise zurückschraubte.
Die Fed wird ihre Käufe verringern, aber wahrscheinlich keine Anleihen verkaufen und das Kapital bei Fälligkeit zumindest für eine Weile weiter reinvestieren. Dies werde lange vor Zinserhöhungen kommen und nichts davon werde in nächster Zeit beginnen, legte er nahe - und nur bei "erheblichen weiteren Fortschritten" bei der Erreichung der Beschäftigungs- und Inflationsziele.
Aber einige sind sich nicht so sicher, ob die Fed alles unter Kontrolle hat. Der Stratege von Odeon Capital, Dick Bove, sagte Maria Bartiromo von Fox Business News, er sei der Meinung, die Fed habe die Kontrolle über die Geldmenge verloren. "Die Fed ist außer Kontrolle", sagte er. "Die drucken Geld wie die Wilden."
Etwas gewählter drückte sich die Redaktion des Wirtschaftsjournals The Economist aus, als sie forderte, die Fed müsse den Anlegern mitteilen, wie sie mit der Inflation umgehen wolle, da ihre neue Politik der Ausrichtung auf durchschnittliche Inflationswerte vage bleibe und damit Unsicherheit schafft.
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