* Exportfirmen müssen starken Franken fürchten
* Analysten passen schon Gewinnschätzungen an
* Zulieferer könnten profitieren
- von Catherine Bosley und Rupert Pretterklieber -
Zürich, 20. Jul (Reuters) - Auf den ersten Blick kann die Schweizer Wirtschaft den starken Franken gut wegstecken. Für einzelne Firmen, die im Inland produzieren und ihre Produkte überwiegend im Euroraum absetzen, kann die Frankenaufwertung aber schmerzlich sein und den Gewinn mindern. Analysten haben bereits begonnen, ihre Gewinnschätzungen anzupassen - das könnte auch die Aktienkurse belasten.
"Firmen, die in Franken rechnen, deren Einnahmen aber vor
allem in Euro anfallen, werden weniger verdienen", sagte Jon Cox
von Kepler Capital Markets. Laut einer Studie der Bank Sarasin
dürften unter anderen der Logistiker Kühne & Nagel
In der volkswirtschaftlichen Statistik schlägt sich der starke Franken noch nicht spürbar nieder. Im ersten Halbjahr stiegen die Schweizer Exporte um 8,2 Prozent auf 96 Milliarden Franken. Die Lieferungen in die EU, die etwa 60 Prozent der Schweizer Exporte abnimmt, wuchsen laut der am Dienstag veröffentlichten Außenhandelsstatistik mit knapp sechs Prozent aber weniger schnell als etwa die nach Asien.
NIEDRIGER EURO HAT AUCH VORTEILE
Der niedrige Eurokurs hat aber nicht nur Nachteile. Bei vielen Firmen fallen auch größere Teile der Kosten im Ausland an. Mehr als drei Viertel aller Schweizer Warenimporte stammen aus der Eurozone. Darunter sind auch Vorprodukte und Maschinen - und die wurden durch die Franken-Aufwertung günstiger. Andere Firmen verfügen über Standbeine im Euroraum und exportieren von dort aus in andere Regionen wie Asien, wo überwiegend in Dollar abgerechnet wird. Das wiederum könnte allerdings zu einer Verlagerung von Produktion und Arbeitsplätzen aus der Schweiz in den Euroraum führen.
Fein raus sind die Schweizer Firmen, die ihre Bücher nicht
in Franken führen. Der Luxusgüterhersteller Richemont
Im Grundsatz ist ein steigender Frankenkurs für viele Firmen nichts Neues. Die Schweizer Währung wertet seit Jahren tendenziell auf. "Aber wenn die Aufwertung so schnell geht, tut es sicher weh", sagte Sven Bucher, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Bisher sei die Entwicklung aber noch nicht dramatisch. Bucher rechnet für den Moment mit einem negativen Währungseinfluss auf die Gewinne von rund fünf Prozent. "Sollten die Kurse so bleiben, könnte der negative Einfluss auf die Gewinne aber zehn Prozent oder mehr ausmachen", sagte er.
Für Schweizer Zulieferer ausländischer Konzerne kann der
schwache Euro auch positiv sein. "Für Zulieferer von
Euro-Firmen, die gut laufen, ist das sogar ein Vorteil. Wer etwa
Siemens
Andere Branchen wie die auf die Schweiz konzentrierten Immobiliengesellschaften sind vom starken Franken kaum betroffen. Schweizer Einzelhändler profitieren wiederum auf der Beschaffungsseite von niedrigeren Einkaufspreisen.
Die Schweiz exportiert ohnehin weniger Massengüter als vielmehr Investitionsgüter und andere Spezialprodukte wie Luxusuhren, Arzneimittel oder Präzisionsinstrumente, die nicht ohne weiteres auf anderen Märkten beschafft werden können. "Bei solchen Qualitätsprodukten läuft der Wettbewerb nicht über den Preis", sagte Cornelia Luchsinger von der ZKB.
(redigiert von Olaf Brenner)