Seit gestern gelten die neuen Zölle der USA auf Wareneinfuhren aus China im Wert von 200 Milliarden Dollar. Wie von US-Präsident Donald Trump am vergangenen Sonntag angekündigt, wurden diese von bisher 10 % auf 25 % angehoben. Betroffen sind Produkte aus 5.700 Kategorien und damit rund 50 % der gesamten chinesischen Importe (siehe folgende Grafik).
China hat bereits Gegenmaßnahmen angedroht, ohne dabei konkret zu werden. Allerdings scheint es derzeit so, dass sich China zunehmend in einer schlechteren Verhandlungsposition befindet. Denn gegenüber der US-Wirtschaft hinterlässt der Handelsstreit in der chinesischen Konjunktur schon deutlich stärkere Bremsspuren.
Defizit der USA im Handel mit China sinkt
So ist der Handel zwischen den beiden Konfliktparteien durch die Strafzölle beider Seiten insgesamt deutlich eingebrochen - im ersten Quartal um 15,4 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Allerdings stiegen die Exporte der USA nach China im März um 1,4 Mrd. USD auf 10,5 Mrd. USD (+15 %), während die chinesischen Importe in die USA um 0,5 Mrd. USD auf 38,8 Mrd. USD zurückgingen (-1,2 %). Das US-amerikanische Handelsdefizit mit China ging dadurch im März um 1,9 Mrd. USD auf 28,3 Mrd. USD und damit auf den niedrigsten Stand seit April 2016 zurück.
Nur ein Teilerfolg – Importe kommen nun aus anderen Ländern
Genau dieses Ziel verfolgt Trump laut eigenen Angaben mit seiner „America first“-Politik. Klarer Gewinner ist allerdings zunächst lediglich der US-Fiskus. Denn bei ihm landen die zusätzlichen Zolleinnahmen. Und so können zumindest teilweise jene Löcher im Staatssäckel gestopft werden, die Trumps Steuer-und Haushaltspolitik aufgerissen hat. Die US-Firmen haben dagegen scheinbar noch relativ wenig von den protektionistischen Maßnahmen. Denn offenbar kommen die Importe zwar nun nicht mehr im vollen Umfang aus China, dafür aber aus anderen Ländern. Denn insgesamt ist das Handelsdefizit der USA im März gestiegen – um 0,7 auf 50,0 Mrd. USD (Februar: 49,3 Mrd. USD, siehe folgende Grafik).
Durch die US-Zölle werden chinesische Waren verteuert. Dies macht sie für Käufer aus den USA unattraktiver. Sind die gleichen Waren in anderen Ländern dadurch nun unter dem Strich günstiger, werden sie eben von dort importiert.
Zölle können Inflation antreiben
Das geht aber wohl nur zu einem etwas höheren Preis. Und das könnte die Inflation in den USA erhöhen. Eine leichte Tendenz in diese Richtung sehen wir bereits. Denn gestern wurden dazu frische Daten aus den USA geliefert. Und demnach sind die Verbraucherpreise im April um 2,0 % zum Vorjahr gestiegen. Im März lag die Teuerungsrate noch nur bei +1,9 %, nach sogar nur +1,5 % im März.
Auch die Kernrate legte mit aktuell 2,1 % wieder zu (März: +2,0 %), aber immerhin blieb sie zuletzt in der Nähe des Ziels der US-Notenbank (Fed) von rund 2 %. Damit gerät die Fed noch nicht unter Druck, die Zinsen weiter anzuheben. Allerdings erscheint damit die Zinssenkung, die vom Markt bereits weitestgehend eingepreist wurde, zunehmend unrealistisch. Zumal die neuen, höheren Zölle in den aktuellen Inflationsdaten ja noch gar nicht enthalten sind.
US-Notenbank steckt im Dilemma
Die US-Notenbank steckt damit in einem Dilemma. Einerseits befeuern die (höheren) Zölle die Inflation, was in einigen Monaten Zinsanhebungen erfordern könnte. Andererseits belasten die Zölle den Handel und damit die Wirtschaft, weshalb dies niedrigere Zinsen als Stütze für die Wirtschaft auf den Plan rufen könnte. Es wird sich zeigen, welcher Effekt sich letzten Endes durchsetzen wird. Noch kann die Fed jedenfalls problemlos ihre abwartende Haltung beibehalten.
Die Last der Aktienmärkte
Sollten sich aber entsprechende Tendenzen abzeichnen, wird sich dies auch wieder auf die Aktienmärkte auswirken. Aktuell lastet noch die Zollanhebung auf den Kursen. Zeichnet sich in den kommenden Monaten eine höhere Inflation ab, dürften die Zinssorgen zunehmen – und auch das wird die Aktienmärkte belasten. Wenn sich die Zölle negativ auf die US-Wirtschaft auswirken, könnte dies zwar wieder Zinssenkungsfantasien aufkommen lassen, die Wirtschaftsschwäche wird aber auch dann auf die Gewinne der Unternehmen und damit auf die Aktienkurse drücken. So oder so – die Börse hat mit der neuerlichen Eskalation im Handelsstreit eine zunehmend schwere Last zu tragen. Und daher bleibe ich bei der Erwartung, dass sich die „große Konsolidierung auf hohem Niveau“ in den US-Indizes fortsetzt.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Ihr
Sven Weisenhaus