von Robert Zach
Investing.com - Der Ölpreis beschleunigte am Mittwoch seinen Ausverkauf auf den tiefsten Stand seit mehr als 18 Jahren. Grund dafür ist die Furcht der Ölhändler vor einem langfristigen Nachfrageeinbruch im Zuge der Coronavirus-Pandemie sowie der Preiskrieg der Saudis mit Russland.
Der Preis für die US-Ölsorte West Texas Intermediate (WTI) sank 16,54 Prozent oder 4,55 Dollar auf 22,81 Dollar je Barrel. Das ist der tiefste Stand seit mehr als 18 Jahren.
Für den Preis der Nordseesorte Brent ging es 11,17 Prozent oder 3,14 Dollar auf 25,54 Dollar je Barrel abwärts. Damit ist die Benchmark für Öl außerhalb der USA so günstig wie zuletzt im Jahr 2003.
Sowohl von der Angebots- als auch von der Nachfrageseite wächst der Druck auf die Ölpreise. Eine Verlangsamung der weltweiten Reise- und Geschäftsaktivitäten belastet die Nachfrage, während die wichtigsten Produzenten Saudi-Arabien und Russland ihre Ölproduktion erhöhen wollen.
"Wir erwarten einen starken Rückgang der weltweiten Nachfrage", sagte Hans van Cleef, Energieökonom bei ABN Amro. Dies werde zu höheren Lagerbeständen führen, prognostiziert er. "Diese Kombination wird die Ölpreise unter Druck halten und das Aufwärtspotenzial begrenzen", fügte er hinzu
Weitere Preisabschläge seien zwar zu erwarten, so Hans van Cleef. Diese seien aber wohl nur vorübergehender Natur, weil man in der zweiten Jahreshälfte mit einer Erholung der Wirtschaftsaktivität rechne und somit auch mit einem Wiederanstieg der Ölpreise.
Angesichts des Überangebots und den höheren Lagerbeständen sei das Aufwärtspotenzial jedoch bis Jahresende 2020 auf 45 Dollar je Barrel (WTI) begrenzt. Bis September 2020 erwartet die niederländische Bank eine Ölpreiserholung auf bis zu 35 Dollar.
Am Dienstag hatte bereits Goldman Sachs (NYSE:GS) seine Ölprognose für das zweite Quartal nach unten korrigiert. Sie sehen WTI und Brent nun im Durchschnitt bei 20 Dollar pro Barrel stehen. Die Großbank glaubt, dass der Ölverbrauch um 8 Millionen Barrel pro Tag eingebrochen ist. "Die Nachfrageverluste im gesamten Komplex sind jetzt beispiellos", sagte Jeffrey Currie, der Leiter der globalen Rohstoffabteilung, in einer Kundennotiz.
Als ein weiterer preisbelastender Faktor gilt das Auslaufen des OPEC+-Förderkürzungen am Ende des Monats, was bedeutet, dass die Staaten bald so viel fördern dürfen, wie sie wollen.
Nachdem die Gespräche zwischen der OPEC und ihren Verbündeten, der OPEC+, Anfang des Monats gescheitert waren, will Saudi-Arabien seine Tagesproduktion auf rekordhohe 12,3 Millionen Barrel pro Tag im April weiter hochfahren. Zum Vergleich: Im Februar förderte das Königreich etwa 9,7 Millionen Barrel pro Tag. Auch Russland hatte kürzlich angekündigt, seine Ölproduktion zu erhöhen.
Der Irak dringt nun auf ein Notfalltreffen der Opec, um Sofortmaßnahmen zur Unterstützung der Märkte zu besprechen, wie Reuters heute berichtete.
"Von Tag zu Tag geht eine weitere Falltür für die Ölpreise auf, und wir erwarten, dass die Preise weiter nach unten werden, bis ein Kostengleichgewicht erreicht ist und die Produktion eingestellt wird", sagte Louise Dickson, Analystin von Rystad Energy.
"Es handelt sich um das wohl düsterste Nachfragebild für Öl, das wir seit langem erlebt haben, mit dem gleichzeitigen Zusammenbruch von Kerosin, Benzin, Schiffskraftstoff, Petrochemikalien und Öl für die Stromerzeugung."
Hinweis: Hier geht es zur Seite mit den Rohstoff-Future-Kursen, hier zum Ölpreis-Chart, hier zur technischen Ölpreis-Übersichtsseite und hier zu den Ölpreis-Einzelkontrakten. Alle Energiepreise in der Übersicht gibt es hier. In unserem Ölpreis-Forum können Sie Meinungen, Gedanken und Wissen austauschen. Die wichtigsten Wirtschaftsereignisse des Tages finden Sie in unserem Wirtschaftskalender.