Investing.com - Nach der rasanten Rallye der zurückliegenden Monate und des am Wochenende zu beobachtenden 550 Milliarden Dollar schweren Flash Crash dürfte es an den Krypto-Märkten nun etwas rauer zugehen. Das zumindest erwarten einige Krypto-Marktbeobachter. Sie sehen in den nächsten Wochen kaum positive Impulse für Bitcoin, Ethereum und Co, wohl aber einige Risiken.
Die lang erwartete Korrektur am Krypto-Markt hat offenbar eingesetzt. Jedenfalls erlebten die Bitcoin-Händler in den letzten vier Wochen drei Wochen mit Kursverlusten hintereinander. Auf Vier-Wochen-Sicht hat Bitcoin deutlich mehr als 25 Prozent verloren.
Der Washout beschleunigte sich am Samstagmorgen in Asien, als überhebelte Krypto-Investoren ihre Positionen auflösten und den Bitcoin-Preis damit unter die viel beachtete 200-Tage-Linie (46.300 Dollar) beförderten, was zusätzliche Verkaufsaufträge nach sich gezogen hatte, weil viele die genannte Glättungslinie gerne als Absicherung für ihre Positionen nutzen.
Mit 42.200 Dollar markierte Bitcoin den tiefsten Stand seit dem 30. September. Die Gewinne aus dem Hype rund um die Zulassung des ersten in den USA zugelassenen ETFs (NYSE:BITO) sind damit Geschichte.
Am Sonntag erholten sich zwar die Kurse von Bitcoin, Ethereum und Binance Coin. "Nach dem Deleverage der vergangenen Tage steigen nun einige Händler wieder ein", glaubt ein Krypto-Trader. Ob damit das Schlimmste jedoch bereits überstanden ist, ist aber nach Ansicht von Krypto-Experten fraglich.
Bitcoin, Ethereum & Co: Experten erwarten keine großen Sprünge
Viele agieren vorsichtig und gehen davon aus, dass deutliche Kursgewinne im Krypto-Universum auf kurze Sicht nicht zu erwarten seien. Der Grund: die Federal Reserve (Fed), die früher als erwartet die geldpolitischen Daumenschrauben anziehen könnte und damit Kryptowährungen, die als riskante Assets gelten, nicht mehr so attraktiv erscheinen lassen könnten.
Gleichzeitig steht der Margin Debt, um auf US-Aktien zu setzen, heute so hoch wie nie zuvor. Das geht aus den monatlichen Daten der Financial Industry Regulatory Authority (Finra) hervor. Da Bitcoin und Aktien gemeinsam mit dem Margin Debt eine recht hohe Korrelation aufweisen, ist es ratsam, diesen Indikator nicht außer Acht zu lassen, insbesondere in Zeiten, in denen ein beschleunigtes Tapering und Zinserhöhungen auf die Agenda rücken.
Mehr als 935 Milliarden Dollar an geliehenem Geld per Berichtsmonat Oktober zu historisch günstigen Zinsen machen nicht nur die Aktienmärkte, sondern auch die Krypto-Märkte verwundbar. Denn mit strafferen Finanzierungsbedingungen könnte der sich in der Regel positive Effekt aus dem Margin Debt umkehren und zu einer Beschleunigung des Ausverkaufs sorgen. Eine Normalisierung der Geldpolitik stellt derzeit also ein großes Risiko dar - und das nicht nur für Aktien, sondern auch für Krypto-Werte wie Bitcoin, Ethereum, Cardano, Binance Coin, Ripple, Solana und andere Highflyer der letzten Monate.
Damit könnten die Pessimistischen auch in der neuen Woche bzw. im nächsten Jahr die Marschrichtung bei den Krypto-Assets bestimmen.
"Die Marke um 50.000 Dollar wird wohl noch eine ganze Weile als Widerstand fungieren, es sei denn, es kommt zu unglaublichen Dingen", sagte ein Krypto-Trader, der in der Branche unter dem Namen Filbfilb bekannt ist, zu Cointelegraph.
"Die Größe des Ausverkaufs und der Distribution wird wahrscheinlich zu einer Konsolidierung bis ins erste Quartal des nächsten Jahres führen. Die Mond-Mission an sich hat sich zwar noch nicht erledigt, aber einige werden den Zyklus wohl noch einmal überdenken“, fügte er hinzu.
Fear and Greed Index lässt hoffen
Optimistisch stimmt dagegen, dass viele der schwachen Hände, die sich im Krypto-Space rumgetrieben haben, wohl mit dem übergroßen Ausverkauf am Wochenende aus dem Markt genommen worden sind. Diesen Schluss lässt zumindest der Crypto Fear & Greed Index zu, der mit 16 Punkten so tief steht wie seit Mitte Juli nicht mehr. Damals markierte dies den Tiefpunkt für Bitcoin und sorgte für den jüngsten Rekordlauf bei der nach Marktkapitalisierung wichtigsten Kryptowährung.
Mit dem Fear and Greed Index lässt sich die aktuelle Stimmungslage der Händler an den Krypto-Börsen messen. Werte unterhalb von 20 lassen auf eine hohe Angst/Panik schließen. Vor allem in Zeiten von Angst lassen sich an den Märkten in der Regel die größten Renditen einfahren. Das aktuelle Indexniveau lässt genau diesen Rückschluss zu. Bitcoin könnte seinen Tiefpunkt (um 42.000 Dollar) also bereits gesehen haben. Allerdings ist der Angst und Gier Index nur ein Indikator von vielen. Vor der letzten Hausse bewegte sich das Instrument gut vier Monate in dem Angst-Bereich, während der Bitcoin-Kurs gen Süden konsolidierte. Das gleiche Szenario könnte jetzt auch eintreten. Insofern ist es wohl besser, die Füße stillzuhalten, bis auch der BTC-Chart eine Bodenbildung anzeigt.
Die Unterstützung um 46.300 Dollar dürfte weiter eine zentrale Signalzone für den Bitcoin bleiben. Darunter warten im Breakfall weitere Supports auf die Kryptowährung in Form horizontaler Unterstützungen bei 41.605 Dollar, 39.904 Dollar und 37.636 Dollar. Nach oben hin spielt neben der psychologisch wichtigen Marke von 50.000 Dollar vor allem die Glättung der letzten 100 Tage bei 54.514 Dollar eine wichtige Rolle. Letztgenannte Marke könnte zugleich als Breakpoint zu einem erneuten Rekordlauf für Bitcoins Kurs darstellen. Hierzu bräuchte es aber eine schnelle Kursstabilisierung.