Frankfurt (Reuters) - Die anhaltende Stärke des Euro macht den europäischen Börsen zu schaffen.
Allerdings bewahrte die Erleichterung über den beigelegten Handelsstreit zwischen den USA und Mexiko die Aktienmärkte vor größeren Kursverlusten und hievte die Wall Street auf neue Rekordstände. "Das, was bekannt wurde, markiert einen Rückschritt gegenüber dem Nafta-Abkommen", sagte Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann. "Aber es ist besser als ein Handelskrieg."
Der Euro kostete am Dienstag mit 1,1733 Dollar zeitweise so viel wie zuletzt vor etwa einem Monat. Damit wertete er binnen zwei Wochen um rund vier US-Cent auf und schmälerte die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Waren auf dem Weltmarkt. Dax und EuroStoxx50 lagen am Abend jeweils knapp im Minus bei 12.527,42 und 3455,50 Punkten. An der Wall markierten der Technologie-Index Nasdaq und der breit gefasste S&P 500 mit 8046,32 und 2903,77 Zählern jeweils neue Bestmarken.
Die USA und Mexiko einigten sich auf einen Ersatz für das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta). Mit dem dritten Nafta-Mitglied Kanada soll bald verhandelt werden. Unklar ist, ob Kanada dem neuen Abkommen beitritt. An diesem Punkt könnte die Vereinbarung komplett scheitern, warnte Paul Donovan, Chefvolkswirt der Vermögensverwaltung der Bank UBS (SIX:UBSG). Ohne eine Einigung mit Kanada werde es schwierig, den mit Mexiko ausgehandelten Deal durch den US-Kongress zu bringen.
PFUND ERNEUT UNTER DRUCK - ITALIENS BOND-RENDITEN STEIGEN
Der Euro legte nicht nur zum Dollar, sondern auch zum Pfund zu. Die britische Währung war mit 1,0988 Euro so billig wie zuletzt vor einem Jahr. Sie leidet unter der wachsenden Furcht vor einem Ausstieg Großbritanniens aus der EU ohne einen Vertrag über die künftigen Beziehungen. Ein solcher "No-Deal-Brexit" wäre aber kein Weltuntergang, sagte die britische Premierministerin Theresa May.[L8N1VJ3VH] Zur Beruhigung hätten diese Aussagen nicht beigetragen, betonten Börsianer. May habe die Warnungen ihres Finanzministers Philip Hammond vor den Folgen eines ungeordneten Brexit konterkariert.
Aus den Depots flogen auch italienische Staatsanleihen. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Titel auf ein Drei-Monats-Hoch von 3,211 Prozent. Anlagestratege Sebastian Fellechner von der DZ Bank führte den Bond-Verkauf auf Aussagen des italienischen Vize-Regierungschefs Luigi Di Maio zurück, wonach Italien im kommenden Jahr womöglich die EU-Obergrenze bei der Staatsverschuldung reißen könnte. "Das schürt Sorgen wegen der Verschuldung und wegen der Beziehungen Italiens zu Brüssel", sagte Fellechner.
AUTOBAUER GEFRAGT - US-KURSFEUERWERK BEI DEUTSCHER FIRMA
Bei den Aktienwerten profitierten die deutschen Autobauer erneut vom USA/Mexiko-Deal, weil sie in Mexiko produzierte Fahrzeuge in den USA verkaufen. Die Papiere von BMW (DE:BMWG), Daimler (DE:DAIGn) und Volkswagen (DE:VOWG) stiegen um bis zu 1,4 Prozent. Der europäische Branchenindex gewann 1,1 Prozent.
An der Wall Street sorgte das Heidelberger Unternehmen Affimed für Furore. Die dort notierten Titel der Biotechfirma stiegen dank möglicher Milliardeneinnahmen aus einer Kooperation mit einer Roche-Tochter um bis zu 175 Prozent auf ein Zweieinhalb-Jahres-Hoch von 4,40 Dollar. Das ist der größte Kurssprung der Firmengeschichte. Durch diesen Deal würden weitere Aufträge wahrscheinlicher, schrieb Analyst Yale Jen vom Vermögensverwalter Laidlaw in einem Kommentar. Er rate zum Kauf der Aktie und sehe das Kursziel bei 15 Dollar.