Neulich wurde in der FuW ein interessanter Artikel veröffentlicht, der sich wiederum auf einen Artikel der US-Amerikanischen Finanzseite Motley Fool bezieht. Hier nachzulesen. Darin geht es um Aktien, die trotz kaum positiver fundamentaler Entwicklung stark steigen. Während Aktien, die eigentlich steigen sollten, kaum mehr Zugewinne verzeichnen.
So ist Apple (NASDAQ:AAPL) schon lange nicht mehr der Gewinner an der Börse, während Amazon (NASDAQ:AMZN) zwar kaum profitabel ist, dabei aber in jedem Portfolio eines professionellen Managers zu finden ist. Ein anderes Beispiel ist Coca-Cola (NYSE:KO). Die globale Nachfrage nach dem Produkt scheint sich laut dem Bericht zu verringern, aber Anleger messen dem Unternehmen bei weitem mehr Potential zu.
Weiter im Artikel heisst es, dass die anscheinend nicht korrekte Bewertung (da irrational) der Unternehmen etwas mit Erwartungen zu tun hat und der Schwierigkeit fundamentale Daten richtig einzuschätzen. Auch auf Länder wird kurz eingegangen. Größtenteils gebe ich dem Artikel recht. Es spielen Erwartungen eine sehr große Rolle. In einem Punkt bin ich aber nicht einverstanden und zwar, dass diese Bewertung nicht richtig und irrational sei. Warum?
Zum einen gehen viele, die das Kursverhalten beschreiben möchten, meiner Meinung nach von der falschen Annahme aus. Nämlich, dass professionelle Investoren immer nach „Value-Werten“ suchen. Fundamentale Kennzahlen eines Unternehmens sagen eine Menge darüber aus, wie es um das Unternehmen bestellt ist, allerdings wollen Investoren meist wissen, wie groß das Wachstumspotential ist.
Und an dieser Stelle bekommt die Bewertung der Kennzahlen und Bilanzen einen ganz anderen Anstrich. Mehr noch, geht es bei Wachstumswerten nicht mehr nur bloß um „bereits bekannte“ Zahlen, sondern Dinge wie Markenmanagement, Geschäftsfelder, Strategie usw.. Und hier sind die Profis hauptsächlich unterwegs und sie sind alles andere als irrational.
Der Markt bemisst einer Aktie immer so viel Wert zu, wie es eben diese Profis tun. Können sie sich irren? Natürlich können sie das. Dass sie das aber bei solchen Unternehmen wie Amazon oder Coca-Cola tun, ist eher selten.
Lange Rede, kurzer Sinn. Auch das ist wieder ein Grund, warum viele die Markttechnik unterschätzen. Sie schauen auf Kurse, vergleichen sie mit den fundamentalen Kennzahlen und stempeln den Markt als irrational ab. Komischerweise ist dann aber immer die Markttechnik schuld, bloß aber nicht die falsch verstandene Herangehensweise von Profis an der Börse. Zur Analyse.
EURUSD Markt- und Chartanalyse
Das sieht ja sehr interessant aus. Komisch, dass der Euro genau dann dreht, wenn auch der japanische Yen dreht. Der letzte Anstieg beim Euro war meiner Meinung größtenteils dem Yen geschuldet. Und obwohl einigen Medien den starken US-Dollar gerne mit den erneuten Aussagen einiger Fed-Mitglieder begründen, gehe ich eher davon aus, dass hier die Markttechnik, der wieder schwächere Yen sowie Erwartungen an die bevorstehende EZB-Pressekonferenz gespielt werden. Für die nächste Woche legen wir also wieder die Gurte an.
DAX Markt- und Chartanalyse
Es kommt anders als man denkt. Ich bin eher davon ausgegangen, dass der DAX- Index weiterhin zur Schwäche tendiert. Ehrlicherweise aber, habe ich nicht mit den guten Daten aus China und der Bekanntgabe dessen, dass eine Einigung in Doha so gut wie in trockenen Tüchern sei, gerechnet.
Ein anderer Grund, den die Medien gerne bedienen, ist wohl die Rettung der italienischen Banken. Ob man damit das, meiner Meinung nach stark überschätzte Bankensystem Europas rettet, wage ich zu bezweifeln. Das ist nämlich der Unterschied zum US-Finanzsystem.
Europa an sich ist von ihren Banken viel abhängiger als die USA von ihren und wenn, dann kann der Staat einspringen und diese retten. „Too Big To Fail“ wird oft falsch verstanden. Fakt ist, dass die so oft kritisierte Zusammenarbeit von Staat und Finanzsystem gerade das Erfolgsrezept ausmachen.
Und während Europäer, allen voran die Deutschen stets stolz verkünden wie wichtig es ist seine Unabhängigkeit zu bewahren, sind die Geldpolitiker längst damit beschäftigt, das so tolle EU-Finanzsystem aus dem Dreck zu ziehen. Nur leider klappt das nicht so gut, weil der Staat sich nicht verpflichtet dazu sieht einzugreifen und Reformen knallhart durchzusetzen.
Der Grund dafür, warum sich die Finanzsysteme unterscheiden, ist so einleuchtend wie auch simpel. Es ist die Trennung zwischen kapitalmarktaffiner Finanzierung und reiner Bankenfinanzierung. Genau deswegen gibt es auch die Wall Street und genau deshalb ist der Großteil der Unternehmen in den USA Aktiengesellschaften. Und nun zu der eigentlichen Frage. In welchem der beiden Systeme sind mehr Anreize gegeben im Sinne der Bevölkerung/Aktionäre zu handeln? Etwas „Food for thought“ fürs Wochenende.
Und wer mir jetzt mit Subprime-Krediten kommt, dem sage ich nur eins. Unser tolles Finanzsystem hat die Banken nicht daran gehindert mit einzusteigen. Auch die konservativen Landesbanken, die sich dachten, es entgehe ihnen ein todsicheres Geschäft, wie es der Satiriker Chin Mayer treffend hier formuliert, traf es zu genüge. Und ja, schuld sind wie immer die Amerikaner. Genauso wie sie daran schuld sind, dass Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg zu einem der wirtschaftlich führenden Ländern der Welt aufgestiegen ist.
Aber ich schweife wie immer ab. Wie geht es denn eigentlich im DAX weiter? Aus der markttechnischen Perspektive sieht es gar nicht mal so schlecht aus, hier nach oben über die 10.100 Pkt. durchzuschießen. Ein Pull-Back sollte ein gutes Setup darstellen, um kurzfristig den Anstieg in Richtung der oberen Trendkanalbegrenzung zu handeln.
Impulse sind wie immer Ölpreis, Euro, US-Markt und vereinzelt China. Fallen diese weg, so sollte auch der DAX Gegenwind bekommen. Sorgen zu neuen Griechenlandverhandlungen dürften sich demnächst intensivieren und das Brexit-Referendum kommt ebenfalls immer näher. Deshalb würde ich für den DAX nach oben hin nicht zu viel erwarten. Erst der Ausbruch aus dem Trendkanal dürfte mehr zeigen.
Allerdings steht am Donnerstag wieder einmal die allseits gefürchtete EZB-Pressekonferenz an. Es ist wahrscheinlich, dass DAX bis dahin im Rahmen eines Buy the Rumor, gekauft wird. Die angekündigten Maßnahmen dürften möglicherweise konkretisiert werden.
SP500 Markt- und Chartanalyse
Im SP500 sind die 2.080 Pkt. Zone genommen worden. Nachhaltigkeit blieb aber bisher aus. Dennoch, wie von mir befürchtet und in der letzten Woche im Wochenchart gezeigt, ist der Anstieg bei der Dynamik nicht zu unterschätzen gewesen. Hier ist die Korrelation zum Ölpreis weiterhin sehr hoch. Die Frage ist, wird dieser seinen Weg weiter gen Norden machen oder war es das jetzt? Hängt natürlich von Doha ab. Aus der markttechnischen Perspektive, wäre der Weg zu neuen Hochs im SP500 aber jetzt frei. Erstes Ziel das Allzeithoch bei 2.140 Pkt.
Öl Markt- und Chartanalyse
Auch beim Öl habe ich mit neuen Hochs so schnell nicht gerechnet. So wie es aktuell aber aussieht, scheinen hier kurz vor dem wichtigen Doha-Wochenende Verkäufe einzusetzen. Erwartungen an eine Einigung wurden bereits zu Beginn der Woche durch Aussagen von russischer Seite geschürt.
Viele Medien berichten davon, dass der Produktionsfreeze kaum etwas an dem aktuell sehr hohen Angebot ändern würde. Dabei ist diese Erkenntnis nicht wirklich neu und ich glaube nicht, dass sie den Ölpreis daran hindern wird, bei einer eindeutigen Einigung noch ein paar US-Dollar weiter zu steigen.
Einem Bericht von zerohedge.com zu Folge, soll der Deal an keine Verpflichtungen gebunden sein. heisst, dass jedes Land sich am Ende immer noch dagegen entscheiden kann das Produktionslevel zu halten. Das ist meiner Meinung nach ein weiterer Unsicherheitsfaktor. Schlussendlich wurden beim letzten Anstieg bereits Erwartungen an das nächste Treffen gespielt. Man befürchte, dann könnte es einen Produktions-Cut geben.
Tja und während ich das hier schreibe berichtet zerohedge, dass keine Einigung gefunden wurde. Na dann SP500 neues Hoch und 50 US-Dollar adè. Bitte sehen Sie daher all die oben gemachten Aussagen zu den Märkten im Kontext von einem wieder nachgebendem Ölpreis.
Gold Markt- und Chartanalyse
Weitere Gespräche um Interventionen beim japanischen Yen intensivieren sich, während der Euro wieder nachgibt, was im Umkehrschluss auch den Goldpreis bremst. Starken Einfluss hatten aber vor allem die steigenden Aktienmärkte. Das wird sich wohl mit dem fallenden Ölpreis wieder ändern.
Die SKS-Formation ist noch immer „full in play“. Ich persönlich bin weiterhin pro steigender Goldpreis gestimmt, auch wenn die Nackenlinie (siehe die sich kreuzenden Unterstützungslinien) brechen sollte. Meine Meinung wird sich erst dann ändern, wenn der Preis wieder in den Abwärtstrend eintaucht. Dennoch liegt mein Stopp knapp unter dem Nackenbereich, denn bei drei Monaten aussitzen, werde ich nicht riskieren mit Null aus der Position auszusteigen. Dann lieber später noch mal rein.
Fazit- Nichts ist hier klar
Wie geht es weiter wollen Sie jetzt wissen? Wenn ich Ihnen erzähle ich wüsste es, dann würde ich Ihnen direkt ins Gesicht lügen. Seien Sie immer vorsichtig, wenn Sie solche Aussagen lesen. Und warum kann ich Ihnen das nicht sagen? Ganz einfach. Es herrscht überall Dissens.
Ob beim EURUSD-Kurs oder beim Ölpreis. Auch was den japanischen Yen anbetrifft. Die Notenbanker und die G7 sowie G20 Staaten sind sich größtenteils einig, dass eine Intervention nicht notwendig ist, während der japanische Finanzminister Aso darauf pocht. Der IWF hat sich zuletzt für die Schwächung des Yen ausgesprochen.
Wie soll man da eine klare Tendenz bekommen? Die gibt es nicht. Verlassen wir uns also darauf, was uns der Markt zeigt. Hier noch mal die wichtigen Daten für die kommende Woche.
Viel Erfolg!
David Iusow
2iS