London, 30. Apr (Reuters) - Der Konjunktureinbruch im Zuge der Corona-Krise könnte nach Einschätzung von Experten die Nachfrage nach Energie so stark wie noch nie einbrechen lassen. Der weltweite Energiebedarf könnte in diesem Jahr um sechs Prozent schrumpfen, teilte die Internationale Energieagentur (IEA) am Donnerstag mit. Ursache hierfür seien die Folgen der Beschränkungen, die viele Länder im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus verhängt haben. Geht die Industrieproduktion zurück, sinkt auch der Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids. Der weltweite CO2-Ausstoß könne um acht Prozent schrumpfen, erklärten die Experten. Der Rückgang wäre sechsmal so groß wie der bisherige Rekordabsturz 2009 infolge der Finanzkrise.
Die IEA mit Sitz in Paris berät Industriestaaten in Energiefragen. Der Rückgang der Nachfrage könne noch stärker sein, wenn einige Staaten mit der Lockerung der Beschränkungen zögerten oder eine zweite Welle der Virus-Krise die Menschen heimsuche, sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol der Nachrichtenagentur Reuters.
Die Nachfrage nach Kohle und Gas ist bereits deutlich zurückgegangen. Bei Kohle lag das Minus im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum bei acht Prozent. Dieser Wert wird auch für das Gesamtjahr erwartet. Die Nachfrage nach Gas könnte 2020 um fünf Prozent schrumpfen. Die Stromerzeugung ging insgesamt im ersten Quartal um 2,6 Prozent zurück. Anlagen der Erneuerbaren Energien legten allerdings durch den Zubau von Wind- und Solarenergie im selben Zeitraum um drei Prozent zu. In der weltweiten Stromerzeugung kamen die Erneuerbaren im ersten Quartal auf knapp 28 Prozent. Bis Ende des Jahres könnten es 30 Prozent werden. Angesichts der Zahl der Menschen, die an dem Virus sterben, und dem Einbruch der Wirtschaft, sei der historische Rückgang der CO2-Emissionen kein Grund zum Jubeln, sagte Birol.