Trading Psychologie: Trading und Identifikation

Veröffentlicht am 18.11.2022, 16:11

Sehr geehrte Leser/innen,

gestern erwähnte ich, dass Gewinner im Trading aufgrund Ihrer Trading-Methodik weniger Angst besäßen und psychologisch „besser drauf“ seien. Dass sie aufgrund eines entspannten, ruhigeren und kontrollierten Tradings auch nach Jahren noch Faszination für dieses Thema aufbrächten.

Ist dieses erblich bedingt und wo soll die Angst herkommen?

Dieses möchte ich im heutigen Newsletter kurz erörtern.

Es kommt zur „Angst“ aufgrund von negativer Erfahrung.

Es kommt zu „Stress“ aufgrund des Umfelds.

Genauer:
Börsenanalyse ist in erster Linie Elastizitätsberechnung. Verändert sich eine Variable, dann wird abgeschätzt, inwiefern diese Veränderung Auswirkungen auf den Börsenkurs haben und wie weit diese Auswirkung ausfallen wird. Das bedeutet, es wird abgeschätzt, wie groß der Kursanstieg oder Kursrückgang sein wird. Infolgedessen wird eine Position im Markt eingenommen. Es werden Aktien, Optionsscheine, Optionen, Futures oder CFD’s gekauft oder verkauft. Dieses geschieht in Massen. Die Handlungen einzelner Marktteilnehmer wirken sich in der Summe wie eine Herde auf die Börsenkurse aus. Solch ein Umfeld kann schnell finanziell und psychologisch gefährlich werden. Die Reaktion auf Nachrichten, die auf Börsennotierungen einwirken können, ist reflexartig. Ohne eine stabile Systematik der Börsenanalyse oder eines Handelssystems ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Akteur an der Börse hin- und hergerissen wird. Schließlich wird im Allgemeinen auf die Kursentwicklung zumeist wie folgt reagiert: Es bestehen Schemas, die dazu genutzt werden, um den Börsenkurs vorherzusagen, wenn sich eine ähnliche Konstellation wiederholt. Ein solches Schema kann auf Indikatoren basieren. Kreuzt etwa ein Oszillator seine Mittellinie von unten nach oben, so impliziert dieses ein Kaufsignal. Dagegen bedeutet das Kreuzen der Mittellinie von oben nach unten ein Verkaufssignal. Als Kursziel lässt sich die Projektion der vorherigen Marktbewegung heranziehen. Dieses war mit „Elastizitätsberechnung“ gemeint.

Hat man angenommen, dass ein bestimmter Markt oder Aktientitel steigen wird und sich entsprechend durch Käufe positioniert, dann kann es infolge der reflexartigen Reaktionen der Gesamtheit der Marktteilnehmer zu irrationalen oder mit einem Schema nicht erklärbare Kursbewegungen kommen. Dadurch ergeben sich oft hohe finanzielle Verluste. Das Problematische an einer Reflexartigen Reaktion ist, dass der Betrachter auf sehr primitive Impulse reagieren muss und in diesem Zusammenhang gegebenenfalls sehr primitive Impulse zeigt, wie Angst, Gier, Überheblichkeit, Kühnheit und so weiter …

Mit einem guten Börsenanalysesystem oder einem Handelssystem ist all dieses zumeist kein Problem. Dieses ist wie bei dem hypothetischen Fall, dass jemand, der einen schwarzen Gürtel in Karate besitzt, unproblematisch einen Angreifer „systematisch“ oder mit „System“ abwehren kann. Ohne „Systematik“ oder „System“ ist an der Börse durchgehend die Gefahr gegeben, dass auf Kursschwankungen nur reagiert wird: Von außen wird ein Reiz wahrgenommen und man reagiert reflexartig. Eventuell hat man die Idee, „eine Verlustposition zu drehen“. Was dann zumeist geschieht ist, dass man am Hochpunkt Long geht und einen empfindlichen Verlust aufgrund der Marktbewegung in Abwärtsrichtung erleidet. Alternativ geht man am Tiefpunkt Short und kurz darauf dreht der Markt. Es kommt infolgedessen ein hoher Geldverlust zustande, da man innerhalb einer Aufwärtsbewegung eine Short-Position hält. Im schlimmsten Fall wiederholt sich dieses ein paar Mal und ein 30000 EUR bis 50000 EUR CFD Konto ist spontan vernichtet. Zuvor empfundene euphorische Emotionen kehren sich in Verzweiflung bis hin zur Apathie um. Zu hohen finanziellen Verlusten kommt es zudem auch durch die Tatsache, dass mit der Beschäftigung der Börse ein massenpsychologischer Prozess (Herde) beobachtet wird. Die Affinität zum Thema führt oftmals dazu, dass das eigene Verhalten in der Retrospektive oftmals rätselhaft erscheint. Mit „Affinität“ ist gemeint, dass man sich mit „Börse“, „Trading“ und „Day-Trading“ identifiziert und zugehörig fühlt. Unbewusst werden die Eigenschaften angenommen, die von externen Quellen der Börse zugeschrieben werden. Die wahrscheinliche Tatsache, dass man selber kein Hedgefonds Manager ist und damit verbunden mindestens kein Millionär, kann schon zu unbewussten Gefühlen der Minderwertigkeit führen, was wiederum unbewusst durch Aktion, im schlimmsten Fall auch Jahre später, kompensiert wird. Der einzelne ist sich darüber nicht bewusst. Schließlich wurde nur ein Artikel gelesen oder ein Film geschaut, indem es um Börse oder Trading ging. Derartige Dramen gehen plötzlich in die Zehntausende Euro. Auch gelesene Begriffe wie „Smart Money“ können unbewusst ihre emotionale Wirkung besitzen. „Smart Money“ impliziert „Dumb Money“ (Schlaues Geld /Dummes Geld). Dieses ist de facto gleich einer Suggestion. Schließlich schiebt man keine Kundengelder hin und her. Unbewusst kann so etwas jedoch als Wertung aufgefasst werden. Mit „Smart Money“ sind bei externen Zugängen zur Börse, möglicherweise durch TV und Print, institutionelle Investoren gemeint.

Oft werden, infolge des auch emotional erlebten, Stoppkurse nicht eingehalten, es wird zu hoch gehebelt, es werden keine Erholungspausen von ein paar Tagen oder ein paar Wochen eingelegt, gesamte Gewinne werden verpulvert oder man verhält sich wie eine Trading-Legende. Wie Gustave Le Bon im Jahre 1895 in seinem Buch „Psychologie der Massen“ aufführte, besitze die Masse aufgrund der großen Anzahl einzelner Individuen, die ein Kollektiv bilde, eine niedrige intellektuelle Schwelle. Dieses sei an ihren Handlungen zu erkennen. Es kommt aufgrund von Euphorie an der Börse zu steigenden Kurse und aufgrund von Panik zu einem Crash. Die Masse sei sehr empfänglich für Suggestionen aller Art. Suggestionen ist hier primär durch Erfahrung gegeben. Dieses Verhalten sei in einer Gesellschaft jegliche Basis für Massenausschreitungen, Aufstände, Mord, Krieg usw.

An der Börse „nährt eine Hausse die Hausse und eine Baisse die Baisse“. Die jeweiligen Emotionen sind -ebenfalls unbewusst-sehr ansteckend. Soweit ich verstanden habe, ist die negativste Folge zu einem Kollektiv zu gehören ein hervorgebrachtes Verhalten (ein durch Suggestion, wie in der Hypnose, hervorgebrachtes Verhalten), dass mit dem eines impulsiven Kindes vergleichbar ist. Tatsächlich kann ein sehr intelligenter Mensch als Teil dieses Prozesses unbewusst dessen Gesamtheit repräsentieren. So kommt es immensen Verlusten und Pleiten. Oftmals werden Kursanstiege vollständig korrigiert oder bei Abwärtsbewegungen kommt es zu erheblichen Gegenbewegungen, sodass es ohne Spezialwissen gar nicht möglich ist, überhaupt einen Gewinn zu erzielen.

Hinterher fügt sich ein zuvor verschlossenes Gesamtbild zusammen und alles ist auf einmal sonnenklar. Dieses aber nach der Realität eines hohen Geldverlustes. Die Erkenntnis steht einem zumeist erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung. Inmitten der Herde ist es dem Bewusstsein nicht möglich, sich einen Zugang zu erschließen, zudem auch zumeist eine immense psychologische Belastung durch finanzielle Verluste gegeben ist. Dieses ist der Grund dafür, dass obwohl man möglicherweise alleine vor einem Computer sitzt, von der „Masse“ mitgerissen wird und das eigene Investieren, Trading oder Day-Trading schleifen lässt. Ersetzen Sie hier den Begriff „Börse“ mit „Immobilien“ oder ähnlichem. Sie sind sofort offen für jegliche Beeinflussung, welche diesem Gebiet zugehörig ist, vorausgesetzt, Sie hatten mit dem jeweiligen Gebiet bislang nichts zu tun. Was auch immer im Detail und die ursprüngliche Zielsetzung eines Traders oder Trader´in ist, es ist der Grund dafür, warum Konten pleitegehen und keiner ist, ohne Wissen darüber, immun dagegen. Der gewöhnliche Mensch (daher, kein Börsenhändler oder Makler etc.) hat durchaus ein gutes Gespür für die Börse. Jedoch wird zugleich dieser Nebeneffekt des massenpsychologischen Prozess der Börse erspürt, der einen bleibenden Eindruck auf das emotionale Leben hinterlassen kann. Ohne Disziplin führt diesen zu hohen finanziellen Verlusten.

Viel Erfolg!

Mit freundlichen Grüßen
Devin Sage

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