Westliche Lieferketten für kritische Mineralien werden auch künftig durch Zölle, Steuergutschriften und internationale Abkommen unterstützt – je nach Wahlsieger aber mit unterschiedlichen Prioritäten.
Wie die US-Wahlen ausgehen? Trotz einer gefühlt unendlichen Anzahl veröffentlichter Umfragen gilt: Prognosen sind vor allem im Hinblick auf künftige Ereignisse unsicher.
Zumindest ein wenig mehr Klarheit besteht im Hinblick auf die Positionen der beiden Kandidaten bei kritischen Metallen. Diese spielen sowohl für Trump als auch für Harris eine wichtige Rolle. Beide Kandidaten haben ihre Unterstützung für den Bergbau zugesagt und erkennen die strategische Bedeutung kritischer Mineralien für die Energiewende und die nationale Sicherheit an.
Die Entkopplung von China geht weiter
Bestimmte Trends dürften sich unabhängig vom Wahlausgang fortsetzen. Christopher Granville von TS Lombard etwa geht von einer solchen Kontinuität bei dem eingeschlagenen Weg der Entkopplung von China aus.
Wie diese Entkopplung – von US-Seite – gestaltet wird, könnte aber durchaus mit dem Wahlausgang zusammenhängen. Trump hat im Wahlkampf globale Basiszölle von 10-20 % sowie Zölle von 60 % oder mehr auf chinesische Importe vorgeschlagen. Dabei ist allerdings unklar, in welchem Umfang solche Äußerungen aus Trumps Sicht lediglich Teil einer Verhandlungsstrategie sind.
Harris plant – wie der aktuelle Präsident Joe Biden – die Konzentration der Entkopplung auf bestimmte kritische Bereiche. Außerdem sollen Kooperationen mit der EU, Japan und Südkorea den Aufbau westlicher Lieferketten unterstützen.
Harris dürfte die am 27. September in Kraft getretenen Zölle beibehalten. Damals wurden die Sätze für EVs von 25 % auf 100 % angehoben. Für Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge, Stahl- und Aluminiumprodukte sowie bestimmte kritische Mineralien wurden zusätzliche Zölle von 25 % erhoben.
Ab 2026 sollen zudem Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Naturgraphit und Permanentmagnete eingeführt werden.
Vieles spricht dafür, dass die Zölle in diesen Bereichen auch unter Harris noch (deutlich) weiter steigen. Die Machbarkeitsstudie von Thacker Pass – einem der wichtigsten US-Lithiumprojekte – etwa kalkuliert mit Lithiumpreisen von 24.000 USD. Der Weltmarktpreis liegt bei gut einem Drittel davon.
Höhere Einfuhrzölle für Lithium und Co. unter beiden Kandidaten
Sowohl Trump als auch Harris dürften hier also noch einmal nachlegen. Trump gilt ohnehin als restriktiv gegenüber China eingestellt. Die aktuelle Regierung hatte die chinesische Dumpingpolitik zuletzt hart kritisiert und unterstellt, Peking plane den Aufbau westlicher Strukturen damit zu untergraben.
Internationale Partnerschaften wie die 2022 gegründete Minerals Security Partnership (MSP) dürften weiter bestehen – unter Harris allerdings etwas mehr Aufmerksamkeit erfahren als unter Trump. Harris sieht tendenziell mehr Potenzial in internationalen Abkommen, Trump in der Rückverlagerung der Produktion in die USA.
Trump hat mehrfach seine Unterstützung für den heimischen Bergbau zum Ausdruck gebracht. Bei einer Kundgebung in Minnesota versprach er, das 20 Jahre alte Bergbauverbot der Biden-Regierung in der Iron Range aufzuheben und die Industrie wieder "auf Hochtouren" zu bringen.
IRA wird auch unter Trump nicht vollständig abgeschafft
Harris dürfte den unter Biden eingeführten Inflation Reduction Act (IRA) durch weitere Gesetze spezifizieren. Auch Trump dürfte den IRA teilweise fortführen. Nina Fahy von RaboResearch etwa glaubt nicht an eine Abschaffung des Gesetzes. "Eine vollständige Aufhebung würde eine republikanische Mehrheit im Präsidentenamt und in beiden Häusern des Kongresses erfordern". Dies sei im Hinblick auf die aktuellen Umfragen unwahrscheinlich.
Am wahrscheinlichsten erscheinen unter Trump Fahy zufolge Änderungen an Bestimmungen und Ausführungsrichtlinien des IRA wie den FEOC Definitionen, die z. B. Ausnahmen von den Beschränkungen für ausländische Unternehmen regeln. "Eine Trump-Regierung könnte diese FEOC-Parameter strenger gestalten".
Denkbar ist aber auch, dass der 45X Advanced Manufacturing Production Credit unter Trump stärker auf den Rohstoffabbau ausgelegt wird. Die Biden-Administration hatte Steuergutschriften auf Bergbauunternehmen begrenzt, die Rohstoffe auch weiterverarbeiten.
Die Erwartungen der Branche an den nächsten Amtsinhaber sind jedenfalls hoch. Rich Nolan, Präsident und CEO der National Mining Association verlangt, der nächste Präsident müsse "sofort die Initiative ergreifen, um Chinas besorgniserregenden Einfluss auf die Mineralienversorgungsketten des Landes zu brechen".
Nolan fordert unter anderem eine Reform des Bergbaugenehmigungssystems und die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für inländische Produzenten – gemeint sind damit wohl tarifäre Maßnahmen.