Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0862 (05:44 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0781 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 127,40. In der Folge notiert EUR-JPY bei 138,40. EUR-CHF oszilliert bei 1,0027.
Finanzmärkte: Risikofreude dominant
An den Finanzmärkten dominiert weiter der Wille zur Risikobereitschaft. Aktienmärkte sind bei nur wenigen Ausnahmen (Nikkei) freundlich gestimmt.
Hintergründe für die Risikobereitschaft sind multikausal. In der zurückliegenden Woche erreichten uns von der Inflationsfront überwiegend entspannende Signale, die im Sektor der Zinserwartungen dämpfende Wirkung entfalteten. Die Verbraucherpreise der USA fielen signifikant. Aber auch aus Deutschland kamen am Freitag entspannende Nachrichten. Die Preise für Agrargüter schwächten sich per November weiter ab. Im Jahresvergleich lag die Zunahme bei 31,9% im Jahresvergleich (Oktober 37,9%, September 40,3%).
Daneben ergaben sich von der Konjunkturfront überwiegend keine Störfeuer. So erwartet US-Finanzministerin Yellen eine sanfte Landung der US-Wirtschaft. Aus Deutschland erreichte uns am Freitag beispielsweise nachfolgende Nachricht. Laut Studie des IMK nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Rezession im ersten Quartal 2023 auf 29% ab. Im Dezember lag dieser Wert für die kommenden drei Monate noch bei 52,5%.
Das Thema des Ukraine-Konflikts scheint an den Finanzmärkten weniger Einfluss zu haben. Derzeit ist kein Pfad in Richtung Entspannung erkennbar.
An den Rentenmärkten dominierte im Wochenvergleich weiter Entspannung. Die Rendite der 10 jährigen Bundesanleihe stellt sich heute früh auf 2,16% (Vorwoche 2,19%). Zwischenzeitlich wurde der Tiefstwert in der letzten Berichtswoche bei 2,07% markiert. 10 jährige US-Staatstitel rentieren aktuell mit 3,50% (Vorwoche 3,56%). Hier wurde der Renditetiefststand in der letzten Woche bei 3,43% markiert.
Der USD steht weiter unter Druck. Der EUR hält die erhöhten Niveaus. Der JPY markierte aktuell die höchsten Niveaus gegenüber dem USD seit Mai 2022.
Die edlen Metalle können aus dieser Konstellation profitieren. Gold hat die Marke von 1900 USD pro Unze klar überboten und Silber konnte sich solide über 24 USD etablieren.
Deutschland rutscht ans Ende der ZEW-Liste attraktiver Wirtschaftsstandorte
Im internationalen Länderranking, das seit 2006 vom ZEW (Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim) ermittelt wird, ist Deutschland ist laut einem Vorabbericht in der Rangliste attraktiver Wirtschaftsstandorte auf einen der letzten Plätze abgerutscht. Im internationalen Länder-Ranking des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erreicht Deutschland nur noch Platz18 von 21 Industrieländern.
Der Befund zur Position Deutschlands bietet laut ZEW erheblichen Anlass zur Sorge. Die Hintergründe für diese Entwicklung lägen bei der Bürokratie, hoher Steuerbelastung, langsamer Innovationsbereitschaft und zusätzlich bei hohen Energiekosten und Arbeitskräftemangel. Die besten Bedingungen für Unternehmer gebe es der ZEW-Studie zufolge zur Zeit in den USA, gefolgt von Kanada und Schweden. Die Schweiz kommt auf den vierten Platz, stärkster Aufsteiger ist Polen. Im Index liegen nur noch Ungarn, Spanien und Italien hinter uns.
Kommentar: Diese Untersuchung sollte in Berlin ein massives Echo finden. Die Zukunftsfähigkeit des deutschen Standorts ist gefährdet mit massivsten Konsequenzen für Wohlstand und politische Stabilität. Nur extreme Subventionsprogramme (200 MRD. EUR-Paket) verhinderten bisher die Folgen der jüngeren Außenpolitik. Ohne dieses Programm der Abschirmung hätte ein markantes Insolvenzszenario eingesetzt. Dieses Programm löst jedoch kein Problem, sondern es kauft zunächst nur Zeit bis Mitte 2024.
Seit der Ära Merkel erneuert sich Deutschland nicht mehr nennenswert. Im Gegenteil lieferte beispielsweise die Energiewende ohne Netz (aus wahltaktischem Kalkül seinerzeit) kontraproduktive Akzente. Die zusätzlichen markanten Belastungen durch die aktuelle Außenpolitik, die existentielle Risiken für den Investitionsstandort begründet, nagt an unserem Kapitalstock (Summe aller Unternehmen), die für alle relevanten Zahlungsströme an Staat und private Haushalte verantwortlich zeichnet. Die Strukturen (Aristoteles) sind erschüttert.
IWF: Starke Fragmentierung könnte die weltweite Wirtschaftsleistung erheblich verringern
Laut einem vom IWF gestern veröffentlichten Bericht könnte eine starke Fragmentierung der Weltwirtschaft die globale Wirtschaftsleistung um bis zu 7% reduzieren. In einigen Ländern könne das Bruttoinlandsprodukt sogar um 8% – 12% sinken. Im Fall einer begrenzten Fragmentierung könne das globale BIP um 0,2% zurückgehen. Die globalen Waren- und Kapitalströme seien seit der weltweiten Finanzkrise 2008-2009 abgeflacht und die Handelsbeschränkungen hätten seitdem zugenommen.
Die Corona-Pandemie und der Einmarsch Russlands in die Ukraine hätten die internationalen Beziehungen weiter belastet und die Skepsis gegenüber den Vorteilen der Globalisierung verstärkt. Das Aufbrechen der Handelsbeziehungen nach Jahrzehnten der wirtschaftlichen Integration werde sich besonders negativ auf Länder mit niedrigem Einkommen und auf weniger wohlhabende Verbraucher in hochentwickelten Volkswirtschaften auswirken.
Kommentar: Der IWF beschreibt das Risiko für die Weltwirtschaft in korrekter Manier. Interessant ist die Frage nach den Ursachen dieser Entwicklung. In meinen Augen ist die Kernursache die Frage, ob eine globalisierte Welt auf einer gesetzesbasierten Ordnung (u.a. WTO, UN-Charta), wie sie von aufstrebenden Ländern eingefordert wird, oder in einer US-regelbasierten Ordnung geführt wird, in der die USA vom Rest der Welt Unterordnung einfordern (= Aufgabe der Souveränität, nicht konform mit UN-Charta) und sich selbst den Regeln nicht unterwerfen.
Dieser US-Politikansatz stellt meines Erachtens westliche Werte in Frage, da damit totalitäre Politikansätze pro USA einhergehen. Alle die Globalisierung beschädigenden Konflikte drehen sich nicht explizit, aber implizit um diese Machtfrage.
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Eurozone: Positive Daten bei Handelsbilanz und Industrieproduktion
Die Handelsbilanz wies per November in der saisonal bereinigten Fassung ein Defizit in Höhe von -15,20 Mrd. EUR nach zuvor -28,10 Mrd. EUR (revidiert von -28,3 Mrd. EUR) aus.
Die Industrieproduktion stieg per November im Monatsvergleich um 1,0% (Prognose 0,5%) nach zuvor -1,9% (revidiert von -2,0%). Im Jahresvergleich übersetzte sich das in einen Anstieg um 2,0% (Prognose 0,5%) nach zuvor 3,4%.
Deutschland: Laut vorläufiger Berechnung wuchs das BIP im Jahr 2022 um 1,9% (Prognose 1,8%) nach 2,6% per 2021.
Frankreich: Die Verbraucherpreise sanken per Dezember gemäß finaler Berechnung im Monatsvergleich um 0,1% (Prognose und vorläufiger Wert 0,1%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 6,7% (Prognose und vorläufiger Wert 6,7%).
Spanien: Die Verbraucherpreise nahmen per Dezember im Monatsvergleich um 0,2% (Prognose 0,3%) zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 5,7% (Prognose 5,8%).
UK: Daten wenig erbaulich
Das BIP legte per November im Monatsvergleich um 0,1% (Prognose-0,2%) nach zuvor 0,5% zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 0,2% (Prognose 0,3%) nach zuvor 1,1% (revidiert von 1,5%).
Die Industrieproduktion sank per November im Monatsvergleich um 0,2% (Prognose -0,3%) nach zuvor -0,1% (revidiert von 0,0%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 5,1% (Prognose -3,0%) nach zuvor -4,7% (revidiert von -2,4%).
Die Handelsbilanz wies per November ein Defizit in Höhe von 15,623 Mrd. GBP Aus. Die Prognose lag bei 14,90 Mrd. GBP. Der Vormonatswert wurde von -14,47 auf -12,25 Mrd. GBP revidiert.
USA: Importpreise höher, Verbrauchervertrauen auch
Die Importpreise nahmen per Dezember im Monatsvergleich unerwartet um 0,4% zu (Prognose -0,9%). Der Vormonatswert wurde von -0,6% auf -0,7% angepasst. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 3,5% nach zuvor 2,7%.
Der Index des Verbrauchervertrauens nach Lesart der Universität Michigan legte laut vorläufigen Daten per Januar von zuvor 59,7 auf 64,6 Punkte zu (Prognose 60,5).
Russland: CPI niedriger als erwartet (J)
Die Verbraucherpreise nahmen per Dezember im Monatsvergleich um 0,8% (Prognose 1,0) nach zuvor 0,4% zu. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 11,9% (Prognose 12,2%) nach zuvor 12,0% ein.
Japan: Erzeugerpreise höher als erwartet
Die Erzeugerpreise stiegen per Dezember im Monatsvergleich um 0,5% (Prognose 0,3%) und im Jahresvergleich um 10,2% (Prognose 9,5%, Vormonat 9,7%).
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, dass bei dem Währungspaar EUR/USD eine neutrale Haltung favorisiert.
Viel Erfolg
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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