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Fed Chef Jérôme Powell signalisiert eine Verlangsamung der Zinserhöhungen auf 50 Basispunkte. Die Zinsstrukturkurve bei US-Anleihen ist deshalb invers wie seit den 80er Jahren nicht mehr.
Jérôme Powell hat eine Verlangsamung der Zinserhöhungen signalisiert. Wie unter anderem das Wall Street Journal berichtet, soll der Zinssatz bei der nächsten Sitzung mit hoher Wahrscheinlichkeit um lediglich 50 Basispunkte angehoben werden. Zuvor hatte es vier Zinserhöhungen um jeweils 75 Basispunkte gegeben.
Leitzins soll im Dezember um 0,5 % steigen – Märkte erleichtert
Powell sagte in einer Rede am Mittwoch auch, dass eine weitere Abkühlung des Arbeitsmarktes notwendig sei, um die Inflation in Richtung des 2 % Ziels zu senken. Die Notenbank habe die Zinsen schnell angehoben. Da es bis zur Wirkung von Zinserhöhungen auf die Realwirtschaft einige Zeit dauere, sei es nun sinnvoll, das Tempo zu verlangsamen.
Nun wird damit gerechnet, dass der Leitzins in Dezember auf eine Spanne von 4,25-4,5 % angehoben wird. Anfang März lag der Zinssatz noch bei praktisch null. Die entscheidende Zinssitzung findet am 13. und 14. Dezember statt.
Die Märkte reagierten auf die Äußerungen positiv. Der Dow Jones legte nach der Rede von Powell um mehr als 700 Punkte zu und verließ damit zeitweise sogar das Bärenmarktterrain. Die Rendite der zehnjährigen Anleihen sank ebenfalls deutlich, am Donnerstag zeitweise sogar unter die Marke von 3,6 %.
Powell zufolge muss sich der Fokus der Notenbank nun auf die Frage richten, wie hoch die Zinsen letztlich steigen müssen. Die Geldpolitik nehme nun Tempo heraus und versuche, das richtige Niveau zu finden. Im September hatten die Notenbanker noch ein Zinsniveau im Bereich von 4,5-5 % angepeilt. Nun ließ Powell durchblicken, dass das schlussendliche Zinsniveau über diesem Bereich liegen könnte.
Noch keine Entwarnung: Wirtschaft weiter überhitzt
Für Entwarnung ist es jedoch noch zu früh. Der Fed-Chef betonte, es gebe Anzeichen einer Verlangsamung in zinssensitiven Bereichen wie dem Wohnungsbau. Auch die Verbesserung der Lieferketten trage zu einem Rückgang der Inflation bei. Der Rückgang von Mieten und anderen Preisen reiche jedoch bislang nicht aus.
Auch die Nachfrage nach Arbeitskräften sei weiter zu hoch. Die starke Nachfrage nach Arbeitskräften müsse besser mit dem derzeitigen Mangel am Arbeitsmarkt in Einklang gebracht werden. Der Arbeitsmarkt zeige nur zaghafte Anzeichen einer Neuausrichtung, das Lohnwachstum bleibe deutlich über dem Niveau, das mit einer Inflationsrate von 2 % vereinbar wäre. Die Notenbank habe noch einen langen Weg vor sich, um die Preisstabilität wiederherzustellen.
Warnungen im Hinblick auf eine zu aggressive Geldpolitik wies Powell zurück. Vielmehr könne eine persistierende Inflation zu einer Verfestigung bei den Inflationserwartungen und damit zu einer langfristig höheren Teuerung führen.
Laut jüngsten Wirtschaftsdaten ist die US-Wirtschaft im ersten Halbjahr leicht geschrumpft. Im dritten Quartal kam es jedoch zu einem inflationsbereinigten Wachstum von 2,9 %, Wie das Handelsministerium am Mittwoch mitteilte. Erwartet worden waren 2,6 %. Die Kerninflationsrate in den USA hatte im Oktober 5 % erreicht – nach 5,2 % im September. Am Freitag stehen detailliertere Arbeitsmarktdaten an.
Zinskurve so invers wie seit Jahrzenten nicht
Die Erwartungen der Marktteilnehmer hinsichtlich der Zinsentwicklung spiegeln sich in der Zinsstrukturkurve wider. Diese verläuft derzeit invers – und zwar so extrem wie lange nicht. Die Renditen langfristiger US Staatsanleihen liegen so weit unter denen kurzfristiger Anleihen wie seit der ersten Hälfte der 1980er Jahre nicht mehr.
Die Markteilnehmer glauben offenbar – jedenfalls ist dies die gängige Interpretation –, dass die Notenbank die Inflation recht bald unter Kontrolle haben wird. Dann könnte es zu Zinssenkungen kommen – womöglich schon in der zweiten Jahreshälfte 2023.
Gene Tannuzzo, Global Head of Fixed Income bei der Vermögensverwaltungsfirma Columbia Threadneedle etwa, sieht in der Zinsstrukturkurve den Beweis der Glaubwürdigkeit der Fed in den Augen der Investoren.
Die Hoffnungen auf eine Verlangsamung der geldpolitischen Straffung in den USA beeinflussen viele Märkte. So wurde die Dollarstärke ein Stück weit korrigiert – am Donnerstag wurden am FX Markt für 1 EUR wieder 1,05 USD gezahlt.
Auch der Goldpreis konnte dieser Woche wieder zulegen. Wurden am Montag noch rund 1740 USD pro Feinunze gezahlt, waren es am Donnerstag bereits 1795 USD. Nicht zuletzt der Ölpreis zog wieder deutlich an. Für ein Barrel WTI wurden am Donnerstag rund 83 USD gezahlt – nach 77 USD zum Wochenauftakt.