Investing.com - Der Bitcoin ist kurzfristig so tief gefallen wie seit Ende September nicht mehr. Auch Ethereum, Solana, Cardano, Ripple XRP kommen unter die Räder. Zum Absturz kam es auch bei den beiden Spaß-Token Dogecoin und Shiba Inu.
In der Nacht auf Samstag hat der Bitcoin mit einem kräftigen Einbruch überrascht. Innerhalb von Minuten ging es schlagartig um rund 7.400 Dollar nach unten - ein Flash-Crash, der so unüblich in der volatilen Welt der Kryptowährungen nicht ist, aber dennoch für Aufsehen sorgt. Der BTC-Kurs fiel bis auf 42.587 Dollar, den tiefsten Stand seit 30. September, und räumte damit alle Stop-Losses ab, die sich knapp unterhalb der wichtigen 200-Tage-Linie bei 46.253 Dollar befanden, bevor eine Erholung einsetzte.
Zuletzt notierte der Bitcoin-Kurs 16,58 Prozent tiefer bei 47.446 Dollar. Seit dem Rekordhoch (68.890 Dollar) am 11. November hat die nach Marktkapitalisierung wichtigste Kryptowährung inzwischen über 30 Prozent an Wert verloren.
Schwere Verluste mussten auch die Altcoins hinnehmen. Ethereum (-15,4 Prozent), Binance Coin (-13,8 Prozent) und Solana (-19,7 Prozent) verbuchten allesamt prozentual zweistellige Verluste. Im Sog der erdrutschartigen Verluste der Top 5 Kryptowährungen wurden auch Cardano (-21,5 Prozent), Ripple XRP (-26,2 Prozent), Polkadot (-24,4 Prozent) und Avalanche (-15,5 Prozent) in die Tiefe gerissen.
Nach Daten von Coinglass (ehemals Bybt) wurden in der letzten vier Stunden Positionen im Wert von etwa 1,6 Milliarden Dollar aufgelöst, davon etwa 40 Prozent in BTC.
77,7 Prozent der Bitcoin-Glattstellungen in den letzten vier Stunde waren Long-Positionen.
Insgesamt wurden in den letzten 24 Stunden Positionen im Wert von 2,5 Milliarden Dollar aufgelöst, wovon rund 85 Prozent Long-Positionen waren.
Zwischenzeitlich verlor der Krypto-Markt gut 550 Milliarden Dollar an Markkapitalisierung auf nur noch 1,88 Billionen Dollar. Gegen 8:27 Uhr MEZ erholten sich die virtuellen Währungen wieder etwas, ebenso wie ihr Marktwert, der derzeit bei 2,17 Billionen Dollar liegt.
Grund für die Flucht der Anleger aus den während der Corona-Krise so gut gelaufenen Cyberdevisen dürften unter anderem Spekulationen über eine baldige Straffung der US-Geldpolitik sein.
Trotz der Omicron-Variante, die aktuell für rapide steigende Fallzahlen auf der ganzen Welt sorgt, überlegt die Federal Reserve (Fed) die geldpolitischen Zügel früher als erwartet zu straffen.
Nachdem US-Notenbankchef Jerome Powell und seine Kollegen seit Monaten predigen, der Preisanstieg sei nur "vorübergehend", hat er am Dienstag die Vokabel "transitory" quasi gestrichen - ein Hinweis darauf, dass man sich innerhalb der Fed allmählich über die himmelhohe Inflation, die mit 6,2 Prozent so hoch steht wie seit 1990 nicht mehr, ernsthafte Sorgen macht. Zudem deutete der erst vor Kurzem von US-Präsident Joe Biden für eine zweite Amtszeit nominierte Fed-Chef ein schnelleres Zurückfahren der Anleihekäufe an - ein Instrument, mit dem die Anleiherenditen in den letzten Monaten größtenteils in Schach gehalten wurden.
Das brachte nicht nur den Dollar kurzfristig nach oben, sondern eben auch die US-Zinsen am kurzen und langen Ende der Kurve legten kräftig zu. Diese Entwicklung ist aber nicht neu; bereits seit gut vier Wochen bewegen sich Bitcoin & Co invers zu Dollar und Anleiherenditen nach unten.
"Die Fed liefert die Bowle, und sie sind auch diejenigen, die die Bowle wieder wegnehmen", sagte Michael Antonelli, Stratege bei Baird, zur Nachrichtenagentur Reuters. "Die Märkte passen ihre Sicht auf die Zukunft schnell an".
Am Freitag im US-Späthandel taxierten die Terminkontrakte auf die Federal Funds Rate, welche die Erwartungen hinsichtlich der kurzfristigen Zinssätze abbilden, die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung durch die US-Notenbank bis Mai auf etwa 50 Prozent, wie das Fed Monitor Tool auf Investing.com zeigt. Anfang November lag die Wahrscheinlichkeit noch bei 31 Prozent.
Wie nachhaltig die jüngsten Bewegungen am Krypto-Markt sind, hängt auch davon ab, ob die Federal Reserve von ihrer härteren Gangart wieder abweichen muss, da mit der Omicron-Variante ein neuer Risikofaktor für die Konjunktur hinzugekommen ist. So gesehen ist noch offen, ob Bitcoin & Co. just in einen neuen Bärenmarkt gerutscht sind.
Die größte Kryptowährung wird von vielen Anlegern als Hedge gegen eine erhöhte Inflation angesehen - auf der Grundlage der Idee, dass ihr Angebot durch den Code in der Blockchain begrenzt ist. Dieses begrenzte Angebot steht im Gegensatz zu der von Menschenhand bestimmten Geldpolitik der Federal Reserve, die ihre Bilanz auf etwa 8,7 Billionen Dollar aufgebläht hat, mehr als doppelt so viel wie Anfang 2020.