FRANKFURT (dpa-AFX) - Mit den "Freudensprüngen an den Aktienmärkten" in Europa könnte es laut der Hessischen Landesbank (Helaba) schon bald vorbei sein. Kurzfristig seien dank der Geldschwemme der Europäischen Zentralbank (EZB) zwar weiter überschießende Notierungen möglich, schrieb Analyst Markus Reinwand in einer Studie vom Dienstag. "Nach einer ersten Welle der Euphorie dürften allerdings die insgesamt eher verhaltenen Wachstums- und Gewinnperspektiven dafür sorgen, dass eine gewisse Ernüchterung einsetzt."
Infolge der angekündigten Anleihekäufe durch die europäischen Währungshüter habe sich ein Favoritenwechsel an den Aktienmärkten vollzogen, kommentierte der Experte. Sowohl der deutsche Leitindex Dax (DAX) als auch sein Eurozonen-Pendant EuroStoxx 50 (DJ Euro Stoxx 50) hätten in den vergangenen Wochen deutlich zugelegt. Den seit dem Sommer stetig gewachsenen Bewertungsrückstand zum New Yorker S&P-500-Index (S&P 500), der seit dem vergangenen Sommer zugenommen habe, hätten beide Börsenbarometer damit wieder wettgemacht.
Private wie institutionelle Anleger sind Reinwand zufolge inzwischen so offensiv in Aktien positioniert wie zuletzt 2007 und 2011 und schon wenig später habe der Dax jeweils sein zyklisches Hoch erreicht gehabt. Die etwas aufgehellten konjunkturellen Frühindikatoren bewertet er zudem vorsichtig. In Deutschland seien sowohl der ZEW-Index als auch das Ifo-Geschäftsklima dreimal in Folge gestiegen. Dies habe aber ebenso wenig wie positive Wechselkurseffekte und Kostenentlastungen durch sinkende Rohstoffpreise zu einer Verbesserung der Gewinnerwartungen geführt. "Vielmehr überwiegen bei den Konsensschätzungen noch immer die negativen Revisionen", warnte der Experte.
Im jüngsten Aufwärtstrend an den Aktienmärkten sieht Reinwand daher lediglich steigende Bewertungen. Auf beiden Seiten des Atlantiks bewegten sich die führenden Indizes inzwischen "oberhalb des Bewertungsbandes der vergangenen zehn Jahre", wodurch ein Großteil der durch die EZB-Geldschwemme ausgelösten Börsenfantasie bereits vorweg genommen worden sein dürfte. Nötig für weitere Kursgewinne wäre eine grundsätzliche Neubewertung, die der Helaba-Analyst aber angesichts der zu erwartenden Rückschläge am Rentenmarkt und der Wende der US-Zinspolitik für unwahrscheinlich hält.
Reinwand rechnet vielmehr mit einer Rückkehr zu historischen Bewertungsniveaus, was entsprechende Kursverluste beinhaltet. Seine Prognose für den Dax liegt per Jahresende bei 9800 Punkten und damit mehr als 800 Punkte unter dem derzeitigen Niveau. Ähnliches gilt für die EuroStoxx-Prognose von 3200 Punkten - aktuell steht der Index deutlich über 3300 Punkten.