PARIS/LONDON (dpa-AFX) - An den europäischen Aktienmärkten ist am Montag die Furcht vor einer neuen Euro-Krise umgegangen. Am Markt wurde als Grund auf die Nervosität vor dem am Sonntag anstehenden Verfassungsreferendum in Italien verwiesen. Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) schloss 1,04 Prozent tiefer bei 3016,80 Punkten und damit nur wenige Punkte oberhalb des kurz zuvor erreichten Tagestiefs. Der französische Cac-40-Index (CAC 40) büßte 0,88 Prozent auf 4510,39 Punkte ein und für den britischen FTSE-100-Index (ISE:UKX) ging es in London um 0,60 Prozent auf 6799,47 Punkte bergab.
"Aus dem Referendum über den Vorschlag zur Reform der italienischen Verfassung ist ein Referendum über das Amt von Matteo Renzi geworden", sagte Adolfo Laurenti von der Schweizer Privatbank J. Safra Sarasin. Es wird ein Machtvakuum befürchtet, das den Anti-EU-Kräften in Italien Auftrieb verleihen könnte. Besonders deutlich ging es vor diesem Hintergrund für den italienischen FTSE MIB (AFF:XMB) abwärts: Er büßte 1,81 Prozent ein.
Bei Einzelaktien machten sich die Sorgen vor allem bei unter Druck stehenden Bankenwerten (DJX:SX7P) bemerkbar, deren Teilindex als Schlusslicht in der Sektortabelle 1,80 Prozent einbüßte. Eine Ablehnung der Verfassungsreform könne "hohe Schockwellen durch die Märkte und vor allem das Bankensystem jagen", sagte Marktanalyst Neil Wilson von ETX Capital. Auch der Druck auf den Euro könne sich bei einer Niederlage weiter verschärfen.
Bei Einzelwerten verwies Wilson inbesondere auf die nach dem Referendum anstehende Rekapitalisierung der Banca Monte dei Paschi di Siena (BMPS) (MILAN:BMPS) (FSE:MPI). "Im Fall eines Nein dürften Investoren kaum mehr nötiges frisches Kapital hineinpumpen", schätzt der Experte. Das Risiko einer Ansteckung anderer italienischer und europäischer Kreditinstitute sei hoch. Die zwischenzeitlich vom Handel ausgesetzten BMPS-Aktien sackten am Ende um fast 14 Prozent ab. Unter den weiteren italienischen Bankenwerten büßten Unicredit (MI:CRDI) (FSE:CRI) (AFF:UCG) rund 4,5 Prozent ein und Intesa Sanpaolo (ETR:IES) (MILAN:ISP) verloren mehr als 3 Prozent.
Abseits der Banken wirkten sich im Ölsektor vermehrte Zweifel belastend aus, ob die Mitglieder des Opec-Ölkartells wirklich gewillt sind, ihre bereits beschlossenen Förderkürzungen in die Tat umzusetzen. Der Sektor der Öl- und Gaswerte, der auch im Londoner FTSE 100 (ISE:UKX) stark vertreten ist, verlor 0,64 Prozent. Minenwerte tendierten dort jedoch wegen gestiegener Metallpreise eher freundlich: Rio Tinto (ISE:LON:RIO) (FSE:RIO1) legten gut 0,9 Prozent zu und Fresnillo (ISE:FRES) (FES:FNL) kletterten an der FTSE-Spitze um fast 4 Prozent.
In der Schweiz knüpften Actelion mit einem Aufschlag von rund 3 Prozent an ihre Kursrally der Vorwoche an. Das Biopharmaunternehmen blieb mit dem mittlerweile bestätigten Übernahmeinteresse des US-Konzerns Johnson & Johnson (XETRA:JNJ) (NYSE:JNJ) im Fokus des Marktes.