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Lieferketten: Der Engpass in der Containerschiffahrt

Veröffentlicht am 14.06.2021, 13:34
HLAG
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von Wolfgang Müller

Ende März war die Schiffshavarie der Ever Given im Suezkanal Thema in allen Medien. Hunderte von Riesenschiffen warteten auf ihre Durchfahrt, der globale Warenverkehr stockte, Lieferketten wurden unterbrochen, die Transportkosten schossen weiter in die Höhe. Doch auch nach Beseitigung der Blockade normalisierte sich der Warenverkehr auf den Meeren nicht, zu stark stieg die Nachfrage nach Gütern in der Weltwirtschaft und ihrem Reopening nach der großen Pandemie. Wie wird es weiter gehen mit dem Engpass? Ein Interview mit dem CEO der größten deutschen Reederei Hapaq-Loyd gibt einen kleinen Einblick in die Gemengelage.

Die Frachtpreise auf ihrer Mondfahrt

Angesichts der Tatsache, dass über 90 Prozent des Warenverkehrs über die Meere stattfinden, spielt die Entwicklung bei den Containern, ihre Verfügbarkeit und den damit verbundenen Preisanstiegen eine große Rolle. Hier eine Preisübersicht von Arbor „up to the moon“!

Grafik zeigt Frachtraten in der Containerschiffahrt

Die Lage bei den Containerschiffen

In einem Interview in der Zeitschrift „Welt“ vom Freitag äußerte sich der Chef einer der größten Reedereien der Welt, Habben Jansen von Hapaq -Loyd zur Situation bei den Engpässen. Hier ein paar Aussagen zu dem Umfeld Knappheit und Preisentwicklung bei Containern und natürlich der Gewinnexplosion der Reedereien:

  • „Alle unsere Schiffe sind im Einsatz, wenn wir noch eines bekommen nehmen wir es, egal wie teuer es ist. Es ist eine Folgen des Einbruchs während der Pandemie, in der die Nachfrage über Nacht zusammengebrochen ist.
  • Aus Asien können wir derzeit 80.000 Container (TEO) transportieren, die Buchungsanfrage vor drei Wochen bewegten sich aber auf einer Million Container. Dabei sind aber auch Kunden, die bei anderen Anbietern parallel nachfragen.“
  • Bei der Pünktlichkeit des Transports gebe es es noch Unterschiede bei den Routen. Nach Ansicht Jansens werde diese Verzögerung von Europa nach Asien und den USA noch bis ins vierte Quartal andauern, von Asien nach Europa sei er optimistisch, dass es bereits im dritten Quartal besser laufen werde.
  • Durch die Abfertigungsschwierigkeiten bekomme Hapaq-Loyd Leercontainer erst nach 60 Tagen zurück, normal seien 50 Tage, so dass man derzeit 20 Prozent mehr an Kapazität benötige. Zur Gewinnsteigerung des Unternehmens:
  • Natürlich sind die Preise durch den Nachfrageboom drastisch gestiegen. Deshalb ist auch der Gewinn der fünftgrößten Reederei im ersten Quartal 2021 um 1500 Prozent auf 1,45 Milliarden Euro gestiegen. Aber die weltweite Containerschifffahrt habe auch in den letzten zehn Jahren Milliarden verloren, es habe kaum ein Unternehmen in zusätzliche Kapazitäten investiert.
  • Bei kurzfristig gebuchten Transporten käme es gerade zu irrationalen Frachtpreisen. Diese hätten sich bei Hapag-Lloyd im ersten Quartal von 400 auf 1500 Dollar je Standardcontainer erhöht. Normalerweise buchen Kunden in langfristigen Verträgen, es gebe aber auch Fälle, dass sich ein Kunde gegen eine längerfristige Auftragsvergabe entschiedet und vielleicht auf sinkende Frachtpreise spekuliert hat. Damit habe man derzeit aber die falsche Entscheidung getroffen.
  • Aber nach Ansicht Habbens sollte man dies nicht überbewerten. Das werde sich wieder normalisieren. Die Preise werden kurzfristig auf ein normales Niveau heruntergehen. Der CEO von Hapag-Lloyd (DE:HLAG) schätzt (oder hofft: Persönliche Anmerkung), dass sie dann um zehn bis 20 Prozent über dem Durchschnitt des Jahres 2019 und damit vor der Pandemie liegen werden.

Fazit

Wie immer gibt es nahezu in jeder wirtschaftlichen Ausnahmesituation Gewinner, so wie aktuell die Reedereien mit den explodierten Frachtraten. Natürlich werden sich diese Kosten auf die Produktpreise auswirken, aber ein weiteres Mal stellt sich hier die Frage nach der Dauerhaftigkeit der Entwicklung – Stichwort transitory. Aber die Erläuterungen des Hapaq-Loydchefs deuten darauf hin, dass es noch in diesem Jahr zu einer Normalisierung kommen wird. Bei einer Verdreifachung der Preise wird man jeden „Kutter“ zum Transport einsetzen und die Nachfrage wird sich nach dem Nachfrageschub wieder normalisieren – die ein Lockdown verursacht hat, mit viel Quarantäne und erzwungenem Verzicht der Konsumenten.

Aber Corona hat keine Zerstörungen verursacht wie Naturkatastrophen oder Weltkriege, so dass sich die Lieferketten wieder normalisieren werden. Es gab vor Corona etwa 38 Millionen Standardcontainer im Einsatz – übrigens passen in einen einzigen über 10.000 Jeans. Der Preisauftrieb bei den Produkten sollte sich in Grenzen halten. Das größere Problem entsteht sicher aus der Problemlage Demographie, Lohn-Preis-Spirale, Deglobalisierung. Aber ob dieses jetzt gleich alles auf einmal wirksam wird, eineinhalb Jahre nach dem Auftauchen von Covid-19? Haben wir nicht auch gelernt, wie schnell sich Industrien auf verändere Bedingungen einstellen können?

Dieser Artikel erschien zuerst auf finanzmarktwelt

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