Der "faire Wert" für die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen ist im März im Vergleich zum Vormonat gestiegen und liegt inzwischen nahe der 4,0 %-Marke – das ist die höchste Schätzung seit 16 Jahren. Die Analyse beruht auf einem Durchschnittswert, der aus drei verschiedenen Bewertungsmodellen errechnet wurde, die von CapitalSpectator.com verwendet werden.
Aktuell liegt die durchschnittliche monatliche Schätzung für den fairen Wert bei 3,91 % – und damit weiterhin unter der tatsächlichen Rendite im 10-Jahresbereich. Diese stieg im gestrigen Handel (10. April) auf 4,44 %.
Wie wir in unseren früheren Beiträgen bereits besprochen haben, besteht seit Ende 2022 eine Marktprämie auf die 10-jährige US-Rendite.
Dass die Schätzung für den fairen Wert zuletzt gestiegen ist, deutet darauf hin, dass sich die Rendite auf dem aktuellen Niveau halten – oder sogar noch weiter steigen – könnte.
Wie eine historische Betrachtung zeigt, bewegen sich Marktpreise typischerweise in Wellen – mit Phasen von Auf- und Abschlägen im Vergleich zum geschätzten beizulegenden Zeitwert. Die folgende Grafik verdeutlicht die Spannbreite dieser Schwankungen.
Nach einem zwischenzeitlich erhöhten Niveau hat sich die Marktprämie zuletzt wieder etwas zurückgebildet. Dennoch dürfte sie sich nach Einschätzung von Marktbeobachtern vorerst im positiven Bereich halten. Unterstützt wird dies unter anderem durch die Rückkehr inflationsbedingter Risiken sowie wachsender Sorgen vor einem globalen Handelskonflikt.
Zwar fiel die US-Verbraucherinflation im März etwas moderater aus, doch nach Einschätzung von Experten sind die aktuellen Daten noch nicht vollständig belastbar. So spiegeln sie unter anderem noch nicht die Preisaufschläge wider, die durch die jüngst erhöhten US-Importzölle erwartet werden.
„Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis der Inflationsschock vollständig im System angekommen ist“, kommentierte Preston Caldwell, Chefökonom für die USA bei Morningstar. Auf den ersten Blick könnten die Daten besser aussehen, als sie tatsächlich seien, so seine Einschätzung.
Auch Beth Ann Bovino, Chefvolkswirtin bei der U.S. Bank, äußerte sich vorsichtig: Die zuletzt rückläufigen Zahlen zur Verbraucherpreisinflation seien zwar grundsätzlich positiv für die US-Notenbank, wirkten jedoch bereits leicht veraltet.
Auf der Gegenseite steht das Risiko einer wirtschaftlichen Abschwächung – bis hin zu einer möglichen Rezession. Gerade höhere Zölle könnten diesen Trend noch verstärken. Eine verlangsamte Konjunktur würde tendenziell Druck auf die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe ausüben und die Marktprämie damit reduzieren.
Die entscheidende Frage am Markt bleibt daher, ob das dominierende Thema in den kommenden Monaten eher das Inflationsrisiko oder eine konjunkturelle Abschwächung sein wird. Derzeit scheint beides noch im Gleichgewicht – die Marktbewegungen der vergangenen Wochen deuten auf eine Phase relativer Stabilität innerhalb einer engeren Handelsspanne hin.
Die deutlichen Schwankungen der 10-jährigen Rendite in den letzten Tagen zeigen, dass sich die Anleger noch uneins sind, welches Risiko schwerer wiegt: anhaltende Inflation oder ein nachlassendes Wachstum bis hin zur Rezession.
Ein Ausbruch über das jüngste Hoch bei rund 4,80 % oder unter das Tief bei 3,90 % wäre ein starkes Signal dafür, dass sich am Markt ein klarerer Konsens zur Risikoeinschätzung herausbildet.