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Einleitende Bemerkungen zur Pressekonferenz

Veröffentlicht am 09.03.2017, 09:35

Mario Draghi, Präsident der EZB,
Vítor Constâncio, Vizepräsident der EZB,
Frankfurt am Main, 9. März 2017

Sehr geehrte Damen und Herren, der Vizepräsident und ich freuen uns sehr, Sie zu unserer Pressekonferenz begrüßen zu dürfen. Wir werden Sie nun über die Ergebnisse der heutigen Sitzung des EZB-Rats informieren.

Auf der Grundlage unserer regelmäßigen wirtschaftlichen und monetären Analyse haben wir beschlossen, die Leitzinsen der EZB unverändert zu lassen. Wir gehen weiterhin davon aus, dass sie für längere Zeit und weit über den Zeithorizont unseres Nettoerwerbs von Vermögenswerten hinaus auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden. Was die geldpolitischen Sondermaßnahmen betrifft, so bestätigen wir, dass die Ankäufe im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme – APP) im derzeitigen Umfang von monatlich 80 Mrd € bis zum Ende des laufenden Monats fortgesetzt werden. Der Nettoerwerb von Vermögenswerten soll ab April 2017 bis Ende Dezember 2017 oder erforderlichenfalls darüber hinaus im Umfang von monatlich 60 Mrd € erfolgen und in jedem Fall so lange, bis der EZB-Rat eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennt, die mit seinem Inflationsziel im Einklang steht. Der Nettoerwerb von Vermögenswerten wird parallel zur Reinvestition der Tilgungszahlungen für im Rahmen des APP erworbene und fällig werdende Wertpapiere durchgeführt.

Unsere geldpolitischen Maßnahmen haben weiterhin zur Wahrung der sehr günstigen Finanzierungsbedingungen beigetragen, die erforderlich sind, um eine nachhaltige Annäherung der Inflationsraten an ein Niveau von unter, aber nahe 2 % auf mittlere Sicht sicherzustellen. Ihre anhaltende Transmission auf die Kreditbedingungen für Unternehmen und private Haushalte fördert die Kreditschöpfung und unterstützt die sich kontinuierlich festigende Erholung der Wirtschaft im Euro-Währungsgebiet. Stimmungsindikatoren deuten darauf hin, dass die konjunkturelle Erholung womöglich an Dynamik gewinnt. Die Gesamtinflation ist erneut gestiegen, was in erster Linie auf eine Zunahme der Energie- und Nahrungsmittelpreisinflation zurückzuführen war. Der Druck auf die Kerninflation bleibt jedoch verhalten. Der EZB-Rat wird auch künftig Änderungen der HVPI-Teuerungsrate außer Acht lassen, die als vorübergehend erachtet werden und bei denen davon ausgegangen wird, dass sie keine Auswirkungen auf die mittelfristigen Aussichten für die Preisstabilität haben.

Es bedarf weiterhin eines sehr erheblichen Grads an geldpolitischer Akkommodierung, damit sich Druck auf die Kerninflation aufbaut und die Gesamtinflation auf mittlere Sicht gestützt wird. Sollten sich die Aussichten eintrüben oder die Finanzierungsbedingungen nicht mehr mit einem weiteren Fortschritt hin zu einer nachhaltigen Korrektur der Inflationsentwicklung im Einklang stehen, so sind wir bereit, das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten im Hinblick auf Umfang und/oder Dauer auszuweiten.

Gestatten Sie mir nun, unsere Einschätzung näher zu erläutern und dabei mit der wirtschaftlichen Analyse zu beginnen. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Euroraums erhöhte sich im Schlussquartal 2016 um 0,4 % gegenüber dem Vorquartal nach einem vergleichbaren Wachstum im dritten Jahresviertel. Aktuelle Daten, vor allem Umfrageergebnisse, bestärken uns in der Einschätzung, dass der gegenwärtige Konjunkturaufschwung sich weiter festigen und an Breite gewinnen wird. Die Transmission unserer geldpolitischen Maßnahmen unterstützt die Binnennachfrage und erleichtert den anhaltenden Prozess des Verschuldungsabbaus. Die Erholung der Investitionstätigkeit wird weiterhin durch sehr günstige Finanzierungsbedingungen und eine Verbesserung der Ertragslage der Unternehmen gefördert. Darüber hinaus hat der anhaltende Beschäftigungszuwachs, der auch von vergangenen Strukturreformen profitiert, positive Auswirkungen auf das real verfügbare Einkommen der privaten Haushalte und stützt so die privaten Konsumausgaben. Zugleich gibt es Anzeichen für eine etwas stärkere weltweite Erholung und einen anziehenden Welthandel. Allerdings wird das Wirtschaftswachstum im Eurogebiet den Erwartungen zufolge durch die schleppende Umsetzung von Strukturreformen und noch erforderliche Bilanzanpassungen in einer Reihe von Sektoren gebremst.

Diese Einschätzung deckt sich weitgehend mit den von Experten der EZB erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen für das Euro-Währungsgebiet vom März 2017. Den dort enthaltenen Berechnungen zufolge wird das jährliche reale BIP 2017 um 1,8 %, 2018 um 1,7 % und 2019 um 1,6 % steigen. Gegenüber den im Dezember 2016 von Experten des Eurosystems erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen wurde der Ausblick für das Wachstum des realen BIP für die Jahre 2017 und 2018 leicht nach oben korrigiert. Die Risiken für die Wachstumsaussichten des Euroraums haben sich abgeschwächt, es überwiegen aber weiterhin die Abwärtsrisiken, die sich hauptsächlich aus globalen Faktoren ergeben.

Der Vorausschätzung von Eurostat zufolge erhöhte sich die jährliche am HVPI gemessene Teuerungsrate für das Euro-Währungsgebiet im Februar weiter auf 2,0 % nach 1,8 % im Januar 2017 und 1,1 % im Dezember 2016. Ursächlich hierfür war vor allem ein deutlicher Anstieg der jährlichen Änderungsrate der Preise für Energie und unverarbeitete Nahrungsmittel, während es bislang keine Anzeichen für einen überzeugenden Aufwärtstrend der Kerninflation gibt. Die Gesamtinflation dürfte in den nächsten Monaten auf einem Niveau in der Nähe von 2 % bleiben, und zwar großenteils aufgrund von Bewegungen der Jahresänderungsrate der Energiepreise. Die Messgrößen der Kerninflation befinden sich jedoch weiterhin auf einem niedrigen Niveau und dürften, getragen von unseren geldpolitischen Maßnahmen, der erwarteten Fortsetzung der Konjunkturerholung und der damit verbundenen allmählichen Absorption der Unterauslastung, mittelfristig nur langsam ansteigen.

Dieses Verlaufsmuster ist auch in den von Experten der EZB erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen für das Euro-Währungsgebiet vom März 2017 zu erkennen. Den dort enthaltenen Berechnungen zufolge wird sich die jährliche HVPI-Inflation 2017 auf 1,7 %, 2018 auf 1,6 % und 2019 auf 1,7 % belaufen. Gegenüber den von Experten des Eurosystems erstellten gesamtwirtschaftlichen Projektionen vom Dezember 2016 wurde der Ausblick für die HVPI-Gesamtinflation für 2017 erheblich und für 2018 leicht nach oben korrigiert; die Zahlen für 2019 blieben hingegen unverändert. Die Projektionen der Experten beruhen auf der Annahme einer vollständigen Umsetzung all unserer geldpolitischen Maßnahmen.

Was die monetäre Analyse betrifft, so setzt sich das robuste Wachstum der weit gefassten Geldmenge (M3) fort; die Jahreswachstumsrate lag im Januar 2017 bei 4,9 % nach 5,0 % im Dezember 2016. Wie bereits in den Vormonaten wurde der jährliche Zuwachs von M3 hauptsächlich durch die liquidesten Komponenten der weit gefassten Geldmenge gestützt; so belief sich die Jahreswachstumsrate des eng gefassten Geldmengenaggregats M1 im Januar 2017 auf 8,4 % nach 8,8 % im Dezember 2016.

Die Kreditdynamik setzte ihre seit Jahresbeginn 2014 verzeichnete allmähliche Erholung fort. Die jährliche Wachstumsrate der Buchkredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften belief sich im Januar 2017 wie im Vormonat auf 2,3 %. Die Jahreswachstumsrate der Buchkredite an private Haushalte erhöhte sich im Januar 2017 auf 2,2 % nach 2,0 % im Dezember 2016. In der Entwicklung der Bankkredite kommen zwar nach wie vor deren verzögerte Reaktion auf den Konjunkturzyklus, das Kreditrisiko sowie die anhaltenden Bilanzanpassungen im finanziellen und nichtfinanziellen Sektor zum Ausdruck, doch die seit Juni 2014 ergriffenen geldpolitischen Maßnahmen wirken sich deutlich positiv auf die Kreditbedingungen für Unternehmen und private Haushalte und somit auf die Kreditströme im gesamten Euroraum aus.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Gegenprüfung der Ergebnisse der wirtschaftlichen Analyse anhand der Signale aus der monetären Analyse die Notwendigkeit bestätigte, einen sehr erheblichen Grad an geldpolitischer Akkommodierung beizubehalten, um eine möglichst baldige und nachhaltige Rückkehr der Inflationsraten auf ein Niveau von unter, aber nahe 2 % sicherzustellen.

Andere Politikbereiche müssen wesentlich entschlossener zur Stärkung des Wirtschaftswachstums beitragen, damit unsere geldpolitischen Maßnahmen ihre volle Wirkung entfalten können. Die Umsetzung von Strukturreformen muss deutlich intensiviert werden, um die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen, die strukturelle Arbeitslosigkeit zu verringern und das Wachstum des Produktionspotenzials zu steigern. Vor dem Hintergrund einer insgesamt begrenzten Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen im Jahr 2016 sind 2017 in allen Ländern des Euro-Währungsgebiets größere Reformanstrengungen erforderlich. Was die Finanzpolitik betrifft, so sollten alle Länder ihre Anstrengungen im Hinblick auf eine wachstumsfreundlichere Ausgestaltung der öffentlichen Finanzen verstärken. Eine im Zeitverlauf und länderübergreifend vollständige und einheitliche Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts und des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht bleibt unerlässlich, um das Vertrauen in den Steuerungsrahmen der EU zu sichern.

Wir sind nun gerne bereit, Ihre Fragen zu beantworten.

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