Der Preis des beliebtesten Edelmetalls der Welt verharrt in der Nähe seiner oberen Spanne der letzten drei Jahre, allerdings enttäuscht das die Gold-Bullen. Der Inflationsanstieg im Gefolge der Pandemie hätte den Preis bereits weit über die derzeitigen 1962 USD pro Unze treiben müssen, klagen die Fans des glänzenden Edelmetalls.
Die Teuerung ist zwar ein wichtiger Faktor für den Goldpreis, allerdings dominieren derzeit die realen (inflationsbereinigten) Zinssätze und der US-Dollar die Preisbildung. Mit dieser Argumentation lässt sich der Anstieg der Realzinsen in den letzten Jahren gut erklären. Kein Wunder, dass das Modell für den fairen Wert von CapitalSpectator.com, das den US-Dollar und die realen Zinssätze zugrunde legt, die Bewertung des Edelmetalls nach wie vor für überhöht hält.
Goldfans mögen da anderer Meinung sein. Schließlich bewegt sich der Preis des Metalls seit einigen Jahren in einer Handelsspanne und hat kürzlich einen weiteren (gescheiterten) Versuch unternommen, den Widerstand bei 2.000 USD glaubhaft zu überwinden.
Die Behauptung, dass der Inflationsschub des letzten Jahres den Goldpreis auf 3.000 bis 5.000 USD treiben würde, wie einige der enthusiastischsten Befürworter des Metalls vorausgesagt hatten, erscheint unglaubwürdig. In unserem Fair-Value-Modell werden ganz andere Preise ausgewiesen. Ähnlich wie in der im Mai erschienenen Studie signalisiert das heutige Update, dass der aktuelle Goldpreis deutlich über seiner Schätzung des fairen Wertes gehandelt wird, die auf dem aktuellen Niveau des US-Dollars und der Realzinsen basiert.
Legt man den inflationsindexierte Treasury-Wertpapiere als Proxy für die reale Rendite mit einem Maß für den US-Dollar zugrunde, lässt sich feststellen, dass Gold mit fast 2000 USD pro Unze immer noch deutlich überbewertet ist.
Wenn man die Zahlen unter Verwendung der Monatsdaten (im Gegensatz zu den täglichen Daten in der obigen Abbildung) analysiert und die TIPS-Rendite durch den nominalen 10-Jahres-Treasury-Satz abzüglich der jährlichen Veränderung des Verbraucherpreisindex (CPI) ersetzt, ergibt sich ein ähnliches Bild. (Die aktuellen Daten sind durch den blauen Punkt in der nachstehenden Abbildung gekennzeichnet)
Warum sollte den realen Zinssätzen und dem US-Dollar bei der Schätzung des fairen Wertes von Gold eine so dominierende Bedeutung beigemessen werden? Erstens trumpfen hier empirische Nachweise auf. Gold tendiert dazu, sich mit ziemlicher Regelmäßigkeit invers zu diesen beiden Faktoren zu verhalten. Und warum? Der Wettbewerb um die knappen Ressourcen der Investoren beantwortet diese Frage wahrscheinlich am zutreffendsten.
Da Gold keine Ausschüttungen bringt, ist es im Vergleich zu Cash, Anleihen, Aktien und Immobilien mit Opportunitätskosten belastet. Wenn die Realzinsen niedrig oder negativ sind, werden die Opportunitätskosten geringer oder verschwinden ganz. Die realen Zinssätze (auf der Grundlage der TIPS) sind jedoch relativ hoch und haben den höchsten Stand seit über einem Jahrzehnt erreicht.
Es gibt also einen "sicheren" Schutz gegen Inflation. Das ist ein harter Gegner für Gold. Und noch ein Gegenwind für Gold: Die US-Notenbank scheint trotz ihrer anfänglich zögerlichen Haltung bei der Eindämmung der Inflation gute Fortschritte zu machen.