(Neu: Stimme von Fidelity Worldwide Investment)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die europäischen Finanzwerte haben am Donnerstag mit einem Kursfeuerwerk auf die Ergebnisse des EU-Gipfels reagiert. Die Bürden für die Banken fallen nicht so hoch aus wie befürchtet, meinten Börsianer. Insofern schnellten an der Spitze des Leitindexes EuroStoxx 50 die Titel der Societe Generale gegen 15.55 Uhr um 20,68 Prozent auf 22,645 Euro nach oben. Die Aktien von ING , Axa und BNP Paribas gewannen zwischen 13,6 und 17,3 Prozent. Im Dax setzten sich die Titel der Deutschen Bank mit einem Plus von 14,74 Prozent auf 32,62 Euro an die Spitze, die Commerzbank-Papiere kletterten um 14,42 Prozent.
Zum Vergleich legte der EuroStoxx um 5,93 Prozent auf 2.473,55 Punkte zu. Der Dax rückte um 5,13 Prozent vor.
UMFASSENDES PAKET GEGEN DIE SCHULDENKRISE
Europa hatte ein umfassendes Paket gegen die Schulden- und Bankenkrise und zur Rettung Griechenlands auf den Weg gebracht. Beim mit Spannung erwarteten Gipfel hatten sich die EU-Staatschefs und die Banken am frühen Donnerstagmorgen auf einen teilweisen Schuldenerlass für das hoch verschuldete südeuropäische Land geeinigt. Private Gläubiger wie Banken und Versicherer sollen auf die Hälfte ihrer Forderungen verzichten. Mit diesem Schuldenschnitt von 50 Prozent seien Banken und Versicherungen jetzt 'substanziell' beteiligt, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Zudem müssen sich die führenden Banken des Kontinents bis zum 30. Juni 2012 gut 106 Milliarden Euro frisches Kapital besorgen. Bis dahin müssen die systemrelevanten Banken ihre harte Kernkapitalquote auf neun Prozent anheben. Nur so kann die Branche nach Berechnungen der Europäischen Bankenaufsicht den Schuldenerlass verkraften.
ÜBERWIEGEND POSITIVE REAKTIONEN
Börsianer bewerteten die Ergebnisse des EU-Gipfels überwiegend positiv. 'Gut ist, dass überhaupt ein Ergebnis erzielt wurde', sagte Analyst Konrad Becker von der Münchener Privatbank Merck Finck. Befürchtungen, wonach es zu einem regellosen Konkurs Griechenlands kommen könnte, hätten sich nicht bewahrheitet.
Marktstratege Stan Shamu von IG Markets sprach von den europäischen Plänen zur Einigung in der griechischen Schuldenkrise als vermutlich letzte Hürde zur Lösung. Mit dem letzten Puzzleteilchen schienen die EU-Mitglieder einen Plan zur Vermeidung einer griechischen Zahlungsunfähigkeit und zur Restrukturierung des europäischen Bankensektors aufgelegt zu haben. Ein Händler sagte: 'Die Ergebnisse sind insgesamt wie erwartet, aber nicht so schlimm wie von einigen befürchtet ausgefallen.'
'SCHRITT IN DIE RICHTIGE RICHTUNG'
Dominic Rossi, Investmentmanager bei der Fondsgesellschaft Fidelity Worldwide Investment, bezeichnete die Rekapitalisierung der Banken als einen 'Schritt in die richtige Richtung': 'Die Entscheidung, den Banken eine Frist bis Ende Juni 2012 zu setzen, ist vernünftig. So können Banken einige Vermögenswerte verkaufen und müssen nicht direkt auf den Kapitalmarkt gehen, was derzeit schwierig wäre.'
Die gut 106 Milliarden Euro frisches Kapital würden dem Experten zufolge gewährleisten, dass die Banken der Eurozone nun eine Kernkapitalquote von mindestens neun Prozent erreichen. 'Ich gehe davon aus, dass sich die stärkeren Banken bemühen werden, deutlich über diesem Schwellenwert zu liegen. Kurzfristig wird sich dies negativ auf das Wachstum auswirken, da sich der Entschuldungsprozess fortsetzt. Allerdings ist ein Bankensystem mit mehr Eigenkapital auf längere Sicht vorteilhaft.'
DETAILS
Im Detail brauchen nun Banken aus Griechenland 30 Milliarden Euro sowie Institute aus Spanien 26 Milliarden Euro, italienische Banken benötigen knapp 15 Milliarden Euro und der Finanzsektor in Frankreich hat einen Bedarf von rund 9 Milliarden. Deutsche Banken benötigen frisches Kernkapital in Höhe von rund 5 Milliarden Euro.
Der Staat allerdings muss wohl zumindest bei den französischen und deutschen Banken nicht eingreifen. So sagte der französische Finanzminister Francois Baroin dem Radiosender RTL Radio, dass die französischen Banken wahrscheinlich kein Staatsgeld für die vom EU-Gipfel beschlossenen strengeren Kapitalvorschriften brauchen.
COMMERZBANK BENÖTIGT KEIN STAATSGELD
Auch die teilverstaatlichte Commerzbank benötigt keine weiteren Staatshilfen. Die am Mittwochabend geforderte harte Kernkapitalquote von neun Prozent bei gleichzeitiger marktgerechter Bewertung der Staatsanleihen könne die Bank unter anderem durch den Verkauf von Finanz-Anlagen im Nicht-Kernbereich oder von nichtstrategischen Geschäftsfeldern sicherstellen, teilte das Institut mit. Nach Veröffentlichung dieser Meldung zogen die Aktien der Commerzbank noch weiter an.
'Die Auswirkungen der Einigung sind für die europäischen Banken überschaubar', fuhr Merck-Finck-Analyst Becker fort. Sowohl der Schuldenschnitt von 50 Prozent als auch die geforderte Kapitalisierung von gut 106 Milliarden Euro seien geringer als befürchtet ausgefallen. Nun hätten die Institute acht Monate Zeit, um aus eigener Kraft das nötige Kapital zu beschaffen. Derzeit gehe der Markt nicht davon aus, dass die Deutsche Bank und die Commerzbank dafür eine Kapitalerhöhung benötigten.
AUCH SKEPTISCHE STIMMEN
Allerdings gibt es auch skeptische Analystenstimmen. 'Die Krise ist nicht vorbei', schrieb der Experte Christian Kahler von der DZ Bank. Die Details der wichtigsten beschlossenen Maßnahmen seien noch nicht endgültig ausgearbeitet. Dies betreffe insbesondere die Fragen hinsichtlich der exakten Gestaltung des 50-prozentigen, 'freiwilligen' Schuldenschnitts für griechische Staatsanleihen. Auch sei nicht klar, wie die Ausgestaltung des Core-Tier-1-Ratio der Banken von neun Prozent funktionieren wird, ohne eine deutliche Bilanzverkürzung der Banken mit möglichem Druck auf die Kreditmärkte zu riskieren.
Die Experten von Goldman Sachs meinten, dass eine Banken-Kapitalisierung allein nicht effektiv sein könne. Die Stabilität werde erst dann wieder in den Bankensektor zurückkehren, wenn die 'risikofreien Anlagen' der Institute, also die Staatsanleihen, tatsächlich wieder als sicher angesehen würden./la/he
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die europäischen Finanzwerte haben am Donnerstag mit einem Kursfeuerwerk auf die Ergebnisse des EU-Gipfels reagiert. Die Bürden für die Banken fallen nicht so hoch aus wie befürchtet, meinten Börsianer. Insofern schnellten an der Spitze des Leitindexes EuroStoxx 50
Zum Vergleich legte der EuroStoxx um 5,93 Prozent auf 2.473,55 Punkte zu. Der Dax rückte um 5,13 Prozent vor.
UMFASSENDES PAKET GEGEN DIE SCHULDENKRISE
Europa hatte ein umfassendes Paket gegen die Schulden- und Bankenkrise und zur Rettung Griechenlands auf den Weg gebracht. Beim mit Spannung erwarteten Gipfel hatten sich die EU-Staatschefs und die Banken am frühen Donnerstagmorgen auf einen teilweisen Schuldenerlass für das hoch verschuldete südeuropäische Land geeinigt. Private Gläubiger wie Banken und Versicherer sollen auf die Hälfte ihrer Forderungen verzichten. Mit diesem Schuldenschnitt von 50 Prozent seien Banken und Versicherungen jetzt 'substanziell' beteiligt, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Zudem müssen sich die führenden Banken des Kontinents bis zum 30. Juni 2012 gut 106 Milliarden Euro frisches Kapital besorgen. Bis dahin müssen die systemrelevanten Banken ihre harte Kernkapitalquote auf neun Prozent anheben. Nur so kann die Branche nach Berechnungen der Europäischen Bankenaufsicht den Schuldenerlass verkraften.
ÜBERWIEGEND POSITIVE REAKTIONEN
Börsianer bewerteten die Ergebnisse des EU-Gipfels überwiegend positiv. 'Gut ist, dass überhaupt ein Ergebnis erzielt wurde', sagte Analyst Konrad Becker von der Münchener Privatbank Merck Finck. Befürchtungen, wonach es zu einem regellosen Konkurs Griechenlands kommen könnte, hätten sich nicht bewahrheitet.
Marktstratege Stan Shamu von IG Markets sprach von den europäischen Plänen zur Einigung in der griechischen Schuldenkrise als vermutlich letzte Hürde zur Lösung. Mit dem letzten Puzzleteilchen schienen die EU-Mitglieder einen Plan zur Vermeidung einer griechischen Zahlungsunfähigkeit und zur Restrukturierung des europäischen Bankensektors aufgelegt zu haben. Ein Händler sagte: 'Die Ergebnisse sind insgesamt wie erwartet, aber nicht so schlimm wie von einigen befürchtet ausgefallen.'
'SCHRITT IN DIE RICHTIGE RICHTUNG'
Dominic Rossi, Investmentmanager bei der Fondsgesellschaft Fidelity Worldwide Investment, bezeichnete die Rekapitalisierung der Banken als einen 'Schritt in die richtige Richtung': 'Die Entscheidung, den Banken eine Frist bis Ende Juni 2012 zu setzen, ist vernünftig. So können Banken einige Vermögenswerte verkaufen und müssen nicht direkt auf den Kapitalmarkt gehen, was derzeit schwierig wäre.'
Die gut 106 Milliarden Euro frisches Kapital würden dem Experten zufolge gewährleisten, dass die Banken der Eurozone nun eine Kernkapitalquote von mindestens neun Prozent erreichen. 'Ich gehe davon aus, dass sich die stärkeren Banken bemühen werden, deutlich über diesem Schwellenwert zu liegen. Kurzfristig wird sich dies negativ auf das Wachstum auswirken, da sich der Entschuldungsprozess fortsetzt. Allerdings ist ein Bankensystem mit mehr Eigenkapital auf längere Sicht vorteilhaft.'
DETAILS
Im Detail brauchen nun Banken aus Griechenland 30 Milliarden Euro sowie Institute aus Spanien 26 Milliarden Euro, italienische Banken benötigen knapp 15 Milliarden Euro und der Finanzsektor in Frankreich hat einen Bedarf von rund 9 Milliarden. Deutsche Banken benötigen frisches Kernkapital in Höhe von rund 5 Milliarden Euro.
Der Staat allerdings muss wohl zumindest bei den französischen und deutschen Banken nicht eingreifen. So sagte der französische Finanzminister Francois Baroin dem Radiosender RTL Radio, dass die französischen Banken wahrscheinlich kein Staatsgeld für die vom EU-Gipfel beschlossenen strengeren Kapitalvorschriften brauchen.
COMMERZBANK BENÖTIGT KEIN STAATSGELD
Auch die teilverstaatlichte Commerzbank benötigt keine weiteren Staatshilfen. Die am Mittwochabend geforderte harte Kernkapitalquote von neun Prozent bei gleichzeitiger marktgerechter Bewertung der Staatsanleihen könne die Bank unter anderem durch den Verkauf von Finanz-Anlagen im Nicht-Kernbereich oder von nichtstrategischen Geschäftsfeldern sicherstellen, teilte das Institut mit. Nach Veröffentlichung dieser Meldung zogen die Aktien der Commerzbank noch weiter an.
'Die Auswirkungen der Einigung sind für die europäischen Banken überschaubar', fuhr Merck-Finck-Analyst Becker fort. Sowohl der Schuldenschnitt von 50 Prozent als auch die geforderte Kapitalisierung von gut 106 Milliarden Euro seien geringer als befürchtet ausgefallen. Nun hätten die Institute acht Monate Zeit, um aus eigener Kraft das nötige Kapital zu beschaffen. Derzeit gehe der Markt nicht davon aus, dass die Deutsche Bank und die Commerzbank dafür eine Kapitalerhöhung benötigten.
AUCH SKEPTISCHE STIMMEN
Allerdings gibt es auch skeptische Analystenstimmen. 'Die Krise ist nicht vorbei', schrieb der Experte Christian Kahler von der DZ Bank. Die Details der wichtigsten beschlossenen Maßnahmen seien noch nicht endgültig ausgearbeitet. Dies betreffe insbesondere die Fragen hinsichtlich der exakten Gestaltung des 50-prozentigen, 'freiwilligen' Schuldenschnitts für griechische Staatsanleihen. Auch sei nicht klar, wie die Ausgestaltung des Core-Tier-1-Ratio der Banken von neun Prozent funktionieren wird, ohne eine deutliche Bilanzverkürzung der Banken mit möglichem Druck auf die Kreditmärkte zu riskieren.
Die Experten von Goldman Sachs meinten, dass eine Banken-Kapitalisierung allein nicht effektiv sein könne. Die Stabilität werde erst dann wieder in den Bankensektor zurückkehren, wenn die 'risikofreien Anlagen' der Institute, also die Staatsanleihen, tatsächlich wieder als sicher angesehen würden./la/he