Von Geoffrey Smith
Investing.com - Die britische Wirtschaft ist zum ersten Mal seit sechs Quartalen in den drei Monaten bis September geschrumpft. Der Rückgang der Wirtschaftskraft ist vor allem auf die Energiekrise in Europa und die höchste Inflation seit 40 Jahren zurückzuführen.
Das Bruttoinlandsprodukt fiel gegenüber dem 2. Quartal um 0,2 %. Erwartet wurde ein Rückgang um 0,5 %. Eine unerwartet starke Leistung der Industrie im September verhinderte jedoch schlimmeres. So stieg die Industrieproduktion um 0,2 % und die Fertigungsleistung blieb im Monatsverlauf unverändert. Für beide Bereich wurden zuvor Rückgänge prognostiziert. Das reichte jedoch nicht aus, einen Einbruch des BIP im September um 0,6 % zu verhindern. Im September waren die britischen Wirtschaftsaktivitäten aufgrund der Staatstrauer für Queen Elizabeth II weitestgehend reduziert.
Trotzdem schlittert das Land anhand der aktuellen Zahlen wohl in die längste Rezession seit Jahrzehnten, wie die Bank of England gewarnt hat. Die hohe Inflation und aggressive Zinsanhebungen schaden sowohl der Verbraucher- als auch der Geschäftsstimmung.
Die Zahlen bedeuten, dass das Vereinigte Königreich die einzige der G7-Volkswirtschaften ist, in der das BIP immer noch unter dem Niveau vor der Pandemie liegt. Ein Beweis für den strukturellen Gegenwind für das Wachstum, der durch den Brexit geschaffen wurde, der den Exporteuren des Landes geschadet hat und den Arbeitsmarkt nahezu ausgehöhlt hat.
Insgesamt blieb die Produktion im Dienstleistungssektor im 3. Quartal unverändert, was auf einen Rückgang der verbraucherorientierten Dienstleistungen zurückzuführen war. Insbesondere die Verkaufsmengen im Einzelhandel gingen im Berichtszeitraum um 1,9 % zurück. Der Produktionssektor schrumpfte um 1,5 %, wobei alle 13 Teilsektoren des verarbeitenden Gewerbes Produktionsrückgänge verzeichneten.
Das 4. Quartal dürfte aufgrund der Marktturbulenzen, die die kurze Amtszeit von Liz Truss als Premierministerin begleiteten, und des starken Anstiegs der regulierten Energiepreise für Haushalte ab Oktober weiter belasten.
„Das sehr niedrige Niveau der Nachfrageindikatoren – der Auftragsindex der Einkaufsmanagerindex-Umfrage fiel von 48,6 im September auf nur 46,8 im Oktober – und das extrem niedrige Verbrauchervertrauen deuten darauf hin, dass das BIP im 4. Quartal wahrscheinlich weiter sinken wird“, schrieb Pantheon Macroeconomics-Analyst Samuel Tombs in einer Kundenmitteilung. Tombs erwartet, dass das BIP im nächsten Jahr um weitere 1,5 % schrumpfen wird, bevor es 2024 zu einer leichten Erholung kommt.
Die Zahlen waren in den Tagen vor der Veröffentlichung von den Märkten weitgehend diskontiert worden und hatten wenig Einfluss auf das britische Pfund. Die aktuellen US-Inflationsdaten sorgten sogar für Unterstützung für die britische Währung.