Mit 4,56% haben die zehnjährigen US-Staatsanleihen gestern dynamisch ein neues Zyklushoch erklommen. Der verstärkte Verkaufsdruck auf dem Anleihemarkt belastete auch die Aktienindizes sowie die meisten Rohstoffe. Mit anderen Worten: es fand ein breiter Ausverkauf („Deleverage“) diverser Assetklassen zu Gunsten Cash statt. Im Fernosthandel beruhigte sich die Lage heute früh jedoch wieder. Wichtigen Börsenplätzen wie Tokio, Seoul und Hongkong gelang sogar ein Richtungswechsel und ein positiver Handelsschluss. Auslöser waren tendenziell gute Nachrichten. So sind die Handelsgeschäfte in Hongkong im August nur noch moderat gesunken: im Jahresvergleich gingen die Importe um 0,3% (Juli: 7,9%) und die Exporte um 3,7% (Juli: 9,1%) zurück. Die Gewinne der chinesischen Industrieunternehmen fielen in den ersten acht Monaten 2023 im Vorjahresvergleich um 11,7%. Damit bremste sich der Rückgang spürbar ab: der Siebenmonatswert per Ende Juli hatte noch bei -15,5% gelegen. Im Monatsvergleich mit August 2022 sind die Profite laut Chinas Statistikbüro sogar um 17,2% geklettert. Die Behörde begründet dies mit den jüngsten Maßnahmen der chinesischen Regierung, dem leichten Aufwärtstrend in der Produktion und dem Nachlassen der deflationären Entwicklung der Produzentenpreise. Freilich hat aber auch erheblich geholfen, dass die Vergleichsbasis vor einem Jahr extrem niedrig lag. Das Juli-Sitzungsprotokoll der Bank of Japan besagt, dass Japans Notenbankmitglieder geteilter Meinung sind, ob/wann die Zinsen angehoben werden müssen. Australiens gewichteter Preisanstieg betrug im August 5,2% im Jahresvergleich und entsprach damit den Analystenerwartungen.
Stützend dürfte zudem auch gewirkt haben, dass die Renditen der 10y-US Treasuries über Nacht auf 4,51% (aktuell 4,50%) gesunken sind. Das stabilisiert die US-Futures – alles zusammen verhilft auch Europas Börsen zu einer freundlichen Vormittagstendenz. Auslöser dieser Entwicklung könnten Hoffnungen sein, dass der drohende US-Regierungsshutdown vermieden werden kann.
In den USA wurden gestern enttäuschende Konjunkturdaten veröffentlicht: sowohl die Anzahl der verkauften Neubauten als auch das Konsumentenvertrauen verfehlten die Erwartungen. Zugleich hatten Kommentare des viel beachteten Chefs von JPMorgan (NYSE:JPM) Chase belastet. Jamie Dimon sieht noch beträchtlichen Spielraum für weiter steigende Zinsen. Unter den Megacaps verlor Amazon (NASDAQ:AMZN) mit -4% besonders heftig, was daran lag, dass die US Handelsbehörde FTC zusammen mit den Gouverneuren von 17 Bundesstaaten eine lange erwartete Klageschrift vorlegte. In dieser wird dem Unternehmen vorgeworfen, seine monopolistische Marktmacht zu missbrauchen, indem es u.a. mit Anti-Discount-Maßnahmen die Preise künstlich hochhalte und zudem Wettbewerb mit Schikanen unterminieren würde. An den US-Börsen (ETR:SXR4) schwelt weiterhin die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Folgen des ab 1. Oktober drohenden US-Shutdowns. Dieser würde dazu führen, dass zahlreiche öffentliche Behörden vorübergehend ihre Tätigkeit einstellen müssten, zudem würden Millionen von Staatsbediensteten temporär keine Gehaltsschecks bekommen. Aktuell im Gespräch ist aber eine sogenannte „Continuing Resolution“, die ein temporäres Budget bis Mitte November sicherstellen würde, bis dann - wahrscheinlich - eine endgültige Einigung erreicht ist. Das erscheint möglich, da sich führende Demokraten und Republikaner laut CNBC und Bloomberg in diesem Punkt wohl einig sind. Freilich muss der Vorschlag erst erfolgreich das Repräsentantenhaus passieren, was zur Stunde noch keineswegs sicher ist.
APX: US-Staatsanleihen verloren gestern Mittag weitere 4 Punkte. In unserer technischen Definition liegt bei den Langläufern nun ein Rentencrash vor. Das ist aber aktuell nur eine hauchdünne Entscheidung, bereits eine Stabilisierung bei 4,50% würde diese Bewertung wieder aufheben. Die leichte Beruhigung beim VDAX bringt +1. Der Netto-Aktieninvestitionsgrad des apano Global Systematik beträgt 50%.