- Eine wilde Fahrt seit März
- Zinsdifferenzen nahmen dem Dollar einen Teil des Aufwinds aus den Segeln
- Wahlen in den USA könnte in den kommenden Monaten zu Volatilität führen
Der US-Dollar ist die Reservewährung der Welt, was bedeutet, dass Zentralbanken auf der ganzen Welt ihn als Teil ihrer Reserven halten. Reservewährungen weisen drei Merkmale auf: Sie spiegeln politische Stabilität wider, da der Wert von Zentralbankwährungen aus dem vollen Vertrauen und der Kreditwürdigkeit des Staates stammt, der das gesetzliche Zahlungsmittel ausstellt. Wirtschaftliche Stabilität ist ein weiterer wichtiger Faktor. Reservewährungen müssen auch frei in andere Fremdwährungen konvertierbar sein.
Der US-Dollar-Index bildet die amerikanische Währung gegenüber einem Korb aus anderen Leitwährungen ab. Der Index wird im Derivatemarkt an der Intercontinental Exchange (ICE) gehandelt.
Quelle: ICE
Wie der Chart zeigt, macht der Euro 57,6% im Index aus. Die in 19 der 27 Staaten der Europäischen Union als Zahlungsmittel genutzte Währung ist die zweitgrößte Reservewährung der Welt.
Als im März infolge der weltweiten Verbreitung von Coronavirus an den Märkten die Hölle losbrach, fiel der Dollar-Index auf ein Tief von 94,61 und stieg dann Mitte März auf ein Hoch von 103,96 - seinem höchsten Wert seit 2002.
Diese Flucht in Qualität am Devisenmarkt brachte den Dollar auf ein Achtzehnjahreshoch. Ende letzter Woche lag der Dollar-Index jedoch unter dem Niveau von 98 und damit näher an seinem jüngsten Tief als am Hoch vom März.
Der Dollar-Index muss über dem Niveau von 94,61 bleiben, um den seit Februar 2018 bestehenden Aufwärtstrend aufrechtzuerhalten.
Wilde Fahrt seit März
Die Devisenmärkte weisen tendenziell geringe Kursschwankungen auf, aber die Bewegungen der Wechselkurse im März führten zu einem Anstieg der Volatilität.
Quelle: CQG
Der Wochenchart des Dollar-Index zeigt, dass die historische Volatilität im März mit über 19% den höchsten Stand seit vielen Jahren erreichte. Der Rückgang hat die Preisdynamik und die relativen Stärkeindikatoren unter neutrale Niveaus gebracht.
Das Open Interest, d.h. die Gesamtzahl der offenen Long- und Short-Positionen im Dollar-Index-Futures-Markt, lag Ende letzter Woche unter 19.000 Kontrakten. Die Preisbewegung im Index brachte das Open Interest auf den niedrigsten Stand seit über einem Jahrzehnt, als die Marktteilnehmer ihre Risikopositionen verließen.
Der mittelfristige Trend des Dollar-Index bleibt bullisch, aber der Index muss über dem Niveau von 94,61, dem Tief vom März, bleiben, um den Trend am Leben zu erhalten.
Zinsdifferenzen haben dem Dollar etwas den bullischen Wind aus den Segeln genommen
Der vielleicht wichtigste Faktor für die Stärke des Dollar-Index seit 2018 war die große Kluft zwischen den Zinssätzen in den USA und der Eurozone. Der kurzfristige US-Leitzins stieg auf über 2%, während der Einlagensatz in Europa im negativen Bereich blieb. Während die EZB den kurzfristigen Zinssatz in den letzten Monaten um zehn Basispunkte auf minus fünfzig Basispunkte senkte, verringerte die US-Notenbank ihren Zinssatz auf null.
Das überzeugende Argument, Euro zu verkaufen und Dollar zu kaufen, um von der Renditedifferenz zu profitieren, verschwand, als die globale Pandemie die Zentralbanken dazu veranlasste, zu drastischen geldpolitischen Maßnahmen zurückzukehren. Der Rückgang der Renditedifferenzen ist einer der Gründe für den Rückgang des Dollar-Index, da der Euro fast 58% im Index ausmacht.
Wahlen in den USA könnte in den kommenden Monaten zu Volatilität führen
Die Unsicherheit über die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA ist ein weiterer Faktor, der die Dollarbewertung unter Druck setzt. Das Rennen bis November zwischen Präsident Trump und dem ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden wird ein Referendum über die Erfolge des amtierenden Präsidenten sein.
Gleichzeitig werden sie die Zukunft der Steuer-, Regulierungs- und Energiepolitik sowie vieler anderer Themen für die kommenden Jahre bestimmen.
Die derzeitige Regierung hat sich für einen schwächeren Dollar eingesetzt, da hierdurch die US-Exporte auf den Weltmärkten wettbewerbsfähiger und die Gewinne multinationaler US-Unternehmen erhöht werden. Darüber hinaus kann der fallende Dollar ein wesentliches Instrument bei Handelsverhandlungen sein. Frühere Administrationen haben hingegen eine Politik des starken Dollars befürwortet.
Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten voraussichtlich eine anhaltende Volatilität des Dollar-Index sehen. Jede Bewegung unter 94,61 und 93,395, dem Tief vom September 2018, wäre ein technischer Ausbruch nach unten. Als Reservewährung der Welt könnte der Weg des geringsten Widerstands des US-Dollars über das gesamte Jahr 2020 hinweg Folgen für alle Anlageklassen haben.
Ertragsunterschiede und Unsicherheiten wegen der Wahlen im November könnten zu erheblichen Kursschwankungen beim Dollar führen und das Risiko mit sich bringen, den seit dem Tiefststand des Index Anfang 2018 begonnenen Aufwärtstrend zu beenden.