Investing.com - Der Goldpreis feierte einen Start nach Maß. Die Eskalation im Nahen Osten, fallende Realzinsen und eine in dieser Zeit häufiger abzuleitende günstige Saisonalität hatten das gelbe Metall in der Spitze auf 1.611,52 US-Dollar je Feinunze getrieben und damit auf den höchsten Stand seit März 2013. Mit der Entspannung zwischen den USA und dem Iran im Nahostkonflikt ging es dann aber phasenweise um bis zu 75 US-Dollar nach unten. Aktuell stabilisiert sich der Goldpreis innerhalb einer Range von 1.563 US-Dollar bis 1.540 US-Dollar.
Angesichts der Niedrigzinsphase und der rekordhohen Staatsverschuldung, sollte man meinen, dass der Goldpreis in diesem Jahr weiter zulegen kann. Das ist auch die Erwartungshaltung der meisten Analysehäuser, die im Schnitt ein Preisziel von 1.512 Dollar ausgegeben haben. Allerdings stellen die Experten vom Londoner Wirtschaftsforschungsunternehmen Capital Economics einen weiteren Preisanstieg des gelben Metalls im laufenden Jahr in Frage. Sie glauben, dass der Goldpreis am Ende des Jahres deutlich tiefer stehen wird. In einer aktuellen Studie sieht die Rohstoffabteilung von Capital Economics das Edelmetall zum Jahresende bei 1.400 US-Dollar.
Dafür gebe es drei Gründe, sagte Rohstoffökonom Alexander Kozul-Wright. Angesichts der sich erholenden Weltwirtschaft dürfte die Nachfrage nach sicheren Häfen nachlassen, erklärte er. "Die verzögerten Impulse der lockeren Geldpolitik sollten weiterhin auf die Realwirtschaft durchschlagen. Im Gegenzug sollten die Ängste vor einer wirtschaftlichen Rezession abnehmen, was die Anlegerstimmung beflügeln und die Nachfrage nach goldgestützten Anlagen dämpfen dürfte", so Kozul-Wright.
Aber auch der jüngste Anstieg der US-Anleiherenditen, gemeinsam mit einer Stabilisierung der Zinspapiere in anderen entwickelten Volkswirtschaften, wird den Berg an negativ rentierenden Staatsanleihen reduzieren und damit die Attraktivität von Gold schmälern, erklärte er.
Der zweite Grund, warum der Goldpreis sein Hoch für dieses Jahr bereits gesehen haben könnte, ist ein sich fortsetzender Rückgang der physischen Nachfrage der wichtigsten Konsumenten Indien und China, weil die Goldpreise in der lokalen Währung recht hoch sind. "Außerdem befürchten wir, dass das chinesische Wirtschaftswachstum in diesem Jahr etwas nachlassen wird, was für einen weiteren Gegenwind bei den Goldimporten sorgt. Gleichzeitig werden hohe Importzölle und die Abkehr der Verbraucher von Gold die Käufe in Indien belasten", mahnt der Rohstoffexperte an.
Als letzten Grund führte Kozul-Wright an, dass der US-Dollar moderat aufwerten dürfte. "Das sollte die Nachfrage nach Gold schmälern", schreibt er, und fügte hinzu: "Im Gegensatz zu anderen großen Zentralbanken erwarten wir keine Zinssenkung der Fed im Jahr 2020, wodurch der Greenback zulegen dürfte". Da Capital Economics im zweiten Quartal eine globale Wachstumsbeschleunigung erwartet, dürfte auch die US-Wirtschaft davon profitieren, was für zusätzliche Dollar-Nachfrage sorgen wird.
Die Rohstoffprofis sehen den Goldpreis zwar kurzfristig auf hohem Niveau konsolidieren, aber in der zweiten Jahreshälfte dürfte es dann für das gelbe Metall deutlich nach unten gehen. "Sicherlich erhält Gold eine gewisse Unterstützung durch die Käufe der Zentralbanken, die ihre Reserven weg von den US-Dollar-Anlagen diversifizieren wollen, aber all das wird unserer Meinung nach den Rückgang des Goldpreises auf 1.400 US-Dollar pro Unze bis Ende 2020 nicht stoppen", so Kozul-Wright.
Der Februar-Terminkontrakt des Goldpreises verbilligte sich am Montag um 0,85 US-Dollar oder 0,05 Prozent auf 1.559,45 US-Dollar. Das bisherige Tageshoch liegt bei 1.562,70 US-Dollar, Das Tagestief bei 1.556,45 US-Dollar. Angesichts des heutigen Feiertages in den USA dürfte es am Goldmarkt eher ruhig zu gehen.
Für den Gold-Kassapreis ging es am Montag um 3,58 US-Dollar oder 0,20 Prozent nach oben auf 1.559,81 US-Dollar.
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