Wie schwach die derzeitige Marktverfassung der US-Börsen (ETR:SXR4) ist, zeigt sich am Dow Jones, der gestern unter seinem 50-Tage Durchschnitt geschlossen hat. Die Stärke der Technologietitel, die erneut gefragt waren, übertüncht diese Realität. Eigentlich hatten sich die Börsianer darauf eingestellt, dass im Laufe des Tages die Zwischenergebnisse aus der einstündigen neuen Verhandlungsrunde um das US-Schuldenlimit veröffentlicht werden. Es gab dazu jedoch nichts Griffiges. Der Sprecher des Repräsentantenhauses Kevin McCarthy gab zu Protokoll, dass die Positionen unverändert weit auseinander lägen. Jedoch bestünde weiterhin die Chance auf eine Einigung. Bereits vor Beginn der Gespräche wurde bekannt, dass Joe Biden seine anstehende Asienreise abkürzen wird, um an den weiteren Diskussionen teilnehmen zu können. Da die Unterhändler unentwegt an einem tragfähigen Kompromiss arbeiten, ist weiterhin die Wahrscheinlichkeit hoch, dass rechtzeitig eine Lösung gefunden wird. Freilich mögen die Börsen keine Unsicherheit – deswegen nimmt die Nervosität nun deutlich zu. Dahinter stehen auch taktische Absicherungsgedanken, um einem „Fat Tail“- Risiko (abrupte Markverwerfung) zu entgehen. Die zunehmende Abgabebereitschaft tangiert auch den Anleihemarkt: am langen Ende liegen die Renditen nun wieder bei fast 3,90%, das ist der höchste Stand seit Beginn der US-Bankenkrise. Die Papiere mit einjähriger Laufzeit nehmen Kurs Richtung 5%, aktuell 4,90. Das lässt den US-Dollar erstarken, beides zusammen setzt die Rohstoffe – inklusive Gold - unter Druck. Gründe für die gestrige Kursschwäche lieferte auch das Schwergewicht Home Depot (NYSE:HD). Das Unternehmen enttäuschte in Report und Ausblick. Konjunkturseitig fielen die Einzelhandelsumsätze im April mit +0,4% um die Hälfte schwächer aus als erwartet. Bei den Regionalbanken gab es konträre Bewegungen: Western Alliance profitierte von der Nachricht, dass die Einlagen Stand 12. Mai wieder gestiegen sind, PacWest Bancorp hingegen fiel deutlich zurück.
In Fernost zeigt sich das mittlerweile gewohnte Bild: Japans Börsen klettern weiter - der Nikkei legte um 0,8% zu. Auf der Gegenseite gaben die Kurse in China und Hongkong nach, der Hang Seng Tech Index verlor 2%. Der australische ASX 200 0,5%. Das japanische BIP ist in Q1 mit annualisiert +1,6% mehr als doppelt so stark gewachsen wie zunächst prognostiziert. Der private Konsum, der laut Reuters die Hälfte von Nippons Wirtschaftsleistung ausmacht, ist im Vergleich zu Q1 2022 um 0,6% gestiegen (e +0,4%). Die Unternehmensinvestitionen kletterten um 0,9% (e -0,4%).
Europas Börsen starteten mit Abgaben quer über alle Sektoren in den Tag. Nach zwei Stunden sieht es nun etwas besser aus. Die Autoneuzulassungen in Europa lagen im April in Europa um 16% höher als im Vorjahresmonat. Freilich liegt die Stückzahl der Auslieferungen Jan-April weiterhin um 20% unter dem Vor-Pandemie Level. Das sukzessive Auflösen der Lieferkettenprobleme bedeutet, dass zunehmend mehr Neuwagen auf den Markt drücken. Das bedeutet, dass die Hersteller ein wenig von ihrer Preissetzungsmacht einbüßen dürften. Auch Teslas aggressive Preispolitik könnte die zukünftigen Margen belasten und die gestiegenen Kreditzinsen die Kauflust bremsen. Die Börsianer freuen sich aber über die guten April-Absatzzahlen, weshalb der Sektor aktuell im positiven Terrain liegt. Unter den Einzelwerten stützen nach Vorlage guter Zahlen und Prognosen die beiden DAX-Schwergewichte SAP (ETR:SAPG) und Siemens (ETR:SIEGn) sowohl ESX 50 als auch STXE 50. Schlusslicht der Branchen sind die Versorger (NYSE:XLU). Sie folgen damit der gestrigen Tendenz in den USA. Die stark gefallenen Gaspreise lassen Rufe laut werden, Teile diese Kostensenkungen an die Verbraucher weiter zu geben.
Im APX müssen die südeuropäischen und deutschen Staatsanleihen ihre gestern gewonnenen fünf Punkte wieder abgeben. Der Kurssturz beim Risk off - Indikator Gold bringt hingegen +4. Der S&P kostet drei Punkte.