Investoren werden sehr genau auf den Tenor der Fed-Erklärung auf der Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (FOMC) diese Woche achten, wenngleich keine signifikanten Änderungen der Geldpolitik erwartet werden.
Das Treffen am 26. und 27. Januar ist das erste im neuen Jahr und zugleich das erste unter einer neuen Regierung, nachdem Joe Biden am 20. Januar als 46. Präsident der USA vereidigt wurde.
Die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) in der vergangenen Woche bietet wahrscheinlich eine Blaupause für die Fed-Sitzung. Die EZB ließ die Geldpolitik unverändert, und die Präsidentin Christine Lagarde wies auf das Offensichtliche hin - die Pandemie birgt immer noch ernsthafte Risiken.
Europa ist in fast jeder Hinsicht in schlechterer Verfassung als die USA. Ein Wiederaufleben der Infektionen, neue drakonische Lockdowns und Ausgangssperren sowie eine noch unkoordiniertere Verteilung der Impfstoffe unter den 27 EU-Mitgliedern als in den 50 US-Bundesstaaten.
Die Gratwanderung der Fed: Zusätzlicher Stimulusbedarf vs. Konjunkturoptimismus
Die Fed-Sitzung wird vor dem Hintergrund einer möglichen Pattsituation im Kongress stattfinden, da Demokraten und Republikaner über ein neues Konjunkturpaket, das Amtsenthebungsverfahren gegen den ehemaligen Präsidenten Donald Trump und sogar darüber streiten, wie ein paritätisch besetzter Senat seine Geschäfte führen wird.
Von Fed-Chef Jerome Powell erwarten die Anleger einen Spagat zwischen dem Eingeständnis der Notwendigkeit einer fortgesetzten geldpolitischen Akkommodierung angesichts der anhaltenden Auswirkungen von COVID-19 auf die Wirtschaft und einem gewissen Optimismus hinsichtlich der Wirtschaftsaussichten, sobald die Verteilung des Impfstoffs gegen das Coronavirus auf breiter Front an Fahrt gewinnt.
Mit ihren Notfallmaßnahmen während der Finanzkrise und ihren jüngsten Initiativen zur Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie ist die Fed möglicherweise zu wichtig geworden, um sich aus der Politik rauszuhalten. Unter einer Biden-Administration, die sich der Rassengleichheit und der Bekämpfung des Klimawandels verschrieben hat, steht die Fed unter Druck, ihren Teil zur Erreichung dieser Ziele beizutragen, was historisch gesehen über ihr Mandat hinausgeht.
Das bedeutet nicht nur, dass das Geld reichlich und billig bleiben muss, sondern auch, dass die Fed in ihrer Politik ganzheitlicher vorgehen und Nachhaltigkeit fördern muss. Die Erwartungen reichen von einer größeren Rassen- und Geschlechtervielfalt innerhalb der Fed-Belegschaft bis hin zu Stresstests der Aufsichtsbehörden, um Banken zu grünen Investitionen zu bewegen.
Der Senat dürfte Janet Yellen diese Woche als Finanzministerin bestätigen, nachdem der Finanzausschuss ihre Nominierung einstimmig angenommen hat. Die ehemalige Fed-Vorsitzende wird genau wissen, welche Tasten sie drücken muss, um die Fed dazu zu bringen, sich der Politik der Regierung anzuschließen.
Yellen, die stets eine geldpolitische Taube war, machte in ihrer Bestätigungsanhörung letzte Woche deutlich, dass sie sich im Moment keine Sorgen um die Staatsverschuldung macht und ihre oberste Priorität darin besteht, Privatpersonen und Unternehmen zu helfen, die Pandemie zu überstehen. Sie ermutigte die Gesetzgeber, bei der Verabschiedung eines neuen Konjunkturpakets "groß zu handeln".
Biden hat noch einen freien Sitz im Gouverneursrat der Fed zu besetzen. Investoren gehen davon aus, dass Biden die Diversifizierung innerhalb der Zentralbank fördern wird, indem er entweder eine farbige Person oder eine Frau für diesen Posten nominiert.
Vier verschiedene regionale Notenbankpräsidenten wechseln in diesem Monat in stimmberechtigte Positionen des FOMC und der neu bestätigte Gouverneur Christopher Waller wird zum ersten Mal an der Abstimmung teilnehmen, aber das wird den Konsens des Ausschusses wahrscheinlich nicht verändern.
Powell wird diese Gratwanderung zwischen Optimismus und Besorgnis bewältigen müssen, wenn er nach der zweitägigen FOMC-Sitzung vor die Presse tritt, um die Investoren bezüglich der Fed-Politik zu beruhigen und gleichzeitig die Hoffnung auf eine sich erholende Wirtschaft aufrecht zu erhalten.