Dresden (Reuters) - Angesichts der Kritik über das enttäuschende Wahlergebnis der Union und Zweifel an der geplanten Jamaika-Koalition hat Angela Merkel einen Sonderparteitag der CDU zugesagt.
Eine Koalition von CDU, CSU, Grünen und FDP habe es auf Bundesebene noch nicht gegeben, sagte die Parteichefin am Samstag auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Dresden. "Deshalb unterstütze ich voll und ganz die Erwartung, dass wir eine vielleicht existierende (...) Koalitionsvereinbarung dann auf einem Parteitag diskutieren und verabschieden." Der Kanzlerin wurde in einer Diskussion von etlichen Rednern der gemeinsamen Jugendorganisation von CDU und CSU vorgeworfen, sie habe nicht die richtigen Schlüsse aus dem Wahlergebnis gezogen. Merkel sagte eine personelle Erneuerung des Kabinetts bei einer Regierungsbildung zu, nannte aber keine Details.
In Dresden wurde die Kluft zwischen den 15 CDU-Landesverbänden der JU und dem CSU-Verband aus Bayern deutlich. Dieser verweigerte der Kanzlerin den Applaus. Merkel betonte erneut, dass die Union trotz der Verluste am 24. September ihre "strategischen Ziele" erreicht habe, weil sie wieder eine Regierung anführen werde. Dagegen sprach der bayerische JU-Vorsitzende Hans Reichhart von einer "krachenden Niederlage". Am Sonntag müssen die Spitzen von CDU und CSU eine Einigung etwa in der umstrittenen Frage einer Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme erreichen, damit Sondierungsgespräche mit FDP und Grünen beginnen können. Die JU hatte sich in einer Dresdner Erklärung zuvor für eine Steuerung der Zuwanderung ausgesprochen, aber nicht für eine Obergrenze.
Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, hatte bereits am Freitag einen CDU-Sonderparteitag gefordert, um über einen Jamaika-Koalitionsvertrag diskutieren zu können. CSU, FDP und Grüne haben entweder Parteitage oder Mitgliederentscheide angekündigt, um ein eventuelles Regierungsprogramm billigen zu lassen.
"AUF ABSEHBARE ZEIT NICHT REGIERUNGSFÄHIG"
Merkel warnte vor allem die CSU davor, auf eine Fortsetzung der großen Koalition mit der SPD zu hoffen. Dies wird von einigen CSU-Politikern als günstigere Ausgangslage für die bayerische Landtagswahl 2018 angesehen. "Es ist offensichtlich, dass die SPD auf Bundesebene auf absehbare Zeit nicht regierungsfähig ist", sagte Merkel dagegen. "Deshalb rate ich uns allen, keine weiteren Gedanken darauf zu verschwenden." Man solle versuchen, ohne Missmut ein Jamaika-Bündnis hinzubekommen. Merkel warnte zudem davor, das Wählervotum zu missachten und auf Neuwahlen zu setzen.
Die CDU-Chefin räumte ein, dass die Flüchtlingskrise der wahrscheinlich wichtigste Grund für die Verluste an die AfD gewesen sei. Allerdings gebe es auch andere. Sie wolle das Ergebnis nicht schönreden. Zugleich mahnte Merkel, dass die Union ihre Verhandlungsposition in den anstehenden Gesprächen mit FDP und Grünen nicht durch eine Selbstzerfleischung schwächen dürfe. Sie wolle sich weiter mit Hochdruck dafür einsetzen, dass die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt würden. Dies lehnen die Grünen bisher ab.
Zugleich bekannte sich die CDU-Vorsitzende zum Ziel, die AfD wieder aus dem Bundestag drängen zu wollen. "Ich stehe dazu, dass rechts von der Union keine Partei sein sollte", betonte sie mit Hinweis auf den damaligen CSU-Chef Franz Josef Strauß. "Aber Franz Josef Strauß, dem ich leider nie begegnet bin, hätte sicher nicht dazu aufgefordert, unsere eigenen Prinzipien zu verraten, um das zu erreichen."