KÖLN/BERLIN (dpa-AFX) - Nach dem Urteil zu Google-Sucheinträgen macht sich auch die deutsche Internetbranche für einen einheitlichen Datenschutz in Europa stark. Der müsste dann für alle Anbieter, einschließlich Technologiekonzerne aus den USA, gelten. "Ein Unternehmen, wenn es hier Geschäfte machen will, hat sich hier an die Gesetze zu halten", sagte der Vorstandsvorsitzende des Verbands der deutschen Internetwirtschaft (eco), Michael Rotert, am Sonntag im Deutschlandfunk.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am vergangenen Dienstag entschieden, dass Europas Bürger Google dazu verpflichten können, Links zu unangenehmen Dingen aus ihrer Vergangenheit aus dem Netz verschwinden zu lassen. Google müsse die Verweise aus seiner Ergebnisliste entfernen, wenn dort enthaltene Informationen das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz einer Person verletzen.
Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Andrea Voßhoff, forderte auch unabhängig von dem Urteil eine rasche Umsetzung der europäischen Datenschutzgrundverordnung. "Daten sind global, sie müssen global geschützt werden", sagte Voßhoff dem "Focus". Ein Grundrecht auf "Vergessenwerden" im Internet hält sie jedoch nicht für erforderlich. Die Persönlichkeitsrechte seien ausreichend geschützt.
Die Reform des Datenschutzes in der EU kommt trotz aller Beteuerungen von Politikern bisher nur langsam voran. Zuletzt war eine Verabschiedung noch vor der Europawahl angepeilt worden, was aber als fraglich gilt. Es hatte hunderte Änderungsvorschläge zu einem Entwurf gegeben, den EU-Justizkommissarin Viviane Reding Anfang 2012 vorgelegt hatte. Das EU-Parlament hatte zwar im März dieses Jahres zugestimmt, eine Einigung im EU-Rat steht aber noch aus.
Google wird nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstag) derzeit mit Löschanträgen überhäuft. Es gebe "eine Flut von Anfragen", berichtete die Zeitung unter Berufung auf Kreise, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Der US-Internetkonzern hatte nach dem Urteil angekündigt, in einigen Wochen ein neues Verfahren für Löschanträge vorzustellen.
Große Freude angesichts des EuGH-Urteils herrscht beim früheren Chef des Automobil-Weltverbandes FIA, Max Mosley. Im Internet waren 2008 heimlich aufgenommene Fotos veröffentlich worden, die Mosley bei einer Sado-Maso-Party zeigen. Das Landgericht Hamburg untersagte Google, sechs dieser Bilder bei den Suchergebnissen anzuzeigen. Der Konzern legte Berufung ein, Mosley will notfalls bis vor den Bundesgerichtshof ziehen. "Mit diesem Urteil können jetzt aber auch normale Menschen gegen Google kämpfen - ohne Haus und Hof zu riskieren", sagte der 74-Jährige dem "Focus".b