- von Francesco Canepa
Frankfurt (Reuters) - Der Konflikt zwischen der EZB und Arbeitnehmervertretern um die Besetzung der Stelle des Top-Beraters von Präsident Mario Draghi spitzt sich zu.
Die Mitarbeitervertreter sind wegen des Vorgehens bei der Besetzung vor das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg gezogen. Sie werfen der Notenbank bei der Jobvergabe Günstlingswirtschaft vor. Die Ernennung habe unter anderem gegen Prinzipien der Transparenz, des gleichen Zugangs und der Nichtdiskriminierung verstoßen, hieß es in der Eingabe, die die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte. Bei der Ernennung von Roland Straub auf die Position seien bankeigene Vorgaben für Besetzungen verletzt worden.
Die EZB wies die Vorwürfe zurück. Die Notenbank sei nicht über irgendeine Klage benachrichtigt worden, sagte ein Sprecher. "Wir würden die Gelegenheit begrüßen, zu bestätigen, dass diese Ernennung in voller Übereinstimmung mit den EZB-Regeln erfolgte", fügte er hinzu. Straub war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Nach Auffassung von Personalratschef Carlos Bowles hat das EZB-Direktorium die eigenen Regeln gebrochen, indem der Job nicht ausgeschrieben worden sei. Anderen sei damit die Chance genommen worden, sich zu bewerben. Eine interne Beschwerde der Arbeitnehmervertreter gegen das Besetzungsverfahren war zuvor erfolglos geblieben. Die EZB-Regeln gestatten zwar, dass bestimmte Positionen, wie die des Beraters eines Direktoriumsmitglieds, direkt ernannt werden statt über ein offenes Besetzungsverfahren. Für die Rolle des Koordinators des Beraterstabs des Direktoriums gelte dies aber nicht, argumentiert Bowles.
Bei dem Konflikt geht es allein um das Ernennungsverfahren. Die Qualifikation von Straub für die Position steht nicht in Frage. Der promovierte Volkswirt war zuvor Berater von EZB-Direktor Benoit Coeure gewesen und hatte eine Reihe von Positionen bei der Euro-Notenbank durchlaufen. Die Ernennung des Deutschen zum Berater des Präsidenten und Koordinator des Beraterstabs des Direktoriums hatte die EZB im Februar angekündigt.
Die Notenbank hatte vor einigen Monaten nach Beschwerden von Mitarbeitern über undurchsichtige Beförderungen die Leitung ihres Brüsseler Büros neu vergeben. Eine Mitarbeiterumfrage hatte 2015 ergeben, dass 65 Prozent der EZB-Beschäftigten Beziehungen als wichtigsten Faktor für eine Karriere in der Zentralbank betrachten.