FRANKFURT (dpa-AFX) - Gewinnmitnahmen haben den jüngsten Höhenflug am deutschen Aktienmarkt erst einmal beendet. Auslöser war am Dienstag der Kurssturz des Autozulieferers Leoni, der mit seinem pessimistischen Geschäftsausblick auch die Papiere der Wettbewerber in die Tiefe riss. Als Belastung hinzu kamen Kursverluste an den asiatischen Börsen.
Der Dax (DAX) beendete damit seine Serie von sieben Gewinntagen in Folge und rutschte unter der Marke von 10 000 Punkten. Am frühen Nachmittag lag das Minus bei 1,61 Prozent auf 9956,93 Punkte.
Schon zum Wochenstart hatte der Dax an Dynamik verloren und sich nur noch knapp ins Plus gerettet. Es werde langsam spürbar, dass der deutsche Leitindex sein kurzfristiges Aufwärtspotenzial größtenteils ausgereizt habe, schrieb Chartexperte Franz-Georg Wenner vom Börsenstatistik-Magazin Index-Radar.
Ende September hatte der Dax ein Jahrestief bei 9325,05 Punkten markiert, steht aktuell auf Jahressicht aber wieder mehr als 6 Prozent im Plus. Seinerzeit hatten Sorgen um Chinas Wirtschaft auf die Stimmung gedrückt; hinzu kam der VW-Skandal um manipulierte Abgaswerte.
KONJUNKTURERWARTUNGEN TRÜBEN SICH EIN Auch die anderen wichtigen Aktienindizes knickten am Dienstag ein: So fiel der MDax (MDAX) der mittelgroßen Aktienwerte um 2,06 Prozent auf 19 637,15 Punkte. Die Papiere des MDax-Mitglieds Leoni (XETRA:LEOGn) brachen alleine um mehr als 34 Prozent ein. Der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) gab um 1,73 Prozent auf 1725,64 Punkte nach. Beim Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) stand zuletzt ein Minus von 1,48 Prozent.
In das recht trostlose Bild passte, dass sich die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten im Oktober auch wegen des Volkswagen-Skandals (XETRA:VOW3) weiter eingetrübt hatten. Die Rahmenbedingungen blieben aber für die deutsche Wirtschaft nach wie vor günstig, schrieb Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank.
AUTOZULIEFERER GERATEN IN DEN SOG VON LEONI
Bei Leoni war der Gewinn im dritten Quartal überraschend gesunken. Nach Unternehmensangaben bereitete die Bordnetz-Sparte Probleme. Im vierten Quartal dürfte die schwächere Entwicklung des Geschäftsbereichs das Ergebnis weiter belasten, hieß es. Leoni gab in der Folge sein Gewinnziel auf.
Im Sog des Kurseinbruches bei Leoni büßten auch die Papiere anderer Zulieferer deutlich an Wert ein. So sackten die Anteilsscheine von Continental (XETRA:CONG), ElringKlinger (ETR:ZIL2), Dürr (XETRA:DUEG), Hella (XETRA:HLE) und Norma (XETRA:NOEJ) zwischen 2 und 7 Prozent ab. Der Börsenneuling Schaeffler (ETR:SHA) verlor rund zweieinhalb Prozent an Wert.
SAP EINSAM AN DER DAX-SPITZE
Am TecDax-Ende sackten die Papiere von Aixtron (ETR:AIXA) nach der Kappung des Umsatzziels für 2015 um rund 9 Prozent ab. Der Spezialmaschinenherstellers musste auf die Verschiebung von Lieferungen an einen chinesischen Großkunden reagieren.
Positiv überraschten indes die Geschäftszahlen von SAP (XETRA:SAPG). Europas größter Softwarekonzern verdiente im dritten Quartal operativ überraschend viel dank eines gut laufenden Geschäfts mit Mietsoftware in der sogenannten Cloud sowie mit klassischen Lizenz-Verkäufen. Die Anleger honorierten dies mit einem Plus von 5,34 Prozent auf 63,74 Euro - das bedeutete für SAP mit Abstand den Spitzenplatz im Dax.
Die Tags zuvor noch sehr gefragten Versorger rutschten derweil ans Dax-Ende. Die Papiere von Eon (ETR:EOAN) und RWE (XETRA:RWEG) gaben um 5 beziehungsweise 6 Prozent nach. "Wir raten, RWE und Eon zu verkaufen", hieß es vom Investmenthaus Kepler Cheuvreux. Analyst Ingo Becker hatte nach der jüngsten Erholungsrallye beide Aktien auf eine Liste zu meidender Werte gesetzt.