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Goldpreis – Ausbruch im Gange

Veröffentlicht am 27.06.2020, 17:03
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1. Rückblick

Der Spot-Goldpreis konsolidierte seit dem 14.April und damaligen Höchstkursen bei 1.747 USD zwei Monate lang seitwärts. Dabei wurden sowohl die Bären als auch die Bullen regelmäßig hinters Licht geführt, denn es gab in dieser tückischen Phase mit 1.765 USD sowohl ein neuen Hochpunkt also auch mehrmalige Absacker deutlich unter 1.700 USD. 

Insgesamt ist dem Goldmarkt aber trotz des zähen Verwirrspielchens der bullischen Grundton nie abhandengekommen. Immer wieder konnten sich die Bullen schnell zurückmelden und verloren gegangenes Terrain zurückerobern. Daher haben wir in den letzten vier Wochen unsere seit Ende Februar eher skeptische Haltung schrittweise komplett aufgegeben und sind wieder voll auf die sich bietenden Chancen auf der Oberseite fokussiert.

Zuletzt rutschte der Goldpreis am 5.Juni nochmal bis auf 1.670 USD ab. Aber auch hier kam es schnell zu einer starken Gegenbewegung bis auf 1.745 USD. Der nochmals folgende Rücksetzer endete aber bereits oberhalb der psychologischen Marke bei 1.704 USD. Seitdem zieht der Goldpreis deutlich an und konnte am Mittwoch bereits ein neues 8-Jahre-Hoch bei knapp 1.780 USD erreichen. 

Die Bullen konnten dieses Niveau in den letzten Tagen aber (noch) nicht halten, so dass die Notierungen aktuell mit 1.763 USD wieder etwas tiefer notieren. Der Ausbruch über die Widerstandszone 1.750- 1.765 USD ist damit noch nicht vollständig geglückt, trotzdem ist das Ende der zehnwöchigen Konsolidierung wohl besiegelt und der Ausbruch in Richtung 1.800 USD zum Greifen nahe.

2. Chartanalyse Gold in US-Dollar

Goldpreis Wochenchart

Seit dem Dezember 2015 liegt im großen Bild ein bullischer Trend am Goldmarkt zugrunde. Trotz der wochenlangen Konsolidierung konnten die Bullen das Kursgeschehen seit April ohne größere Probleme oberhalb des im August 2018 begonnene (hellgrünen) Aufwärtstrendkanal halten. Zusammen mit dem neuen Acht-Jahres-Hoch um 1.780 USD steht die Tür zu höheren Notierungen jetzt weit offen. Als erstes unmittelbares Kursziel ist die Zone um 1.800 USD zu nennen. An dieser runden Marke scheiterten die Bullen in 2012 und 2013 insgesamt dreimal. Die runde psychologische Marke sollte daher als potenzieller Widerstand nicht unterschätzt werden.

Noch wichtiger aber ist das Allzeithoch um 1.920 USD. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werden die Notierungen magnetisch von dieser Marke als übergeordnetem Kursziel angezogen. Ein direkter Ausbruch über 1.900/1.920 USD ist aber eher nicht zu erwarten. Vielmehr ist an dieser Marke mit größeren Gewinnmitnahmen zu rechnen. Trotz der überkauften Lage auf dem Wochenchrt könnten sich die Bullen also mit einem Kraftakt noch bis ca. 1.900 USD weiter nach oben kämpfen, bevor es dann im Herbst zu einem größeren und bereinigenden Rücksetzer am Goldmarkt kommen könnte.

Insgesamt scheint der Goldpreis die wochenlange Seitwärtsphase beendet zu haben. Ein Wochenschlusskurs oberhalb von 1.750/1.765 USD bestätigt dies. Damit sind die nächsten beiden Kursziele bei 1.800 USD sowie um 1.900 USD aktiviert. Vom zeitlichen Ablauf sollte die Marke von 1.900 USD in den kommenden ein bis zweieinhalb Monaten erreichbar sein.

Goldpreis Tageschart

Auf dem Tageschart konnten die Bullen zu Wochenbeginn das seitwärtsverlaufende obere Bollinger Band nach oben aufbiegen. Idealerweise setzen sie diesen Prozess nach der kurzen zweitägigen Verschnaufpause noch heute oder in der kommenden Woche fort. Andernfalls erhöht sich schrittweise die Wahrscheinlichkeit, dass es doch nochmal zu einer Ehrenrunde bzw. zu einer weiteren Konsolidierung kommt.

Insbesondere das eigentlich überkaufte Momentum mahnt nämlich nicht nur auf dem Monats- und Wochenchart, sondern auch auf dem Tageschart zur Vorsicht. Ein wirklich gutes Chance/Risiko-Verhältnis liegt daher beim Gold für weitere Zukäufe auch weiterhin nicht vor. Silber hingegen sieht da wesentlich besser aus. Hier sind Zukäufe bei Preisen zwischen 17,40 und 18,00 USD weiterhin mehr als gerechtfertigt. Trotzdem spricht die Marktcharakteristik auch beim Gold für weiter steigende Kurse, schließlich ist die Stochastik ist gestern in den eingebetteten bullischen Zustand gewechselt. Damit ist der Aufwärtstrend zunächst festgezurrt. 

Zusammengefasst ist der Tageschart nach der wochenlangen Konsolidierung bullisch. Die Bullen proben den Ausbruch nach oben.  Gelingt ein Wochenschluss oberhalb von 1.765 USD und 1.780 USD, könnte wieder deutlich mehr Dynamik in den Goldmarkt kommen. Dann sind auch Kurse um 1.900 USD in den kommenden ein bis zweieinhalb Monaten realistisch. Nur ein Tageschlusskurs unterhalb von 1.745 USD würde den Bären Nahrung geben und den Ausbruch stark in Frage stellen.

3. Terminmarktstruktur Gold

Quelle: CoT Price Charts

Die Terminmarktdaten haben sich seit Mitte Februar schrittweise verbessert. Am 18.Februar hielten die kommerziellen Händler damals bei einem Goldpreis von ca. 1.601 USD eine gigantische Shortposition von 385.612 leerverkauften Terminkontrakten. Da ein Gold-Terminkontrakt an der COMEX 100 Papierunzen bewegt, hatte diese professionelle Händlergruppe kurz vor dem Corona-Crash also knapp 1.200 Tonnen Gold bzw. mehr als ein Drittel der gesamten Goldjahresproduktion auf Termin verkauft, ohne das physische Material direkt zu besitzen.

Mit dem Corona Crash und den gewaltigen Rettungsmaßnahmen sowie insbesondere des weltweiten Lockdowns geriet diese sowieso schon unter Wasser befindliche Shortposition erst recht unter Druck. In der Schweiz wurden alle wichtigen Edelmetall-Scheideanstalten geschlossen. Ebenso mussten zahlreiche Gold- und Silberminen vorübergehend die Produktion einschränken oder ganz aussetzen. Dieser Angebots- und Nachfrageschock führte schnell zu einer enormen Knappheit und stark anziehenden Aufschlägen auf die noch verfügbare Ware. 

An der COMEX kletterte daher der Spread des Terminkontraktes zum Spotpreis auf Rekordstände zwischen 70 und 90 USD. Da nicht genügend physisches Material zur Lieferung vorhanden war, konnte die Börsenaufsicht den Terminmarkt nur noch mit einer dramatischen Spielregeländerung retten. Seitdem ist der Gold-Terminmarkt angezählt, denn die Papier-Scharaden der letzten Jahrzehnte sind nun für alle offen sichtbar zutage getreten. Dabei haben sich einige Banken offensichtlich gewaltig verzockt und ziehen sich jetzt wie die Scotiabank aus dem Edelmetallhandel zurück.

Quelle: Sentimenttrader

Es ist daher nicht verwunderlich, dass die kommerzielle Shortposition in den letzten zwei Monaten trotz seitwärtsverlaufender Kurse schrittweise ein gutes Stück kleiner geworden ist. Mit aktuell 258.020 leerverkauften Kontrakten ist die kommerzielle Shortposition im langfristigen Vergleich immer noch hoch. Zuletzt wurde derartige Größenordnungen Mitte Juni 2019 gesehen. Damals stand der Goldpreis knapp 400 USD tiefer! Insofern geht vom Terminmarkt wohl nicht mehr die Gefahr aus, die wir insbesondere in den Bärenmarktjahren 2011 bis 2015 gesehen haben.

Insgesamt liefert der CoT-Report aber trotzdem ein Verkaufssignal für den Goldpreis. Eine antizyklisch vielversprechende Engstelle ist bei diesem Analysebaustein weit und breit nicht zu sehen und läge frühestens bei einer kumulierten Shortposition unterhalb von 100.000 leerverkauften Kontrakten vor. 

4. Sentiment Gold

Quelle: Sentimenttrader

Mit den Ausbruchsbemühungen über die Widerstandszone 1.750 bis 1.765 USD ist auch der Optimismus am Goldmarkt wieder in die Höhe geschnellt.  Das Sentiment-Barometer Optix ermittelt derzeit einen Wert von 75%. Damit ist das Sentiment noch nicht zu euphorisch, so dass weitere Kursanstiege möglich sind.

Insgesamt liegt derzeit aus der Sentiment-Perspektive kein gutes Chance/Risiko-Verhältnis vor. Gleichzeitig ist die Stimmung aber auch (noch) nicht übertrieben bullisch. Weitere Kursanstiege sind daher wahrscheinlich.

5. Saisonalität Gold

Quelle: Seasonax

Normalerweise findet der Goldpreis meist im Juni oder Juli einen wichtigen Tiefpunkt und geht dann bis in den September hinein in eine deutliche Aufwärtsphase über. In diesem Jahr scheint der Goldpreis am 5.Juni bei 1.670 USD diesen frühsommerlichen Trendwendepunkt gefunden zu haben. Allerdings stehen am 3.November die Präsidentschaftswahlen in den USA an. Statistisch betrachtet tut sich der Goldpreis in US-Wahljahren spätestens ab Mitte September oft aber auch schon ab Anfang/Mitte Juli etwas schwer.

Saisonal betrachtet scheint der Goldpreis daher im laufenden Jahr bis in den August hinein gut unterstützt. Sollte es aber entweder schon Mitte/Ende Juli oder dann im August zu einem signifikanten Höhepunkt z.B. um 1.900 USD kommen, wäre für den September und Oktober eine deutliche Kurs-Korrektur realistisch.

6. Bitcoin gegen Gold

Quelle: Chaia

Für einen Bitcoin muss man derzeit 5,23 Unzen Gold bezahlen. Andersherum gesagt kostet eine Feinunze Gold aktuell nur noch 0,19 Bitcoin. Seit dem Tiefpunkt des Corona-Crashs konnte der Bitcoin den Goldpreis zunächst deutlich outperformen. Seit Anfang Mai konsolidiert das Ratio seitwärts. Gleichzeitig bahnt sich langsam, aber sicher der Ausbruch nach oben zugunsten des Bitcoins an. Auf Sicht der kommenden drei bis sechs Monate sollte ein erfolgreicher und nachhaltiger Ausbruch nach oben einen scharfen Anstieg der Bitcoin-Notierungen gegen Gold zur logischen Folge haben.

Grundsätzlich sollte man sowohl in Edelmetallen als auch in Bitcoins investiert sein. D.h. mindestens 10% und besser 25% seines Gesamtvermögens sollte man in physische Edelmetalle anlegen, während man in Kryptos und vor allem im Bitcoin zumindest 1% bis 5% halten sollte. Wer sich mit den Kryptowährungen und Bitcoin sehr gut auskennt und das Potenzial erkannt hat, kann individuell sicherlich auch deutlich höhere Prozentzahlen in Bitcoin allokieren. Für den normalen Anleger, der natürlich vor allem in Aktien und Immobilien investiert ist, sind 5% im hochspekulativen und hochvolatilen Bitcoin aber schon relativ viel.#

7. Fazit und Empfehlung

Unbeirrt schiebt sich der Goldpreis seit dem letzten Tiefpunkt bei 1.670 USD wieder Schritt für Schritt nach oben und erreichte am letzten Mittwoch mit 1.780 USD gerade erst ein frisches 8-Jahres-Hoch. Dieses Kursverhalten ist trotz der überkauften Gesamtsituation eindeutig bullisch.

Kumulierter Wert der wichtigsten Zentralbankbilanzen

Der Hauptgrund für den steigenden Goldpreis ist letztlich ganz einfach in den extremen Bilanzausweitungen aller Zentralbanken auf diesem Planeten zu finden. Diese ständig zunehmenden Geldmengenausweitungen sorgten bereits für den Beginn des Bullenmarktes bei den Edelmetallen im Jahre 2001. Seit der Finanzkrise 2008 kam es dann zu einem exponentiellen Schub, in dessen Folge sich der ansteigende Trend verschärfte. Die Corona-Krise hat erneut für einen noch größeren exponentiellen Schub gesorgt. Daraus lässt sich ganz banal auf Sicht der nächsten Jahre eine weitere Trendverschärfung und damit weiter explodierende Geldmengen ableiten.

Gold ist und bleibt dabei die Antidote zu dem weltweiten ungedeckten Kredit- und Papierwahnsinn. Gold ist Geld – alles andere ist Kredit. Dies ist eine über Jahrtausende bewährte Wahrheit. Angesichts der weltweiten monetären Zerrüttungen kann auch keine Rede mehr von einem freien Markt sein. Vielmehr handelt es sich um eine nicht enden wollende Verkettung von kläglich scheiternden Interventionen seitens der Politiker und Zentralbanker. Das Endergebnis ist bereits klar und eindeutig. Die Frage ist nur wann bzw. wie schnell kommt es zum Neustart bzw. zu einer Währungsreform in den einzelnen Staaten oder weltweit.

Leider zieht und zögert die Menschheit das Unabwendbare immer ins Unendlich hinaus, anstatt ein Ende mit Schrecken vorzuziehen. Daher müssen wir uns auf Sicht der kommenden Jahre auf einen gewaltigen Crack-Up-Boom einstellen, bei dem Nominal dank ständiger Geldmengenausweitungen vieles deutlich teurer werden wird, während die Realwirtschaft kaum oder nur partiell auf die Beine kommen wird.

Historisches Beispiel sind dabei insbesondere die Jahre 1920 bis 1923 der Weimarer Republik. Die sich beschleunigende Interventionsspirale können daher mindestens drei Jahre bis zum Höhepunkt brauchen. Da es sich um ein weltweites Phänomen handelt, sind aber auch fünf Jahre oder mehr denkbar. Gold und insbesondere Silber, aber natürlich auch der Bitcoin werden als Assets außerhalb des wankenden Finanzsystems, gewaltige nominale Anstiege sehen und bieten den idealen sicheren Hafen. Größere Rücksetzer von den aktuellen Preisniveaus sind wohl nicht mehr zu erwarten. Zu groß ist bereits die Schar derer, die jedes kleine Dip kaufen.

Auf Sicht der kommenden zweieinhalb Monaten gehe ich nun von einem Anstieg bis auf ca. 1.900 USD beim Gold aus. Im Anschluss könnte im Herbst die US-Wahl für einen deutlichen und gesunden Rücksetzer sorgen. Dabei könnte schon eine mehrwöchige Korrektur von z.B. 1.900 USD zurück bis auf 1.750 USD für einen stark überverkauften Goldmarkt sorgen. Erst im Anschluss, also ab dem Dezember 2020 dürfte sich dann die nächste Aufwärtswelle in Richtung der Allzeithochs um 1.920 USD auf den Weg machen. Diese sollte dann in 2021 für den Ausbruch sorgen und schnell Kurse oberhalb von 2.000 USD mit sich bringen.

Florian Grummes

Edelmetall- und Krypto-Experte

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