(Neu: Schlusskurse)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Besonders Bankentitel sind am Freitag nach sehr positiv aufgenommenen Entscheidungen auf dem EU-Gipfel kräftig angesprungen. Die Aktien der Deutschen Bank rückten zum Handelsschluss als einer der besten Dax-Werte um fast 6 Prozent auf 28,500 Euro vor, Commerzbank gewannen sogar 6,20 Prozent auf 1,336 Euro. Der Dax kletterte um 4,33 Prozent nach oben. Auch europaweit war die Stimmung im Finanzsektor sehr gut: Der Branchenindex Stoxx 600 Banks gewann knapp 4 Prozent. Die größten Gewinner waren im EuroStoxx 50 die Aktien der italienischen Unicredit und Intesa SanPaolo mit einem Plus von 14,26 respektive 11,58 Prozent.
Händler verwiesen vor allem auf die Entscheidung, dass Banken direkt aus dem Euro-Rettungsschirm ESM refinanziert werden könnten. Zudem könnte der dauerhafte Euro-Krisenfonds bei dem geplanten spanischen Rettungspaket auf seinen Status als bevorzugter Gläubiger verzichten. Am Vortag war der Sektor noch im Zuge schwindender Hoffnung auf den EU-Gipfel und der Vorwürfe an britische Banken wegen der versuchten Beeinflussung des Liborsatzes kräftig unter Druck geraten. Der Stoxx 600 Banks war am Donnerstag mit minus 2,36 Prozent der schwächste in der Sektorübersicht gewesen.
BANKEN PROFITIEREN VON 'EUROLÄNDISCHER AUFBAUSPRITZE'
'Den Banken wurde die typische euroländische Aufbauspritze gegeben', sagte Marktstratege Robert Halver von der Baader Bank. Diese wird aber aus seiner Sicht leider nur kurzfristig wirken, da das Grundproblem bisher nicht angegangen worden sei. Denn die Rettungsschirme dürften für eine solche Art der Lösung nicht ausreichen und die Finanzindustrie wird sie in den kommenden Wochen hierauf testen, wie Halver befürchtet. Es sei nur ein 'Pyrrhussieg' errungen worden. Die einzige Lösungsmöglichkeit ist für ihn die Sanierung der Banken durch die Europäische Zentralbank (EZB), die mit ihrem unbegrenzten Portemonnaie immun gegen prüfende Attacken wäre. Somit werde die Euro-Krise nur kurz weggewischt, sie dürfte aber schnell wieder in den Mittelpunkt rücken. Halver sagte: 'Eine Beruhigungspille macht den Patienten noch nicht gesund.'
Analyst Christoph Rieger von der Commerzbank schrieb: 'Die EU-Staats- und Regierungschefs haben, nachdem sich eine gemeinsame Haftung in der näheren Zukunft als nicht machbar erwies, unmittelbare Maßnahmen für Italien und Spanien beschlossen. Dies kommt einer Einführung von Eurobonds durch die Hintertür gleich.' Die Maßnahmen zur Bankenunion, zu Spanien und zum Wachstum seien insgesamt erwartet worden. Das überraschende Element sei nun die Nutzung des EFSF/ESM, um spanische und italienische Renditen in Schach zu halten. Details fehlten aber noch.
Die Experten der Bernecker-Börsenbriefe gehen davon aus, dass es den klassischen Eurobond nicht geben wird. Es würden nun aber vielfältige Umgehungen erkennbar. Italien und Spanien und anschließend Frankreich dürften sich dann über diese Instrumente mit neuen Schulden bedienen. Die angekündigten Strukturmaßnahmen dürften dabei nach Ansicht der Autoren auf der Strecke bleiben. Dabei könnte die EZB in gewisser Weise die Rolle der nationalen Notenbanken übernehmen und Staatsanleihen kaufen, wenn dies nötig erscheint. Kurzfristig sei aber die Liquidität des Eurosystems damit ermöglicht oder gewährleistet. 'Das Gipfelergebnis ist ein Punktsieg für Italien und Spanien', heißt es in der täglichen Ausgabe des Börsenbriefes. Die deutsche Globalhaftung bleibe vorerst aus und als Ergebnis für den Markt gebe es erst einmal mehr Geld.
REAKTION AUF LIBOR ETWAS ÜBERTRIEBEN
Die etwas übertrieben negative Vortages-Reaktion auf den Libor-Skandal sei ebenfalls ein Grund für die positive Entwicklung der Bankenwerte, meint Aktienhändler Markus Huber von ETX Capital. Die EU-Maßnahmen lösten zwar nicht unbedingt längerfristige strukturelle Probleme. Aber sie machten spanische Banken und auch Spanien selbst für Investoren viel interessanter und weniger risikoreich. Das spiegele sich bereits in einem kräftigen Rückgang der spanischen Bondrenditen wider. Direkte Rettungsgelder für Banken hätten zum Vorteil, dass die offizielle Verschuldung in diesem Fall von Spanien nicht weiter ansteigt, was sich wiederum zusätzlich positiv auf die Anleiherenditen auswirke. Es sei schließlich im Interesse der Banken, dass die hochverschuldeten Länder sich möglichst schnell erholen und die Risiken von Zahlungsausfällen sinken.
Barclays-Aktien , die am Vortag wegen der LIBOR-Probleme um 15,53 Prozent eingebrochen waren, erholten sich nach anfänglichen Anschlussverkäufen. Am Ende des Börsentages standen sie aber wieder mit 1,66 Prozent im Minus. Analyst Raul Sinha von JPMorgan sieht wegen der schwer kalkulierbaren Risiken durch weitere Untersuchungen von Regulierern und Gerichtsentscheidungen längerfristigen Druck auf die Aktien zukommen. Die Einigung mit der britischen Finanzaufsicht FSA und den US-Behörden sei aber ein Schritt in die richtige Richtung. Die Anteile an der Credit Suisse verteuerten sich in Zürich um 4,10 Prozent. Die Schweizer Großbank geht davon aus, im zweiten Quartal erneut die Gewinnzone zu erreichen. Schon das erste Quartal war dank eines erstarkten Investmentbankings positiv ausgefallen./fat/ajx/ck
FRANKFURT (dpa-AFX) - Besonders Bankentitel sind am Freitag nach sehr positiv aufgenommenen Entscheidungen auf dem EU-Gipfel kräftig angesprungen. Die Aktien der Deutschen Bank
Händler verwiesen vor allem auf die Entscheidung, dass Banken direkt aus dem Euro-Rettungsschirm ESM refinanziert werden könnten. Zudem könnte der dauerhafte Euro-Krisenfonds bei dem geplanten spanischen Rettungspaket auf seinen Status als bevorzugter Gläubiger verzichten. Am Vortag war der Sektor noch im Zuge schwindender Hoffnung auf den EU-Gipfel und der Vorwürfe an britische Banken wegen der versuchten Beeinflussung des Liborsatzes kräftig unter Druck geraten. Der Stoxx 600 Banks war am Donnerstag mit minus 2,36 Prozent der schwächste in der Sektorübersicht gewesen.
BANKEN PROFITIEREN VON 'EUROLÄNDISCHER AUFBAUSPRITZE'
'Den Banken wurde die typische euroländische Aufbauspritze gegeben', sagte Marktstratege Robert Halver von der Baader Bank. Diese wird aber aus seiner Sicht leider nur kurzfristig wirken, da das Grundproblem bisher nicht angegangen worden sei. Denn die Rettungsschirme dürften für eine solche Art der Lösung nicht ausreichen und die Finanzindustrie wird sie in den kommenden Wochen hierauf testen, wie Halver befürchtet. Es sei nur ein 'Pyrrhussieg' errungen worden. Die einzige Lösungsmöglichkeit ist für ihn die Sanierung der Banken durch die Europäische Zentralbank (EZB), die mit ihrem unbegrenzten Portemonnaie immun gegen prüfende Attacken wäre. Somit werde die Euro-Krise nur kurz weggewischt, sie dürfte aber schnell wieder in den Mittelpunkt rücken. Halver sagte: 'Eine Beruhigungspille macht den Patienten noch nicht gesund.'
Analyst Christoph Rieger von der Commerzbank schrieb: 'Die EU-Staats- und Regierungschefs haben, nachdem sich eine gemeinsame Haftung in der näheren Zukunft als nicht machbar erwies, unmittelbare Maßnahmen für Italien und Spanien beschlossen. Dies kommt einer Einführung von Eurobonds durch die Hintertür gleich.' Die Maßnahmen zur Bankenunion, zu Spanien und zum Wachstum seien insgesamt erwartet worden. Das überraschende Element sei nun die Nutzung des EFSF/ESM, um spanische und italienische Renditen in Schach zu halten. Details fehlten aber noch.
Die Experten der Bernecker-Börsenbriefe gehen davon aus, dass es den klassischen Eurobond nicht geben wird. Es würden nun aber vielfältige Umgehungen erkennbar. Italien und Spanien und anschließend Frankreich dürften sich dann über diese Instrumente mit neuen Schulden bedienen. Die angekündigten Strukturmaßnahmen dürften dabei nach Ansicht der Autoren auf der Strecke bleiben. Dabei könnte die EZB in gewisser Weise die Rolle der nationalen Notenbanken übernehmen und Staatsanleihen kaufen, wenn dies nötig erscheint. Kurzfristig sei aber die Liquidität des Eurosystems damit ermöglicht oder gewährleistet. 'Das Gipfelergebnis ist ein Punktsieg für Italien und Spanien', heißt es in der täglichen Ausgabe des Börsenbriefes. Die deutsche Globalhaftung bleibe vorerst aus und als Ergebnis für den Markt gebe es erst einmal mehr Geld.
REAKTION AUF LIBOR ETWAS ÜBERTRIEBEN
Die etwas übertrieben negative Vortages-Reaktion auf den Libor-Skandal sei ebenfalls ein Grund für die positive Entwicklung der Bankenwerte, meint Aktienhändler Markus Huber von ETX Capital. Die EU-Maßnahmen lösten zwar nicht unbedingt längerfristige strukturelle Probleme. Aber sie machten spanische Banken und auch Spanien selbst für Investoren viel interessanter und weniger risikoreich. Das spiegele sich bereits in einem kräftigen Rückgang der spanischen Bondrenditen wider. Direkte Rettungsgelder für Banken hätten zum Vorteil, dass die offizielle Verschuldung in diesem Fall von Spanien nicht weiter ansteigt, was sich wiederum zusätzlich positiv auf die Anleiherenditen auswirke. Es sei schließlich im Interesse der Banken, dass die hochverschuldeten Länder sich möglichst schnell erholen und die Risiken von Zahlungsausfällen sinken.
Barclays-Aktien