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Rohstoff-Souveränität: Amerika hängt Europa ab

Veröffentlicht am 02.07.2024, 10:45
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Europa braucht neue Minen, doch der Bergbau steht trotz anderslautender Pläne der Politik vor fast unlösbaren Herausforderungen. In Nordamerika dagegen entwickelt sich auf der Jagd nach Lithium, Kupfer und Seltenen Erden gerade eine erhebliche Dynamik.

21 Mio. Australische Dollar – ungefähr 13 Mio. EUR – ist das australische Unternehmen Chariot Corp. (ASX: C99, WKN: A3EWMX, ISIN: AU0000294498) derzeit an der Börse wert – nicht viel im Vergleich zu Bergbauriesen wie Rio Tinto (LON:RIO) (100 Mrd. EUR) oder BHP (ASX:BHP) (136 Mrd. EUR).

Trotzdem spielt das 2019 gegründete Unternehmen in einem Punkt in der ersten Liga mit: Beim Zugang zu Ländereien. 121 km2 groß ist das Gebiet, das Chariot in der McDermitt-Caldera im Südosten von Oregon und im Norden von Nevada kontrolliert. Nur ein Unternehmen kommt in der Gegend auf noch größere Flächen: Lithium Americas (NYSE:LAC).

Nordamerikanische Lithium-Hoffnungen ruhen auf Supervulkan

Die McDermitt Caldera ist Teil eines "Supervulkans", der mit der nordöstlichen Wanderung des Yellowstone Hot Spots relativ zur nordamerikanischen Platte in Verbindung steht.

Hier laufen seit einigen Jahren die Prozesse ab, die die USA unabhängig von chinesisch dominierten Rohstoffmärkten machen sollen. 2023 hatte ein Gericht grünes Licht für den Baubeginn bei der Mine gegeben: Thacker Pass ist laut dem Eigentümer Lithium Americas "die größte bekannte Lithiumquelle in den Vereinigten Staaten" und die drittgrößte der Welt und enthält gemessene (7,0 Mio. t), angezeigte (9,1 Mio. t) und abgeleitete (3,0 Mio. t) Mineralressourcen von 19,1 Mio. t LCE – genug für die Produktion von einer Million E-Autos pro Jahr.

Ganz in der Nähe liegt ein zweites Projekt im Besitz von Jindalee. Dieses enthält eine angezeigte (11,1 Mio. t) und abgeleitete (10,4 Mio. t) Mineralressource von 21,5 Mio. t LCE.

Die Geologen von Chariot haben das Resurgent-Projekt in unmittelbarer Nachbarschaft von Lithium Americas und Jindalee nicht zufällig ausgewählt. Die Experten vermuten ähnliche Merkmale wie bei den beiden benachbarten Tier-1-Lagerstätten. Resurgent East etwa enthält die gleichen Grabensedimente wie Thacker Pass, auch beim Ablagerungsmodell gibt es offenbar höchste Ähnlichkeit.

Resurgent North grenzt an das Projekt von Jindalee und wird als dessen geologische Erweiterung betrachtet. So folgt der nördliche Teil von Resurgent – basierend auf den Ergebnissen von Gesteinssplittern – derselben stratigraphischen Abfolge. Chariot visiert nun ein zusätzliches Bodenprobenprogramm und die Planung von Bohrzielen an.

Dass ein relativ kleines Explorationsunternehmen an einem geologisch so seltenen Hotspot wie der McDermitt Caldera aktiv sein kann, zeigt die Möglichkeiten, die sich Explorationsteams in Nordamerika bieten.  Die US-Politik hat sich mit IRA und anderen Maßnahmen klar für den Aufbau einer eigenständigen Rohstoffversorgung entschieden.

Lithium in Europa: "Jadar" liegt auf Eis

Das gilt auch in Europa – aber nur auf dem Papier. Sinnbildlich für die Schwierigkeiten bei der Erschließung von Lagerstätten steht Rio Tinto. Der Bergbauriese will in Serbien das Lithiumprojekt Jadar realisieren. Jadar ist eines der größten Lithiumvorkommen der Welt (zusätzlich lagert dort Bor). Die 2004 entdeckte Lagerstätte könnte 90 % des aktuellen Lithiumbedarfs Europas decken. Doch das Projekt kommt nicht voran: 2022 gab es Proteste, die Regierung in Belgrad versagte notwendige Genehmigungen.

Ausgerechnet die chinesische Zeitung Global Tines – eine der zwei landesweiten englischsprachigen Tageszeitungen in China und unter der Schirmherrschaft der Kommunistischen Partei – registriert, dass die Versuche Europas, die Abhängigkeit von weit entfernten Importländern zu verringern, kaum vorankommen.

Zwar wurden mit dem "Critical Raw Materials Act" Ziele für einige strategische Rohstoffe festgelegt: Bis 2030 will die EU mindestens 10 Prozent des jährlichen Bedarfs abbauen, 25 Prozent recyceln und 40 Prozent verarbeiten.

Die Chinesen bringen es auf den Punkt: Die wichtigste Maßnahme bei dem Ziel seien neuen Minen. Aber: Der Bergbau in Europa ist teurer als in vielen seiner internationalen Konkurrenten. Herausforderungen wie hohe Arbeitskosten und strenge Umweltrichtlinien, ein lange Zeit ausgebliebener technischer Fortschritt in der heimischen Bergbauindustrie und hohe Energiekosten seien kaum zu bewältigende Herausforderungen.

Europa fehlt es an Dynamik

Europa fehlt es bei der Renaissance seines Bergbaus an Dynamik – die andernorts aber vorhanden ist. Deshalb droht der Kontinent bei der Neuaufstellung der globalen Rohstoffströme ins Hintertreffen zu geraten.

Nicht nur der ambitionierte Explorer Chariot mit seinem geologisch verheißungsvollen Projekt in der McDermitt Caldera ist ein Beispiel dafür, dass der Kampf um Rohstoff-Souveränität in Nordamerika energischer geführt wird.

Das kanadische Tiefseebergbau-Explorationsunternehmen The Metals Company (TMC) berichtete am Mittwoch über die erfolgreiche Produktion des weltweit ersten Kobaltsulfats aus polymetallischen Knollen vom Meeresboden – nachdem dasselbe einen Monat zuvor bereits mit Nickelsulfat gelungen war.

Dr. Jeffrey Donald, Leiter der Onshore-Entwicklung bei TMC, sieht darin einen Schub "für die gesamte Tiefseebodenmineralienindustrie", die in den Startlöchern stehe. Europa steht in diesem Bereich dagegen noch ganz am Anfang.

Nordamerikanische Bergbauunternehmen entfalten auch außerhalb westlicher Länder eine beträchtliche Dynamik. So konnte etwa das kanadische Unternehmen Ivanhoe Mines (TSX:IVN) Fortschritte in der Komoa-Kakula-Mine in der DR Kongo vermelden. Der Komplex steigt in den kommenden Monaten zum drittgrößten Kupferlieferanten der Welt auf – vor dem ursprünglichen Zeitplan.

Ändert sich nichts, wird Nordamerika Europa in den kommenden Jahren bei der Versorgung mit wichtigen Rohstoffen komplett abhängen – mit allen Folgen für den Wirtschaftsstandort diesseits des Atlantiks.

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