Investing.com – Der Chef der Bank von England (BoE) Mark Carney hat wiederholt, dass die britische Zentralbank keine Empfehlung für das Referendum am 23. Juni abgeben werde, auf dem über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union (EU) oder dem Austritt (weithin als Brexit bekannt) abgestimmt wird. Er werde allerdings sicherstellen, dass kurzfristige Folgen des Ausstiegs die Finanzstabilität nicht gefährdeten.
In seiner Stellungsnahme vor dem britischen Haushaltsausschuss zum Thema der wirtschaftlichen und finanziellen Kosten und Vorteile der Mitgliedschaft in der EU, bestand Carney am Dienstag darauf, dass seine Bank keine Position zum Brexit einnehmen oder eine Empfehlung zur Abstimmung aussprechen werde.
Der Chef der BoE merkte jedoch an, dass der Deal mit der EU die Stabilität der Bankenunion verbessern könnte, was definitiv auch der Finanzstabilität in Großbritannien zugute käme.
Ähnlich äußerte sich der Vizevorsitzende der Bank Jon Cunliffe, der sagte, dass das neu verhandelte Abkommen mit der EU bedeutsam sei und dass die Parteien akzeptiert hätten, die Länder außerhalb der Eurozone von denen innerhalb des Währungsraums getrennt zu behandeln.
“Die Nicht-Euroländer werden weiterhin ihre Banken selbst kontrollieren,” bestätigte er.
Die BoE unternimmt Schritte um die Banken rund um das Abstimmungsdatum zu unterstützen.
Carney wiederholte auf der Sitzung am Dienstag, dass die Zentralbank die Möglichkeit eines Brexits nicht in ihren Vorhersagen berücksichtigt hat.
“Wir haben keine Analysis dafür vorbereitet und wir haben auch nicht die Absicht das in Zukunft zu tun," sagte er.
Jedoch gab Carney zu, dass die BoE daran arbeite, die wirtschaftlichen Folgen im Hinblick auf die Stabilität der Finanzmärkte abzumildern.
In der Tat hat die BoE am Montag verkündet, dass sie drei zusätzliche Indexed Long-Term Repos (ILTR) für die Wochen rund um das Referendum bereitstellt.
Mit den ILTRs wird bezweckt, die Liquidität von Banken, Bausparkassen und Brokern sicherzustellen.
Die drei zusätzlichen Repos werden am 21. Juni, am 24. Juni und am 28. Juni aufgelegt werden. Zur Erinnerung, das Referendum findet am 23. Juni statt.
Der IWF plant die Auswirkungen eines Brexits auf Großbritannien und die EU zu analysieren.
Die Präsidentin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagarde hatte zuvor am Dienstag verkündet, dass ihre Organisation einen Bericht zu den negativen Auswirkungen auf Großbritannien und die EU vorbereite, sollte sich das Königreich entscheiden seine Mitgliedschaft aufzugeben.
“Ich glaube unsere ökonomischen Erkenntnisse werden der Ansicht, dass ein Ausstieg Großbritannien und die EU schwer treffen werde, neue Argumente liefern," sagte Lagarde auf BBC News.
Viele Analysten und Experten haben schon Prognosen für die Auswirkungen auf die britische Wirtschaft und das Pfund abgegeben, sollte sich Großbritannien entscheiden die EU zu verlassen.
Oxford Economics hat am Dienstag einen Report veröffentlicht, der nahelegte, dass die britische Wirtschaft eine Wachstumseinbuße von einem Prozent erleiden würde, wobei eine solche Entscheidung auch die Aktienkurse sinken ließe.
“Ein Szenario, dass auf dem Oxford Global Model basierte, lässt vermuten, dass ein Brexit das britische BIP im zweiten Quartal 2018 um 1,3% niedriger ausfallen ließe, verglichen mit dem Fall, dass Großbritannien in der EU bleibe", meinten die Experten.
“Die Preise am Markt legen einen anfänglichen Wertverlust des Pfunds von ungefähr 15% nahe, bevor dieses seine Verluste teils wieder wettmachen kann, während die erhöhte Unsicherheit auch zu einem steilen Fall der Aktienkurse im zweiten Halbjahr 2016 führen wird," fügten sie hinzu.
Während Carney mit seiner Stellungsnahme vor dem Haushaltsausschuss fortfährt, hat sich das Pfund weitgehend unverändert im Vergleich zum Beginn der Stellungsnahme gehalten, während es allgemein Schwäche zeigte. Um 11:33 MEZ war der GBP/USD Kurs um 0,13% auf 1,4244 abgerutscht, der EUR/GBP Kurs hat um 0,25% auf 0,7740 zugelegt, während der GBP/JPY Kurs um 0,72% auf 160,63 gesunken ist.