Investing.com - Steigende Kapitalmarktzinsen belasten Kryptowährungen. Zudem nimmt der regulatorische Druck auf die aufstrebende Anlageklasse zu. Droht die Asset-Klasse nun zum Billionen-Dollar-Grab zu werden?
In den letzten 24 Handelsstunden verlor Bitcoin 5,39 Prozent an Wert und wurde zuletzt bei 39.955 Dollar gehandelt. Mit 39.293 erreichte die nach Marktkapitalisierung wichtigste Cyber-Devise der Welt den tiefsten Stand seit Mitte März. Im Rahmen des jüngsten Abwärtsimpulses wurde zudem die Glättung der letzten 100 Tage bei 41.441 Dollar unterschritten. Dass das Chartbild weiterhin bärisch ist, belegt die Tatsache, dass es dem Bitcoin Ende März nicht gelang, über seine 200-Tage-Linie bei 48.185 Dollar zu springen. Seither geht es für die Digitalwährung unaufhörlich bergab.
Unter Druck stand auch Ethereum. Die zweitgrößte Kryptowährung fiel um 5 Prozent auf 3.014 Dollar. Solana und Cardano, die ebenfalls in den Top 10 der Krypto-Charts zu finden sind, verloren 7 bzw. 6 Prozent.
XRP, Terra und Avalanche verbuchten Verluste von 4,6 bis 3,4 Prozent.
Mit dem jüngsten Ausverkauf wurde die Korrelation zwischen dem Bitcoin und dem Nasdaq einmal mehr deutlich. Beide hatten zur gleichen Zeit ihr Hoch erreicht und drehten dann gen Süden.
Dies geschah vor dem Hintergrund ständig steigender Anleiherenditen in den USA und anderswo auf der Welt. Mit 2,836 Prozent erreichte die Zehnjahresrendite am Dienstagmorgen den höchsten Stand seit Dezember 2018. Gleichzeitig nähert sich der Realzins in den USA zum ersten Mal seit März 2020 der Nullmarke.
Steigende Realzinsen (NYSE:TIP) machen Anleihen attraktiver, die mehr Sicherheit bieten als Aktien. Dies wirkt sich nicht nur auf den Aktien-, sondern auch auf den Kryptomarkt aus. Die zukünftigen Geldzuflüsse verlieren bei stärker wachsenden Unternehmen an Wert. Aufgrund höherer Zinsen sinkt der heutige abgezinste Barwert. Zudem wird es insbesondere für Unternehmen, die heute noch keine Gewinne erwirtschaften, immer teurer, sich mit Fremdkapital zu finanzieren.
Höhere Zinsen führen außerdem zu einem Austrocknen der Liquidität auf dem Markt, wodurch ein Teil des in Krypto-Futures und anderen Derivatemärkten aufgebauten Leverage abgeschöpft wird.
Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass der Realzins immer noch unter der Nullmarke liegt, während die Inflation in den USA mit 7,9 Prozent auf dem höchsten Stand seit mehr als 40 Jahren ist. Auch wenn die Zinsen steigen, verlieren Anleger, die in Anleihen investieren, immer noch Geld.
Ein weiterer Belastungsfaktor für Kryptowährungen sind die immer strenger werdenden gesetzlichen Rahmenbedingungen. Mehrere ausländische Regierungen und Finanzaufsichtsbehörden planen den Erlass neuer Vorschriften für den Umgang mit Cyberdevisen.
US-Finanzministerin Janet Yellen sagte erst gestern während einer Rede, die Biden-Administration werde intensiv daran arbeiten, ein klareres Regelwerk zur Regulierung digitaler Vermögenswerte und ihrer Verwendung im US-Zahlungssystem zu schaffen.
Doch ein klares Regelwerk könnte auch dazu beitragen, die noch junge Asset-Klasse salonfähig zu machen.
So glaubt Bloomberg Intelligence, dass sich Kryptowährungen durch eine klarere Regulierung von einem Nischenangebot zu einem etablierteren Anlageprodukt entwickeln und schließlich den Mainstream erreichen könnten.
Julie Chariell, Senior-Fintech-Branchenanalystin bei Bloomberg Intelligence, sagte: "Bitcoin wird 2022 13 Jahre alt und kommt damit ins Teenageralter, das durch größere Unabhängigkeit in Form von Dezentralisierung, einer gewissen Aufsässigkeit, die sich in seiner Volatilität zeigt, sowie einer Identitätsbildung als Wertaufbewahrungsmittel oder Tauschmittel gekennzeichnet ist."
"Mit etwas mehr Disziplin durch Regulierung hat die Kryptowährung durchaus das Zeug dazu, sich im Mainstream zu etablieren."
Ein Billionen-Dollar-Grab droht der Anlageklasse Kryptowährungen daher zwar nicht, aber vor dem Hintergrund steigender Realzinsen und damit dem Wiedererstarken festverzinslicher Wertpapiere bekommen Bitcoin, Ethereum und Co. große Konkurrenz, die noch für einige Zeit für Turbulenzen am Markt sorgen dürfte.