Von Peter Nurse
Investing.com -- Angesichts des weiterhin knappen Ölangebots sind die Ölpreise am Freitag gestiegen, doch der Ölmarkt steuert dennoch auf seinen zweiten Wochenverlust zu. Grund dafür sind Befürchtungen, dass die restriktive Geldpolitik die Weltwirtschaft in eine Rezession stürzen könnte.
Bis 14.45 Uhr MEZ notierte der US-Rohöl-Future 2,3 % höher bei 106,66 Dollar pro Barrel, befindet sich aber immer noch auf dem Weg zu einem wöchentlichen Verlust von rund 3 %, während der Brent-Kontrakt um 2,1 % auf 112,34 Dollar pro Barrel stieg und in dieser Woche 1 % verlieren dürfte.
Die Gasoline RBOB Futures in den USA erhöhten sich um 1 % auf 3,8041 Dollar pro Gallone.
Unterstützt wurde der Rohölmarkt durch Äußerungen des libyschen Ölministers, der am Donnerstag erklärte, der Vorsitzende der National Oil Corporation habe ihm Produktionsdaten vorenthalten.
Zu Beginn der Woche hatte er erklärt, die libysche Ölproduktion sei in der vergangenen Woche auf etwa 700.000 bis 800.000 Barrel pro Tag gestiegen, diese Zahlen müssten nun aber angezweifelt werden, nachdem eine Verschärfung der politischen Spannungen und Proteste an Energiefeldern und Häfen die Produktion in dem Land, das über die größten Ölreserven Afrikas verfügt, stark eingeschränkt hätten.
Trotzdem droht dem Ölmarkt die zweite Verlustwochce in Folge. Hintergrund sind Befürchtungen, dass die Zinserhöhungen mehrerer Zentralbanken, insbesondere der US-Notenbank, die globale Wirtschaftstätigkeit stark belasten werden.
Fed-Chef Jerome Powell sagte am Donnerstag, die Zentralbank konzentriere sich "bedingungslos" auf die Eindämmung der Inflation. Daraus schließen Händler auf weitere Zinserhöhungen, was eine Rezession "möglich" macht.
"Die Abwärtsbewegung des Ölpreises scheint fast ausschließlich auf makroökonomische Einflüsse zurückzuführen zu sein, während die Fundamentaldaten am Ölmarkt nach wie vor unterstützend wirken", so die Analysten der ING (AS:INGA) in einer Mitteilung. "Wir müssen uns nur die Time-Spreads ansehen, die dem Rückgang der Preise im Laufe der Woche nicht gefolgt sind... Das deutet darauf hin, dass der Markt im Moment angespannt ist. Wir erwarten, dass diese Anspannung noch zunehmen wird, sobald mehr russische Lieferungen wegfallen."
Nächste Woche findet das nächste Treffen der Organisation erdölexportierender Länder und ihrer Verbündeten statt, bei dem die Fördermengen des Ölverbundes diskutiert werden.
Es herrscht weitgehend Konsens darüber, dass die OPEC+ an ihrem Plan festhält, die Produktion im Juli um 648 000 Barrel pro Tag und im August um die gleiche Menge zu erhöhen, obwohl US-Präsident Joe Biden nach Saudi-Arabien reisen will, um für niedrigere Rohölpreise zu plädieren.
Ebenfalls in der kommenden Woche zu erwarten sind die aufgeschobenen Lagerbestandsdaten der US-amerikanischen Energy Information Administration, nachdem die Behörde die Zahlen für diese Woche am Donnerstag aufgrund technischer Probleme nicht veröffentlichen konnte.
"Diese Verzögerung kommt für den Markt zu einem kritischen Zeitpunkt, da es viele Bedenken hinsichtlich der Knappheit auf den Märkten für raffinierte Produkte gibt", fügte die ING hinzu.