Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur
Euro-Schicksalswoche
Bielefeld (ots) - Gestern war kein normaler Montag. Es war der
Auftakt zu einer Schicksalswoche. Europa und der Euro erleben
entscheidende Tage. Und nebenbei werden diese Tage auch über das
Schicksal einiger Politiker entscheiden, insbesondere über
Bundeskanzlerin Angela Merkel und über den französischen Präsidenten
Nicolas Sarkozy.
Die Regierungschefs an der Spree und an der Seine haben eine
bemerkenswerte Vorlage für den EU-Gipfel geliefert, der am Ende
dieser Schicksalswoche in Brüssel stattfinden wird. Das lässt hoffen,
auch wenn ein großer Teil des Weges, den Merkel und Sarkozy bei ihrem
Treffen gestern in Paris vorgegeben haben, erst noch von den anderen
EU-Mitgliedsstaaten zu gehen ist. Doch Einigkeit macht stark. Und
eine einheitliche deutsch-französische Führung kann in Europa niemand
so leicht aushebeln - es sei denn um den Preis der Herauslösung aus
der EU. Das aber käme in einigen Fällen der Selbstaufgabe gleich.
Erstaunlich ist vor allem die Anpassungsfähigkeit Sarkozys. Er
wandelte sich vom vehementen Eurobonds-Befürworter zu einem Gegner
der Vergemeinschaftung von Staatsschulden. Letztlich ist es egal, ob
er dabei dem Charme Merkels erlag oder ob die Warnung der
Ratingagenturen an seine Pariser Adresse von einer nachhaltigeren
Wirkung gewesen ist, als es zunächst den Anschein hatte.
Ein Kraftakt, der die Finanzmärkte beeindrucken soll, ist das
Vorziehen des dauerhaften Euro-Rettungsmechanismus ESM von Mitte 2013
auf 2012. Nachhaltig wird die Wirkung aber nur, wenn auch die anderen
Vereinbarungen ebenfalls die Zustimmung aller 27 EU-Staaten oder
mindestens der 17 Mitgliedsstaaten der Euro-Währungsunion finden.
Insbesondere geht es dabei um eine verschärfte Kontrolle der
nationalen Haushalte. Die Entscheidung über den Etat ist
traditionellerweise das Königsrecht jedes Parlaments. Es in seinen
Befugnissen einzuschränken, ist eine Systemveränderung, zu der es
unter den jetzigen Umständen allerdings keine Alternative gibt. Die
Briten werden sie trotzdem ablehnen. Merkel und Sarkozy haben schon
angekündigt, die Schuldenbremsen notfalls auch nur in den
Mitgliedsstaaten der Währungsunion durchzusetzen. Dort allerdings
führt kein Weg an ihrer Einführung vorbei - es sei denn ein Weg aus
dem Euro heraus. Im Detail bietet die Frage, mit welcher
qualifizierten Mehrheit Sanktionen beschlossen werden müssen, noch
einen gewissen Handlungsspielraum.
Auch wenn sich am Ende der Schicksalswoche in Brüssel die anderen
europäischen Regierungen mit dem Duo Merkel/Sarkozy harmonisch zu
einem Orchester vereinigen werden, sind nicht alle Probleme gelöst.
Die neu aufgekommene Idee, beim Internationalen Währungsfonds einen
Spezialfonds zur Finanzierung von Programmen für Krisenländer
einzurichten, zeigt, wohin der Weg gehen kann - und dass er weiter
viel Geld auch des deutschen Steuerzahlers kosten wird.
Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
Euro-Schicksalswoche
Bielefeld (ots) - Gestern war kein normaler Montag. Es war der
Auftakt zu einer Schicksalswoche. Europa und der Euro erleben
entscheidende Tage. Und nebenbei werden diese Tage auch über das
Schicksal einiger Politiker entscheiden, insbesondere über
Bundeskanzlerin Angela Merkel und über den französischen Präsidenten
Nicolas Sarkozy.
Die Regierungschefs an der Spree und an der Seine haben eine
bemerkenswerte Vorlage für den EU-Gipfel geliefert, der am Ende
dieser Schicksalswoche in Brüssel stattfinden wird. Das lässt hoffen,
auch wenn ein großer Teil des Weges, den Merkel und Sarkozy bei ihrem
Treffen gestern in Paris vorgegeben haben, erst noch von den anderen
EU-Mitgliedsstaaten zu gehen ist. Doch Einigkeit macht stark. Und
eine einheitliche deutsch-französische Führung kann in Europa niemand
so leicht aushebeln - es sei denn um den Preis der Herauslösung aus
der EU. Das aber käme in einigen Fällen der Selbstaufgabe gleich.
Erstaunlich ist vor allem die Anpassungsfähigkeit Sarkozys. Er
wandelte sich vom vehementen Eurobonds-Befürworter zu einem Gegner
der Vergemeinschaftung von Staatsschulden. Letztlich ist es egal, ob
er dabei dem Charme Merkels erlag oder ob die Warnung der
Ratingagenturen an seine Pariser Adresse von einer nachhaltigeren
Wirkung gewesen ist, als es zunächst den Anschein hatte.
Ein Kraftakt, der die Finanzmärkte beeindrucken soll, ist das
Vorziehen des dauerhaften Euro-Rettungsmechanismus ESM von Mitte 2013
auf 2012. Nachhaltig wird die Wirkung aber nur, wenn auch die anderen
Vereinbarungen ebenfalls die Zustimmung aller 27 EU-Staaten oder
mindestens der 17 Mitgliedsstaaten der Euro-Währungsunion finden.
Insbesondere geht es dabei um eine verschärfte Kontrolle der
nationalen Haushalte. Die Entscheidung über den Etat ist
traditionellerweise das Königsrecht jedes Parlaments. Es in seinen
Befugnissen einzuschränken, ist eine Systemveränderung, zu der es
unter den jetzigen Umständen allerdings keine Alternative gibt. Die
Briten werden sie trotzdem ablehnen. Merkel und Sarkozy haben schon
angekündigt, die Schuldenbremsen notfalls auch nur in den
Mitgliedsstaaten der Währungsunion durchzusetzen. Dort allerdings
führt kein Weg an ihrer Einführung vorbei - es sei denn ein Weg aus
dem Euro heraus. Im Detail bietet die Frage, mit welcher
qualifizierten Mehrheit Sanktionen beschlossen werden müssen, noch
einen gewissen Handlungsspielraum.
Auch wenn sich am Ende der Schicksalswoche in Brüssel die anderen
europäischen Regierungen mit dem Duo Merkel/Sarkozy harmonisch zu
einem Orchester vereinigen werden, sind nicht alle Probleme gelöst.
Die neu aufgekommene Idee, beim Internationalen Währungsfonds einen
Spezialfonds zur Finanzierung von Programmen für Krisenländer
einzurichten, zeigt, wohin der Weg gehen kann - und dass er weiter
viel Geld auch des deutschen Steuerzahlers kosten wird.
Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
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Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261