Nach einer mehr als einjährigen Talfahrt und einem kräftigen Rücksetzer im März arbeitet die Aktie von VW (ETR:VOWG) nun seit mehr als zwei Monaten an der Bodenbildung. Ist der Titel endlich reif für die Wende?
Man kann es kaum glauben, dass die Elektroauto-Euphorie die Aktie von VW noch im April 2021 auf knapp 240 Euro getrieben hat. Aktuell gibt es den Anteilsschein (die Vorzüge) für weniger als 160 Euro, und trotzdem will sie – überspitzt gesagt – keiner haben.
Das hat natürlich damit zu tun, dass VW, wie andere Hersteller, stark unter Materialengpässen leidet, insbesondere im Chipbereich. Die Auslieferungen sind daher im ersten Quartal 2022 um knapp 22 Prozent auf 1,9 Mio. zurückgegangen.
Da das aber ein angebotsseitiges Branchenproblem darstellt und die Nachfrage intakt ist, lassen sich aktuell gute Preise erzielen. In Summe konnte VW daher den Umsatz zum Vorjahr sogar leicht steigern, um 0,6 Prozent auf 62,7 Mrd. Euro, und den Quartalsüberschuss auf 6,7 Mrd. Euro sogar fast verdoppeln.
Im Anschluss hat die Deutsche Bank (ETR:DBKGn) ein Kursziel von 230 Euro für die Aktie ausgerufen. Auch, wenn andere Researchhäuser vorsichtiger sind, spricht die intakte Nachfrage und die äußerst günstige Bewertung – das Konsens-KGV beträgt lediglich 4,9 – für die Aktie.
Dem steht allerdings das Risiko gegenüber, dass der Nachfragezyklus seinen Höhepunkt überschritten haben könnte, da die Endkunden unter den Auswirkungen der hohen Inflation leiden und ihre Ausgaben eventuell reduzieren müssen. Außerdem gibt es immer wieder negative Nachrichten von VW – aktuell zu den Problemen des Unternehmens mit seinem ambitionierten Software-Projekt.
Trotzdem: In Summe ist VW mit den Zahlen und der Bewertung attraktiv. Trotzdem besteht aktuell kein Handlungsbedarf. Stattdessen kann in Ruhe abgewartet werden, ob die Aktie den kurzfristigen Kursdeckel bei 160 Euro knackt. Danach – aber auch erst dann – kann ein prozyklisches Investment riskiert werden (aktien-global.de, 10.06.2022, 7:16).