- von Lucia Mutikani
Washington (Reuters) - Überraschend schwache Daten vom Arbeitsmarkt sprechen gegen eine rasche Zinserhöhung in den USA.
Im April entstanden nur 160.000 neue Jobs, der niedrigste Wert in den vergangenen sieben Monaten, wie das Arbeitsministerium am Freitag in Washington bekanntgab. Von Reuters befragte Experten hatten damit gerechnet, dass das Plus wie in den Vormonaten über der 200.000er-Marke liegen würde. Doch der Staat baute unter dem Strich 11.000 Stellen ab. Die getrennt erhobene Arbeitslosenquote verharrte bei 5,0 Prozent; dies aber nur, weil sich mehr als 360.000 Amerikaner frustriert vom Jobmarkt abwendeten und aus der Statistik herausfielen.
Die Notenbank Fed, die Vollbeschäftigung fördern soll, dürfte die Entwicklung mit Sorge sehen. Für die Mitte Juni anstehende nächste Zinssitzung rechnen viele Investoren daher nicht mit einer Erhöhung. US-Händler gehen nun sogar davon aus, dass die Währungshüter entgegen eigener Prognosen dieses Jahr überhaupt nicht mehr die Zügel straffen werden. Der Euro zog nach Veröffentlichung der enttäuschenden Job-Daten kurzzeitig zur US-Währung auf ein Tageshoch von 1,1476 Dollar an, während die US-Börsen im Minus eröffneten.
Die Arbeitsmarktdaten könnten der Fed auch deshalb Anlass zur Sorge geben, da das Bruttoinlandsprodukt in den USA von Januar bis März aufs Jahr hochgerechnet nur um 0,5 Prozent zugelegt hatte. Sollte nach diesem Schwächeanfall nun auch der Jobmotor ins Stottern geraten, müsste die Notenbank ihre Pläne wohl überdenken, die Zinsen noch dieses Jahr zu erhöhen. Sie hatte im Dezember erstmals seit fast zehn Jahren die geldpolitischen Zügel angezogen. Danach folgten allerdings keine weiteren Anhebungen mehr.
WÄHRUNGSHÜTER: ERHÖHUNG IM JUNI BLEIBT OPTION
Die Währungshüter hatten ihren vorsichtigen Kurs zuletzt insbesondere mit der Abkühlung der Weltkonjunktur und Finanzmarktturbulenzen begründet. Für den Chef der Federal Reserve von St. Louis, James Bullard, ist eine Anhebung im Juni dennoch nicht vom Tisch. Falls es die Wirtschaftsdaten erforderten, sei eine rasche Straffung durchaus vorstellbar, sagte er wenige Stunden vor der Veröffentlichung der Job-Daten. Ökonom Thomas Gitzel von der VP Bank in Liechtenstein geht jedoch nicht davon aus: "Die Notenbanker in Washington sind stark verunsichert und wollen nichts falsch machen."
Nach Ansicht des Ökonomen Phil Orlando vom US-Finanzhaus Federated Investors muss die Fed in den kommenden Monaten stets auch eine gewisse "Angst der Investoren" vor den Präsidentenwahlen im November mit ins Kalkül nehmen. Diese speise sich aus der Ungewissheit über den Ausgang des voraussichtlichen Duells zwischen der Demokratin Hillary Clinton und dem Republikaner Donald Trump. Aktuell hält die Fed die Leitzinsen in einer Spanne zwischen 0,25 und 0,5 Prozent.