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APA ots news: Die Kritikpunkte der Kärntner ESM-Verfassungsklage im Detail

Veröffentlicht am 19.10.2012, 12:19
Wien (APA-ots) - 1.)Übernahme der 'Auslegungserklärung'

Aufgrund der vom deutschen Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil

vom 12. September 2012 festgestellten verfassungsrechtlichen Bedenken

wurde von den ESM-Vertragsparteien am 27. September 2012 eine

'Auslegungserklärung' vereinbart, wonach der Vertrag so auszulegen

sei, dass eine über den Anteil am Stammkapital hinausgehende

Zahlungsverpflichtung der Mitgliedstaaten ohne deren Zustimmung

ausgeschlossen ist. Diese 'Auslegungserklärung' wurde ohne Befassung

des Nationalrates einfach im Anschluss an den Vertragstext im

Bundesgesetzblatt kundgemacht.

Da die 'Auslegungserklärung' den Zweck verfolgt, den Vertrag zu

modifizieren, handelt es sich um eine Art Zusatzvereinbarung zum

ESMV, die genauso wie der Vertrag selbst einer Genehmigung durch den

Nationalrat bedurft hätte.

2.) Irrtum des Bundespräsidenten beim Vertragsabschluss

Aus der offiziellen Pressemitteilung der Präsidentschaftskanzlei

anlässlich der Ratifizierung des ESMV vom 17. Juli 2012 geht hervor,

dass Bundespräsident Dr. Heinz Fischer offensichtlich davon ausging,

den Vertrag - so wie Bundesgesetze - nur auf eine allfällige

Verfassungswidrigkeit prüfen zu dürfen und andernfalls zur

Ratifizierung verpflichtet zu sein. Damit verkennt der

Bundespräsident jedoch, dass er Staatsverträge nicht wie

Bundesgesetze (quasi als 'Staatsnotar') lediglich zu beurkunden hat,

sondern dass er es ist, der nach der Bundesverfassung dazu berufen

ist, Staatsverträge abzuschließen, und dem Parlament diesbezüglich

nur ein Genehmigungsrecht zukommt.

Nachdem sich der Bundespräsident über seine Rolle beim Abschluss von

Staatsverträgen offensichtlich nicht im Klaren war, fehlte ihm der

diesbezügliche Normsetzungswillen, wodurch der Ratifikationsakt mit

Rechtswidrigkeit belastet ist.

3.) Widerspruch zur 'No-Bailout-Klausel'

Nach dieser in den EU-Verträgen (Art. 125 AEUV - Vertrag über die

Arbeitsweise der Europäischen Union) verankerten Bestimmung, haftet

ein Mitgliedstaat nicht für die Verbindlichkeiten anderer

Mitgliedstaaten. Nachdem der ESM-Vertrag diesem Grundsatz

widerspricht, wurde gleichzeitig mit dem ESM-Vertrag auch eine

Änderung des Art. 136 AEUV beschlossen, die eine entsprechende

Ausnahme ermöglichen sollte. Während der ESM-Vertrag mittlerweile

völkerrechtlich in Kraft getreten ist, wird Art. 136 AEUV erst nach

Zustimmung der Mitgliedstaaten (vermutlich Anfang 2013) in Kraft

treten und erst in der Folge im Bundesgesetzblatt kund-gemacht

werden.

Da Art. 136 AEUV im Zeitpunkt der parlamentarischen Genehmigung des

ESMV noch nicht in Kraft war, konnte er den Widerspruch des ESMV zur

'No-Bailout-Klausel' nicht rechtfertigen. Korrekterweise wäre im ESMV

daher eine Ergänzung des Unionsrechts zu sehen gewesen, weshalb er

nicht wie ein normaler Staatsvertrag gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG

sondern nach den Bestimmungen des Art. 50 Abs. 4 B-VG (erhöhte

Quoren) im Nationalrat zu behandeln gewesen wäre.

4.) Bedenken im Hinblick auf die fachlichen Grundlagen

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes steigt das Maß

der gebotenen Sorgfalt bei der Erhebung und Aufbereitung der

Entscheidungsgrundlagen mit dem Gewicht der Entscheidung. Im Hinblick

auf die ESM-Kapitalzeichnung der Republik Österreich in Höhe von 19,5

Mrd. Euro (was ca. 10 % der gegenwärtigen Staatsverschuldung

entspricht) wären daher umfangreiche volkswirtschaftliche Expertisen

und Untersuchungen, insbesondere über Alter-nativen notwendig

gewesen.

Da eine entsprechende volkswirtschaftliche Grundlagenerhebung nicht

stattgefunden hat, steht die Beschlussfassung über den ESMV im

Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben.

5.) Unsachlichkeit der Vertragsregelung (Verletzung des

Gleichheitssatzes)

Der ESMV bezweckt, 'eine Stabilitätshilfe bereitzustellen, wenn dies

zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebietes insgesamt

und seiner Mitgliedstaaten unabdingbar ist.' Dies ist jedoch nicht in

Form einer Versicherung auf Gegenseitigkeit konstruiert, sondern

vielmehr handelt es sich um einen permanenten Mechanismus, der

maroden Staaten, die ihren unionsrechtlichen Verpflichtungen zur

Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite nicht nachkommen,

systematisch unter die Arme greift.

Diese Privilegierung eines rechtswidrig handelnden Staatenkreises

erscheint unsachlich und im Widerspruch zum Gleichheitssatz.

Während Österreich als 'Hochsteuerland' eine Abgabenquote von rund 42

% aufweist, ist diese in anderen ESM-Staaten, die dringende

Kandidaten für ESM-Hilfen sind, deutlich niedriger: Griechenland:

31,6 %, Irland: 28,9 %, Portugal: 33,2 %, Spanien: 31,1 %.

Die Finanzierung der Stabilitätshilfe für ESM-Mitglieder, die über

eine deutlich niedrigere Abgabenquote bzw. geringere Steuermoral

verfügen, durch nationale Abgabenerträge erscheint unsachlich und

gleichheitswidrig.

Da auch andere EU-Mitglieder (wie z.B. Großbritannien) und sonstige

europäische Staaten (wie z.B. die Schweiz) von 'Rettungspaketen' zur

Hintanhaltung volkswirtschaftlicher Verwerfungen profitieren, besteht

hinsichtlich der Belasteten- und Begünstigtenkreise eine gewisse

Divergenz.

Die Beschränkung des Kreises der Vertragsparteien des ESMV erscheint

daher grob unsachlich.

6.) Widerspruch zur Verfassungsvorgabe eines nachhaltig geordneten

Haushaltes

Aufgrund des Verlustes des AAA-Ratings bei Standard & Poor's hat der

österreichische Bundesgesetzgeber zu Beginn dieses Jahres ein

weitreichendes 'Konsolidierungspaket 2012 - 2016' mit Einsparungen in

Höhe von 26 Mrd. Euro beschlossen, um langfristig einen

ausgeglichenen Haushalt erreichen zu können.

Durch die nunmehrige Haftungsverpflichtung iHv. 19,5 Mrd. Euro wird

angesichts der bereits erforderlich gewordenen budgetären

Gegensteuermaßnahmen die Verfassungsvorgabe eines nachhaltig

geordneten Haushaltes verletzt.

7.) Übertragung von Hoheitsrechten

Durch den ESMV werden zahlreiche Hoheitsrechte an internationale

Organe übertragen, was umso mehr ins Gewicht fällt, als der ESMV kein

Austritts- oder Kündigungsrecht vorsieht und die an die ESM-Organe

erteilten Ermächtigungen nicht ausreichend inhaltlich determiniert

sind.

Dadurch wird das verfassungsrechtlich zulässige Maß der Übertragung

'einzelner' Hoheits-rechte überschritten.

8.) Dispositionsbefugnisse der ESM-Organe

Dem Gouverneursrat kommt die Befugnis zu, unter besonderen Umständen

anstelle der Ausgabe der Anteile am Stammkapital zum Nennwert, diese

zum Ausgabekurs auszugeben, wodurch sich die vertraglichen Pflichten

verändern würden. Weiters kann der Gouverneursrat die vorgesehene

Liste der Finanzhilfeinstrumente überprüfen und beschließen, diese zu

ändern, ohne dass diesbezüglich nähere Vorgaben bestehen würden. Der

Geschäftsführende Direktor kann genehmigtes nicht eingezahltes

Kapital jederzeit abrufen, wobei die ESM-Mitglieder 'unwiderruflich

und uneingeschränkt' verpflichtet sind, dieses innerhalb von sieben

Tagen einzuzahlen.

Durch die weitreichenden Dispositionsbefugnisse der ESM-Organe können

vertragliche Verpflichtungen modifiziert werden, ohne dass eine

effektive Mitwirkung der innerstaatlich zur Entscheidung berufenen

Organe, insbesondere des Nationalrates, möglich wäre.

9.) Immunität und Verschwiegenheitspflicht des Gouverneursrates

Durch den ESMV genießt das österreichische Mitglied des

Gouverneursrates (Finanzminister) gerichtliche Immunität hinsichtlich

seiner Handlungen im Gouverneursrat und unterliegt einer speziellen

Schweigepflicht.

Dies steht im Widerspruch zum Verfassungsgrundsatz der rechtlichen

Verantwortlichkeit eines Mitglieds der Bundesregierung gemäß Art. 76

Abs. 1 B-VG und den eigens geschaffenen Informations- und

Mitwirkungsrechten des Nationalrates.

Rückfragehinweis:

Freiheitlicher Parlamentsklub

Tel.: 01/ 40 110 - 7012

mailto:presse-parlamentsklub@fpoe.at



http://www.fpoe-parlamentsklub.at

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OTS0143 2012-10-19/12:13

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