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Volkswagen – Ist das schon der Anfang vom Ende?

Veröffentlicht am 06.09.2024, 14:47
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VW in tiefer Krise

Volkswagen (ETR:VOWG) steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Der einstige Weltmarktführer sieht sich mit Milliardenverlusten, sinkenden Marktanteilen und möglichen Werksschließungen konfrontiert. Letzteres lässt vor allem bei Volkswagen aufhorchen, denn wie kein anderes Unternehmen ist Volkswagen direkt mit der Politik verknüpft.

Die aktuelle Krise von VW in fünf wichtigen Aspekten:

Historischer Aufstieg

Die Geschichte von Volkswagen ist eng mit dem wirtschaftlichen Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland verknüpft. Das Werk in Niedersachsen, das ursprünglich von den Nationalsozialisten gegründet wurde, entwickelte sich nach dem Krieg in staatlicher Hand zu einem bedeutenden Industriebetrieb. Mit dem Börsengang im Jahr 1960 wurden die ersten „Volksaktien“ herausgegeben – ganz nach dem Motto von Ludwig Erhard: „Eigentum für alle“. Bereits in den 1950er-Jahren erzielte Volkswagen erste Erfolge auf den internationalen Märkten, insbesondere in Europa, Amerika und Afrika. In den 1970er- und 80er-Jahren wuchs der Konzern unter der Führung von Toni Schmücker und Carl Horst Hahn zu einem globalen Akteur.

Der Niedergang

Die einst unangefochtene Position des Unternehmens gehört jedoch der Vergangenheit an. Im Jahr 2023 verkaufte Toyota (TYO:7203) weltweit fast zwei Millionen Fahrzeuge mehr als VW. Der Marktanteil von VW in China ist auf rund 14 Prozent gesunken, und an der Börse hat die Aktie rund 60 Prozent ihres Wertes gegenüber dem Allzeithoch im Jahr 2015 verloren. In Wolfsburg wird inzwischen offen über die Aufhebung der Jobgarantie für die deutschen Belegschaften sowie mögliche Werksschließungen diskutiert – die Krise ist für alle offensichtlich.

Die wichtigsten Faktoren lassen sich in fünf Bereichen zusammenfassen:

1. Sozialstaat im Unternehmen

Volkswagens Haustarifvertrag galt lange als Wettbewerbsvorteil, wird aber zunehmend als Belastung empfunden. Die Löhne und Gehälter der Belegschaft liegen oft höher als bei der Konkurrenz. 2023 stiegen die Personalkosten des Unternehmens auf fast 50 Milliarden Euro, einschließlich Pensionsverpflichtungen – ein Anstieg von neun Milliarden Euro im Vergleich zu 2020. Besonders auffällig ist das System „Tarif Plus“, eine hybride Position zwischen Management und Tarifangestellten, das in vielen Fällen zu Jahresgehältern von 120.000 bis 150.000 Euro führt. Ende 2023 waren rund 9.000 Mitarbeiter in diesem System tätig, das laut einem Manager „aus den Fugen geraten“ sei.

2. Innovationshindernis

Vor vier Jahren startete der damalige VW-CEO Herbert Diess die Softwareeinheit Cariad, um eine eigene Softwarearchitektur zu entwickeln. Doch mittlerweile ist klar: Das Projekt war zu teuer und zu komplex. Heute kaufen die Marken des Konzerns die Software extern ein, wobei VW auf die Technologie des US-Elektroautobauers Rivian (NASDAQ:RIVN) zurückgreift – Kostenpunkt: fünf Milliarden Euro.

Das klingt alles nicht so schlimm wie es tatsächlich ist. Eine Software einzukaufen ist noch kein Grund, ein gravierendes Problem zu diagnostizieren. Bei Volkswagen halten wir das aber durchaus für wichtig, weil es auf ein viel größeres Problem zeigt. Volkswagen hat in der Vergangenheit enorme Summen ausgegeben, um Fachkräfte aus dem Bereich Softwareentwicklung zu rekrutieren. Von einem Mangel an Kompetenz würden wir auch aufgrund der guten Gehälter nicht ausgehen.

Vielmehr sehen wir das Problem in den Prozessen. Volkswagen produziert Autos. Das sind klare Prozesse, die von oben nach unten durchgetaktet werden. Anders bei Softwareentwicklung. Wenn man dieselben Strukturen bei solchen Vorhaben wählt, sind die Projekt meist schon zum Scheitern verurteilt, bevor sie eigentlich begonnen haben.

Jeder, der mit Softwareentwicklung zu tun hat und sich etwas darin auskennt, wird uns zustimmen, wenn wir sagen, dass der Zukauf einer Fremdsoftware das Problem keinesfalls löst. Wenn schon die eigene Software mit einem Heer an Softwareentwicklern scheiterte, wird die Implementierung einer Fremdsoftware umso stärker scheitern.

Der Konzern müsste seine Prozesse an den jeweiligen Bedarf anpassen. Erst dann halten wir das Unternehmen wieder für wirklich zukunftsfähig. Das gilt für die gesamte Branche. Die Chinesen hatten es einfacher. Sie haben erst angefangen, als die Software schon unumgänglich gewesen ist. Sie haben also von Anfang an die richtigen Prozesse für die jeweiligen Anforderungen implementiert. Der Wandel in der deutschen Autoindustrie zielt nicht nur auf die Produkte, sondern umso mehr auf die Art der Herstellung derselben.

3. Einfluss der Politik und Gewerkschaften

Volkswagen war stets auch ein politisches Thema in Niedersachsen, was dem Unternehmen nicht immer zum Vorteil gereichte. Durch das VW-Gesetz hat die Landesregierung von Niedersachsen erheblichen Einfluss auf strategische Entscheidungen, da sie 20 Prozent der Aktien hält und wichtige Entscheidungen blockieren kann. Ex-CEO Herbert Diess geriet in Konflikt mit der IG Metall, konnte sich jedoch nicht gegen die Gewerkschaft durchsetzen. Der derzeitige CEO, Oliver Blume, agiert vorsichtiger, doch die geplanten Werksschließungen dürften zu einem Showdown führen. Betriebsratschefin Daniela Cavallo warnte bereits: „Der Vorstand stellt nicht weniger als die gesamte Kernmarke VW infrage. Wir werden nicht zulassen, dass wir hier abgewickelt werden.“

4. Herausforderung in China

Das Wachstum von VW in China verlangsamt sich, während chinesische Automarken aufholen. Im Jahr 2023 verkaufte VW 3,2 Millionen Fahrzeuge, ein Anstieg von nur 1,6 Prozent. Im Vergleich dazu steigerte der größte chinesische Konkurrent BYD (F:1211) seinen Absatz um rund 50 Prozent auf knapp drei Millionen Fahrzeuge. Im Bereich der Elektroautos spielt VW in China bislang eine untergeordnete Rolle. Die neue Strategie des Unternehmens, „in China, für China“, soll das ändern und auf eine stärkere Kundenorientierung vor Ort abzielen.

5. Fehlkalkulation bei Elektroautos

Auch in Europa kämpft Volkswagen mit Schwierigkeiten. Der Absatz von Elektroautos in Deutschland sank im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr um rund 15 Prozent. Eine Studie der Beratungsfirma USCALE ergab, dass nur 37 Prozent der Käufer eines VW-Elektroautos ihr Fahrzeug weiterempfehlen würden, während bei Tesla (NASDAQ:TSLA) fast 70 Prozent der Kunden zur Weiterempfehlung bereit wären. „VW steht bei Elektroautos nur noch für Mittelmaß“, so USCALE-Chef Axel Sprenger.

Die Aktie hält sich weiterhin exakt an unseren Fahrplan. Das ist nicht toll, denn der zeigt nach unten.

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